TITUS
Ulrich von Eschenbach, Alexander
Part No. 82
Previous part

Chapter: 115  
Aufbegehren der Griechen


Verse: 10037        die sunne ir schîn verlieʒ
Verse: 10038    
und die naht an stieʒ,

Verse: 10039    
daʒ man den stern Hêsperum sach,
Verse: 10040    
an einem âbent geschach

Verse: 10041    
der mâne wart nâch bluote gevar.
Verse: 10042    
jæmerlîchen schîn er bar.

Verse: 10043    
wol man in an den lüften kôs,
Verse: 10044    
sînen schîn er doch verlôs,

Verse: 10045    
daʒ die naht wart vinster gar.
Verse: 10046    
des nâmen die Kriechen eben war.

Verse: 10047    
sie wolden dar umbe verzagen.
Verse: 10048    
man hôrte sie under einander clagen.

Verse: 10049    
sie jâhen 'uns wil verfüeren
Verse: 10050    
dirre man, des uns rüeren

Verse: 10051    
beginnet kummerlîche nôt.
Verse: 10052    
ditz mac bescheinen swæren tôt,

Verse: 10053    
der an uns ellendiclich geschiht.
Verse: 10054    
ditz zeichen den verbirget niht.

Verse: 10055    
wer gesach ie man tummen leben,
Verse: 10056    
der aleine wolde streben

Verse: 10057    
gegen aller werlt mit cleiner craft?
Verse: 10058    
wir sîn mit unsinne behaft.

Verse: 10059    
Ob wir im volgen wellen,
Verse: 10060    
uns beginnet sîn hôchvart vellen.

Verse: 10061    
daʒ erʒ tumplich wâget,
Verse: 10062    
luft und viur des betrâget.

Verse: 10063    
ist ditz lant verwüestet gar,
Verse: 10064    
er wil nemen strîtes war.

Verse: 10065    
ist under uns allen kein man,
Verse: 10066    
den dunke guot getân?

Verse: 10067    
ist den goten ouch unwert
Verse: 10068    
daʒ er der unmâʒe gert,

Verse: 10069    
daʒ er der werlde rîche
Verse: 10070    
durchvarn wil strîtlîche.

Verse: 10071    
alsô tôrlîcher tât
Verse: 10072    
der wârheit schrift niht volge hât.

Verse: 10073    
kund er niht unfüegen,
Verse: 10074    
in solde wol genüegen

Verse: 10075    
an den landen, die sint sîn eigen.
Verse: 10076    
er wâget uns sam die veigen.

Verse: 10077    
durch daʒ sîn eines lop sich breite
Verse: 10078    
und in die werlt mit schalle leite,

Verse: 10079    
er wænet den himel erstîgen.
Verse: 10080    
sîn gelücke beginnet sîgen.

Verse: 10081    
von sîner hôchverte sachen
Verse: 10082    
sîn kraft beginnet swachen.'

Verse: 10083    
dise rede under in erschal.
Verse: 10084    
dem fürsten sie sich niht verhal,

Verse: 10085    
des herze nie zagheit bevienc.
Verse: 10086    
under sîn paulûne er gienc

Verse: 10087    
man sach in stên vor zorne rôt.
Verse: 10088    
den meistern allen er gebôt

Verse: 10089    
daʒ sie die naht besehen
Verse: 10090    
wes in daʒ zeichen wolde jehen.

Verse: 10091    
sâhen die meister al die naht
Verse: 10092    
mit sinne wol bedâht

Verse: 10093    
in die luft: funden sie lêre
Verse: 10094    
daʒ ir gelücke wüchse sêre.

Verse: 10095    
des morgens Alexander
Verse: 10096    
frâgte den meister Aristander,

Verse: 10097    
ob im iht wære worden kunt.
Verse: 10098    
der werde vor im in zühten stunt.

Verse: 10099    
vor alter was er grîse.
Verse: 10100    
mit sinnen sprach der wîse

Verse: 10101    
'ob allen goten ist ein got.
Verse: 10102    
nâch des worte und sîme gebot

Verse: 10103    
sint geordent alle dinc.
Verse: 10104    
der hœhsten wîsheit ist er ursprinc.

Verse: 10105    
von anegenge hât er erdâht
Verse: 10106    
aller geschaft und die zuo brâht

Verse: 10107    
mit sinnen. als der hêrre wil
Verse: 10108    
geben aller geschihte zil,

Verse: 10109    
die zeichen nâch sînem willen stên,
Verse: 10110    
sich rüeren, loufen unde gên.

Verse: 10111    
waʒ guoter dinge der werlde komt,
Verse: 10112    
die hât sîn wîsheit her gefromt.

Verse: 10113    
von êrst unz an daʒ ende
Verse: 10114    
hât er in sîner hende

Verse: 10115    
alle geschiht besloʒʒen.
Verse: 10116    
sîn craft hât unverdroʒʒen

Verse: 10117    
liehten tac und trüebe naht
Verse: 10118    
sinneclîche wol zuo brâht.

Verse: 10119    
nâch sîme gebote die waʒʒer flieʒen,
Verse: 10120    
sich minnern und ergieʒen.

Verse: 10121    
der tac trüebe von im enphât.
Verse: 10122    
die sunne ir schîn durch in lât.

