TITUS
Ulrich von Eschenbach, Alexander
Part No. 109
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Chapter: 130  
Die verstümmelten Gefangenen


Verse: 15475        er sîn volc alsô gerach
Verse: 15476    
und Persepolis zerbrach,

Verse: 15477    
er von dannen kêrte,
Verse: 15478    
sîn volc daʒ versêrte

Verse: 15479    
hieʒ der fürste vür sich komen
Verse: 15480    
ûf ein owe, hân ich vernomen.

Verse: 15481    
er sprach zuo in 'ich muoʒ des jehen,
Verse: 15482    
daʒ ist an iu durch triwe geschehen,

Verse: 15483    
die ir gegen mir habt getragen.
Verse: 15484    
umb diz leit sint erslagen

Verse: 15485    
zehen tûsent oder .
Verse: 15486    
noch tuot mir iuwer kummer .

Verse: 15487    
mir ist iuwer swære leit,
Verse: 15488    
daʒ wiʒʒent, und mîn laster breit.'

Verse: 15489    
in erbarmt daʒ volc sêre,
Verse: 15490    
daʒ im der zeher rêre

Verse: 15491    
von den ougen machte naʒ.
Verse: 15492    
der werde wîse hæte baʒ

Verse: 15493    
und senfter vertragen
Verse: 15494    
ob sie gar wærn erslagen.

Verse: 15495       
er sprach kiesent alle
Verse: 15496    
under zwein welchʒ iu gevalle.

Verse: 15497    
wolt ir ze lande kêren,
Verse: 15498    
ich beste kan, êren

Verse: 15499    
wil ich iu bereiten,
Verse: 15500    
an iu mîn rîcheit breiten:

Verse: 15501    
ouch bedenkent iuch ob ir
Verse: 15502    
belîben wellet hie mit mir:

Verse: 15503    
ich sol iuch in solicher wirde hân,
Verse: 15504    
als ob ir wært gesunde man.

Verse: 15505    
iur deheiner des jehe
Verse: 15506    
daʒ ich in mir ungerne sehe.'

Verse: 15507    
sprach die jâmers rîche schar
Verse: 15508    
sie wolde nemen râtes war.

Verse: 15509    
was der vil under in,
Verse: 15510    
den ze hûse stunt der sin

Verse: 15511    
ze kinden und ze wîben,
Verse: 15512    
etslîche wolden blîben.

Verse: 15513       
ein ritter hieʒ Euticiôn,
Verse: 15514    
an dem man wîsheit was gewon.

Verse: 15515    
'dô man uns gesunde sach,
Verse: 15516    
unser keiner des verjach

Verse: 15517    
nie ze den zîten
Verse: 15518    
daʒ er heim wolt rîten.

Verse: 15519    
wir halt gevangen lâgen,
Verse: 15520    
kund uns des betrâgen

Verse: 15521    
daʒ wir ze dem künge heten gesant
Verse: 15522    
und umb helfe heten gemant.

Verse: 15523    
des lîde wir disen ungemach.
Verse: 15524    
heim wær unser leben swach.

Verse: 15525    
sagt an mit welihen siten
Verse: 15526    
wolt ir heim lâʒens biten,

Verse: 15527    
ir gesunt niht woldet varn ?
Verse: 15528    
ir mugt ouch den wec wol sparn,

Verse: 15529    
ir gesundes sît verliert
Verse: 15530    
und schemlîche verschert.

Verse: 15531    
ei, wie willekom ich bin
Verse: 15532    
den allerbesten friunden mîn,

Verse: 15533    
wan sie mich bestümelt sehen!
Verse: 15534    
mir alsô reht geschehen

Verse: 15535    
und gar reht gelungen.
Verse: 15536    
er hât von hern gesungen,

Verse: 15537    
ich solt heim sîn blîben,
Verse: 15538    
welich nôt mich hæt zuo getriben,

Verse: 15539    
daʒ ich von lande kêrte
Verse: 15540    
und mich selber riuwe lêrte.