Verse: 10123    
sîn craft die erde erschüt,
Verse: 10124    
mit er bürge und türne zerüt,

Verse: 10125    
von im Almustrî die planêt
Verse: 10126    
denn ir genôʒ sneller gêt.'

Verse: 10127    
sagt im der heiden
Verse: 10128    
die planêten sîn underscheiden,

Verse: 10129    
daʒ ir etslîche stille stên,
Verse: 10130    
etslich die rihte vür sich gên,

Verse: 10131    
etslich strîchen hinder sich.
Verse: 10132    
sumelich sint güete rîch,

Verse: 10133    
daʒ die haben senfte site,
Verse: 10134    
daʒ ouch etslîchen volge mite

Verse: 10135    
site, die wesen scharf,
Verse: 10136    
als sie des hœhsten gebot entwarf.

Verse: 10137    
er sprach 'ir sult gelouben mir,
Verse: 10138    
wenn Almustrî mit loufes gir

Verse: 10139    
ergâhet ûf der verte
Verse: 10140    
planêten, die wesen herte,

Verse: 10141    
von uns werden dürre jâr,
Verse: 10142    
die danne erschînen frühte bar.

Verse: 10143    
wenn aber sie ze den guoten komt,
Verse: 10144    
an guoten jâren uns daʒ fromt.

Verse: 10145    
daʒ man mit halben zeichen
Verse: 10146    
siht den mânen rôten bleichen,

Verse: 10147    
von zwein sachen kan daʒ komen,
Verse: 10148    
daʒ ouch dem mânen wirt benomen

Verse: 10149    
sîn schîn mit wandelunge kraft.
Verse: 10150    
ist umb in alsô geschaft,

Verse: 10151    
daʒ er nimt vür sich loufes war:
Verse: 10152    
in dem niunzehenden jâr

Verse: 10153    
under wîlen er sich vergêt,
Verse: 10154    
daʒ die sunne vür in hôher stêt,

Verse: 10155    
von er schînes kraft verbirt.
Verse: 10156    
so er dann aber stîgend wirt,

Verse: 10157    
under wîlen komt er hin,
Verse: 10158    
er sich ze der sunnen schîn

Verse: 10159    
mit sîner verte mischet,
Verse: 10160    
von sîn lieht erlischet,

Verse: 10161    
schînes sie in gar beroubet.
Verse: 10162    
mîn sin daʒ wol geloubet.

Verse: 10163    
wenn mirʒ die wârheit kündet,
Verse: 10164    
wer einen cleinen halm zündet

Verse: 10165    
und einen starken schoup,
Verse: 10166    
wirt des halmes schînen toup.

Verse: 10167    
doch gît im die sunne wider
Verse: 10168    
schînes lieht, daʒ er nider

Verse: 10169    
het mit wandelunge geleit,
Verse: 10170    
des wirt er von ir liehte bereit.

Verse: 10171    
als wir haben der alden
Verse: 10172    
lêre unz her behalden,

Verse: 10173    
die sie mit sinnen haben getân:
Verse: 10174    
vür die wârheit wir hân

Verse: 10175    
daʒ die sunne bediute
Verse: 10176    
endelich der Kriechen liute,

Verse: 10177    
unde daʒ die Persân
Verse: 10178    
âne zwîvel bescheine der mân.

Verse: 10179    
geschach iuwers vater zît,
Verse: 10180    
der mit den sînen hete strît

Verse: 10181    
in disen landen mit den Persânen,
Verse: 10182    
eines nahtes in dem mânen

Verse: 10183    
man die selben zeichen sach.
Verse: 10184    
der meister lêre alsô verjach,

Verse: 10185    
die Kriechen solden gesigen,
Verse: 10186    
mit strîtes craft in obe ligen:

Verse: 10187    
der strît alsô geriet
Verse: 10188    
als der meister kunst beschiet.'

Verse: 10189       
er daʒ het alsô gesagt,
Verse: 10190    
dem fürsten die rede wol behagt.

Verse: 10191    
er hieʒ von dingen niuwen
Verse: 10192    
ûf dem velde ein bercvrit biuwen,

Verse: 10193    
dar ûf hieʒ er den wîsen treten,
Verse: 10194    
er solt ûʒ irn herzen jeten

Verse: 10195    
zwîvel unde zagheit.
Verse: 10196    
daʒ bercvrit schiere was bereit.

Verse: 10197    
dar ûf Aristander trat.
Verse: 10198    
daʒ volc er alleʒ swîgen bat

Verse: 10199    
und vernemen die mære,
Verse: 10200    
waʒ im gewiʒʒen wære.

Verse: 10201    
dise vor loufende wort,
Verse: 10202    
als sie vor im der fürste ê hôrt,

Verse: 10203    
den Kriechen sîn wîsheit gar entslôʒ,
Verse: 10204    
von sie wurden zagheit blôʒ.

Verse: 10205    
sie jâhen alle gelîche
Verse: 10206    
daʒ sie unverzegelîche

Verse: 10207    
wolden mit im rîten
Verse: 10208    
in stürmen und in strîten.




Next part



This text is part of the TITUS edition of Ulrich von Eschenbach, Alexander.

Copyright TITUS Project, Frankfurt a/M, 12.9.2008. No parts of this document may be republished in any form without prior permission by the copyright holder.