Verse: 15541    
hab ich mir erworben iht,
Verse: 15542    
von mîner tumpheit geschiht

Verse: 15543    
daʒ ich daʒ al vaste habe.
Verse: 15544    
sie enruochten ob ich ze grabe

Verse: 15545    
von der werlde wære komen,
Verse: 15546    
daʒ sie mîn rûm heten genomen.

Verse: 15547    
seht! daʒ wirt der friunde clage
Verse: 15548    
umb uns. hœrt waʒ ich iu sage!

Verse: 15549    
wann der man unsælic wirt,
Verse: 15550    
der friunde gunst in gar verbirt.

Verse: 15551    
als ichʒ in mîner ahte hân,
Verse: 15552    
ist der unsælic man

Verse: 15553    
ninder ungenæme
Verse: 15554    
noch widerzæme,

Verse: 15555    
so den næhsten friunden sîn.
Verse: 15556    
daʒ ist ouch ê worden schîn.

Verse: 15557    
wann der man von glücke komet,
Verse: 15558    
niht im baʒ ze trôste fromet,

Verse: 15559    
wann daʒ er sîn heimôt fliehe
Verse: 15560    
und an die fremde ziehe,

Verse: 15561    
er wese unerkant.
Verse: 15562    
wirt er selten ermant

Verse: 15563    
maneger hande smâheit,
Verse: 15564    
die er wurde an geleit,

Verse: 15565    
ob er heime wære.
Verse: 15566    
ouch mac er sîner swære

Verse: 15567    
an fremder stat vergeʒʒen baʒ.
Verse: 15568    
ir sult rehte merken daʒ:

Verse: 15569    
er ist niht ein wîse man,
Verse: 15570    
der sich ze vil wil verlân

Verse: 15571    
an helfe der friunde sîn:
Verse: 15572    
der muoʒ smæhlîchen pîn

Verse: 15573    
von sînen friunden lîden.
Verse: 15574    
den wil ich zwâre mîden.

Verse: 15575    
die friunt gerâten ungelîch,
Verse: 15576    
ir râten daʒ ist mislich.

Verse: 15577    
sumelich sint triuwen veste,
Verse: 15578    
an etslîchem sint sie geste:

Verse: 15579    
wann dem friunde iht geschiht,
Verse: 15580    
lützel man sie weinen siht,

Verse: 15581    
mit ir helfe ist gelegen.
Verse: 15582    
sust kunnen sie triuwen sich bewegen,

Verse: 15583    
sust unfriunde liebe swindet.
Verse: 15584    
rehten friunt man selten vindet.

Verse: 15585    
welch friunt den friunt smæhen kan,
Verse: 15586    
den wil ich niht ze friunde hân.

Verse: 15587    
die selben hœrt man friuntschaft jehen,
Verse: 15588    
sie rîcheit sich versehen,

Verse: 15589    
muoʒ der getriuwe man
Verse: 15590    
beiden sîten triuwe hân.

Verse: 15591    
blîbe wir den fremden hie!
Verse: 15592    
ich sage war umbe oder wie.

Verse: 15593    
wir müeʒen uns friuntschaft flîʒen.
Verse: 15594    
unser keiner mac verwîʒen

Verse: 15595    
dem andern niht umb ein hâr:
Verse: 15596    
wir sîn gelîch gelücket gar.

Verse: 15597    
wie frœlich unser wîp
Verse: 15598    
sehen, wir bestümelten lîp

Verse: 15599    
heim ze den schœnen brengen!
Verse: 15600    
unser leit begunde sich lengen.

Verse: 15601    
sît wir mit gesunden lîben
Verse: 15602    
in niht wolden blîben,

Verse: 15603    
wir wesen in als ein ei,
Verse: 15604    
sît uns die lider sint enzwei

Verse: 15605    
und sie uns luogen in den kopf
Verse: 15606    
als in ein zerbrochen topf.

Verse: 15607    
wænet ir daʒ sie uns bereit
Verse: 15608    
lieplîcher gesellicheit

Verse: 15609    
wellent mit halbem lîbe sîn,
Verse: 15610    
und wir ê niht in

Verse: 15611    
wolden gesunde wesen?
Verse: 15612    
ich râte daʒ wir hie genesen,

Verse: 15613    
so wir aller beste mugen.
Verse: 15614    
heime wir vil cleine tugen.

Verse: 15615    
wem ein wîp gerætet wol,
Verse: 15616    
billich sich der fröuwen sol.

Verse: 15617    
sie sint niht gelîche.
Verse: 15618    
man vindet samelîche

Verse: 15619    
die alsô wankel sîn gemuot,
Verse: 15620    
als in dem lenzen daʒ weter tuot

Verse: 15621    
und ouch in des aprîlis schîn,
Verse: 15622    
als unstæte gemuot sie sîn.

Verse: 15623    
kennet ir niht ir geverte?
Verse: 15624    
nie adamant wart herte

Verse: 15625    
als ein unsenft gemuoteʒ wîp:
Verse: 15626    
die erbarmet niht irs friundes lîp.

Verse: 15627    
ich bin iuch alle daʒ ir
Verse: 15628    
belîbet und des volget mir.

Verse: 15629    
ich sag iu von:
Verse: 15630    
man ist unser hie gewon.

Verse: 15631    
ob wir ze lande phlihten,
Verse: 15632    
ein niwe gespotte wir rihten.'

Verse: 15633       
den rât und die wort
Verse: 15634    
die arme schar hete gehôrt,

Verse: 15635    
als der ritter verjach,
Verse: 15636    
her Têcius widersprach.

Verse: 15637    
man sach den gesêrten wîsen man
Verse: 15638    
gegen im als einen meister stân,

Verse: 15639    
der von kunst allegieren wil.
Verse: 15640    
Têcius het sinne vil.

Verse: 15641    
er stunt ûf und sprach alsô
Verse: 15642    
'hêrre, her Euticiô,

Verse: 15643    
iuwer rede ist niht wâr,
Verse: 15644    
des ich iuch bescheide gar.

Verse: 15645    
ich hort iuch uns hie künden,
Verse: 15646    
guot friunt gegen sînen friunden

Verse: 15647    
durch ungelücke verzage
Verse: 15648    
und daʒ mit cleiner clage

Verse: 15649    
der friunde vergeʒʒen :
Verse: 15650    
mir was ie der gedinge ,

Verse: 15651    
daʒ mich durch keine nôt
Verse: 15652    
mîn friunt lâʒe unz an den tôt.

Verse: 15653    
wær daʒ , daʒ die geschiht,
Verse: 15654    
die man an uns allen siht,

Verse: 15655    
uns müeterlich wær angeborn,
Verse: 15656    
solt sie schiere sîn verkorn.

Verse: 15657    
ist uns durch triwe geschehen,
Verse: 15658    
daʒ alle liute müeʒen jehen;

Verse: 15659    
wir nâch prîse rungen,
Verse: 15660    
ist uns misselungen:

Verse: 15661    
daʒ habe wir âne schande
Verse: 15662    
erworben mit tiurem phande,

Verse: 15663    
die wir mit frechen handen
Verse: 15664    
von leben ze tôde sanden.

Verse: 15665    
die mâl wir dar umbe tragen.
Verse: 15666    
die müeʒen friunt mit triuwen clagen.

Verse: 15667    
sît die werlt alsô stêt,
Verse: 15668    
daʒ den liuten ergêt

Verse: 15669    
alsô der gote kraft
Verse: 15670    
gedenket unde hât geschaft,

Verse: 15671    
ist er niht ein wîser man
Verse: 15672    
der ungelückes sich schamen kan,

Verse: 15673    
und ob er nâch der gote gebot
Verse: 15674    
an sînem lîbe lîdet nôt.

Verse: 15675    
wer wider der gote willen gert,
Verse: 15676    
der ist ouch niht ir helfe wert.

Verse: 15677    
wer bœseʒ herze hât,
Verse: 15678    
sôʒ sînen friunden missegât,

Verse: 15679    
daʒ er sich ir dann schamen kan,
Verse: 15680    
der muoʒ daʒ selbe billich hân,

Verse: 15681    
ob in sîn friunt des selben wer.
Verse: 15682    
sus was daʒ ie mîn ger,

Verse: 15683    
daʒ ich mich helflich erbôt
Verse: 15684    
mînem friunde ze sîner nôt:

Verse: 15685    
sîn leit mit flîʒe daʒ clag ich,
Verse: 15686    
des selben des versich ich mich.

Verse: 15687    
wellen uns die gote wern
Verse: 15688    
dann wir selber trôstes gern.

Verse: 15689    
sît uns der künc urloup gît
Verse: 15690    
ze lande, des ist ouch zît

Verse: 15691    
hêrre mîn Euticiô,
Verse: 15692    
iuwer rede lûtet :

Verse: 15693    
sît wir die wîp ê haben verlân,
Verse: 15694    
wir wârn gesunde man,

Verse: 15695    
wir wesen in unmære.
Verse: 15696    
daʒ sint niht wâre mære.

Verse: 15697    
hæten wir mit willen sie verkorn,
Verse: 15698    
solden sie wol stæten zorn

Verse: 15699    
und haʒʒes gegen uns jehen:
Verse: 15700    
ist durch den künec geschehen,

Verse: 15701    
mit dem wir prîs wolden bejagen,
Verse: 15702    
von sie wirde mohten tragen.

Verse: 15703    
nie niht getriuweʒ wart
Verse: 15704    
als rehte wîplich süeʒe art.

Verse: 15705    
friundes leit sie nie vergaʒ.
Verse: 15706    
wer mac mir benemen baʒ

Verse: 15707    
swære und fröuwen mînen lîp
Verse: 15708    
dann ein wunneclîcheʒ wîp?

Verse: 15709    
wîp kunnen swære ringen,
Verse: 15710    
süeʒe fröide bringen;

Verse: 15711    
baʒ dann al der werlde golt
Verse: 15712    
geben sie friunden rîchen solt.

Verse: 15713    
sie bieten uns werdeclîcheʒ leben.
Verse: 15714    
sît uns die wal ist gegeben,

Verse: 15715    
rât ichʒ daʒ irs niht enspart,
Verse: 15716    
ir kieset an die heimvart,

Verse: 15717    
vater, muoter, wîp und kint
Verse: 15718    
und alle iuwer mâge sint,

Verse: 15719    
ouch iuwer gote wesen,
Verse: 15720    
mit den ir dort sult genesen,

Verse: 15721    
die iuch helfe erzeigen,
Verse: 15722    
und ir iuwer eigen

Verse: 15723    
frî und ledic muget hân.
Verse: 15724    
sît ir hie als eigen man

Verse: 15725    
und müest hie arme liute sîn.
Verse: 15726    
ich râte iu, trût gesellen mîn,

Verse: 15727    
daʒ ir iuch selber êret
Verse: 15728    
und ûʒ disem ellende kêret.

Verse: 15729    
ir sult werlich vür haben,
Verse: 15730    
der mensche begraben

Verse: 15731    
heime sînen friunden wirt,
Verse: 15732    
daʒ den keine riuwe birt.'

Verse: 15733       
Têcius sîn rede volsprach,
Verse: 15734    
wênic er der im sach,

Verse: 15735    
die ze lande wolden kêren.
Verse: 15736    
gar vertarp des hêrren lêren.

Verse: 15737    
sie wolden mit Euticionen
Verse: 15738    
in dem ellende wonen,

Verse: 15739    
vür ir angeborneʒ lant
Verse: 15740    
der fremde gewonheit sie dar bant.

Verse: 15741    
trat der künic an irn rât.
Verse: 15742    
als er daʒ vernomen hât,

Verse: 15743    
daʒ sie wolden blîben ,
Verse: 15744    
der edele wîse beschiet in

Verse: 15745    
stete, bürge, wîte lant,
Verse: 15746    
ouch teilte in sîn milde hant

Verse: 15747    
gesteine, silber unde golt.
Verse: 15748    
sie jâhen daʒ er wær in holt.

Verse: 15749    
er macht in armuot tiure.



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This text is part of the TITUS edition of Ulrich von Eschenbach, Alexander.

Copyright TITUS Project, Frankfurt a/M, 12.9.2008. No parts of this document may be republished in any form without prior permission by the copyright holder.