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Dies ist eine Internet-Sonderausgabe des Buches
"Iranica Armeno-Iberica.
Studien zu den iranischen Lehnwörtern im Armenischen und Georgischen [Bd. 1]"
von Jost Gippert (1990).
Sie sollte nicht zitiert werden. Zitate sind der Originalausgabe, veröffentlicht als
"Österreichische Akademie der Wissenschaften,
philosophisch-historische Klasse,
Sitzungsbericht, 606. Band" /
"Veröffentlichungen der Kommission für Iranistik, Nr. 26",
Wien 1993,
zu entnehmen.

Attention!
This is a special internet edition of the book
"Iranica Armeno-Iberica.
Studien zu den iranischen Lehnwörtern im Armenischen und Georgischen [Bd. 1]"
by Jost Gippert (1990).
It should not be quoted as such. For quotations, please refer to the original edition, published as
"Österreichische Akademie der Wissenschaften,
philosophisch-historische Klasse,
Sitzungsbericht, 606. Band" /
"Veröffentlichungen der Kommission für Iranistik, Nr. 26",
Wien 1993.



Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved:
Jost Gippert, Frankfurt 2002.

Jost Gippert



Iranica

Armeno-Iberica



Studien zu den
iranischen Lehnwörtern
im Armenischen und Georgischen






uraḳṗaraḳ-:

1. Einmal "breite Straße" als Übersetzung von gr. πλατεῖα im NT in der Adiši-Hs. (Mt. 6,5 {21.}: -ta), die darin mit der Xanmeṭi-Variante in A 89 übereinstimmt; dieselbe Verwendung ist fünfmal aus den edierten Teilen des AT zu notieren (1.Esr. 10,9 OM {2.}: -sa; Hohel. 3,2 M {19.}: -ni; 2.Esr. 8,16 M {24.}: -ta; 2.Kön. 21,12 M {33.}: -ta-gan; Spr.Sal. 22,13 M {34.}: -ta-ni). Während die armen. Bibel für das griech. Wort in allen Fällen, wo dieses nicht einfach als Adjektiv "breit" bedeutet, das genau entsprechende hraparak hat, kann als die georg. Normalwiedergabe uban- gelten, das in der Redaktion der "Protovulgata" z.B. auch an der o.g. Stelle aus dem Matthäus-Evangelium erscheint. Ein kontextueller Grund für die Verwendung von uraḳṗaraḳ- läßt sich allenfalls in Hohel. 3,2 {19.} erkennen, wo das konkurrierende uban- in der Mcxeta-Hs. zur Wiedergabe des danebenstehenden gr. ἀγορά, arm. pՙołocՙ dient. Die Ošḳi-Bibel zeigt jedoch eine andere Verteilung, da hier für ἀγορά sa-vač̣r-o- gebraucht ist, während uban- πλατεῖα wiedergibt; s. dazu weiter unter uban- (2.). Auch uraḳṗaraḳ- selbst bedeutet
2. einmal etwa "öffentlicher Platz" als Übersetzung von gr. ἀγορά in der NT-Übersetzung (Apg. 16,19 {13.}: -ad); ansonsten erscheint auch hierfür im NT regelmäßig, im AT meistens uban- (v.a. im Obl.Pl. uban-ta), seltener auch sa-vač̣r-o- (v.a. in Ez. 27). Der armen. Text hat überall im NT sowie in den meisten Fällen im AT (außer in Hohel. 3,2 {19.} sowie an den Belegstellen aus Ez.) wiederum hraparak (vgl. dazu bereits Benveniste, Mots ir. [BSL 53], 62), wobei die o.g. Stelle aus Apg. die einzige mit einem Akk.Sg. (i) hraparak(n) ist; ansonsten erscheint auch für singularisches gr. ἀγορά meist pluralisches hraparak-s (Akk./Lok.).
3. Einmal etwa "Stadtviertel" als Übersetzung von gr. ἄμϕοδον im AT (Jer. 49,27 I = 30,33 LXX {18.}: -ni); in der armen. Bibel steht auch hier hraparak. Die Mcxeta-Hs. hat statt dessen das hapax legomenon uraḳ-, das mit dieser Stelle dann auch im Lexikon Sulxan-Saba Orbelianis angeführt ist, der als Bedeutung wiederum uraḳṗaraḳi angibt; s. dazu weiter unten. — An der zweiten Belegstelle des griech. Wortes im AT (Jer. 17,27 {38.}) hat die Jerusalemer Bibel zġude-ni "(Festungs-) Mauern", während die Mcxeta-Hs., offenbar als Calque von gr. ἄμϕ-οδα die Bildung mrčobl-gz-eb-ni (!) "Doppelwegschaften", wörtlich etwa "Zwilingswege" bietet; dieser Befund deckt sich mit dem armen. Text, der nur in Jer. 49,27 {18.} z-hraparak-s, in 17,27 {38.} jedoch šowrǰ (Erowsałēmi) "(außen =) rings um (Jerusalem)" hat. An dem einzigen Beleg von ἄμϕοδον im NT (Mk. 11,4) verwendet die Adiši-Hs. wieder uban-sa entsprechend dem arm. ï pՙołocՙi "auf der Straße"; s. dazu weiter unter uban-, 5. {7.}.
4. Einmal "in der Öffentlichkeit" als Übersetzung von gr. δημοσίᾳ in Apg. 16,37 {11.}; der in der älteren Redaktion vorliegende Instrumental (ABS: -it) deckt sich dabei genau mit arm. hraparakaw, das die Normalentsprechung des griech. Adverbs ist (cf. ebenfalls bereits Benveniste, Mots ir., 62). Das griech. Wort wird an den übrigen Stellen im NT durch er-sa c̣inaše, wtl. "vor dem Volke" (Apg. 18,28 {5a}; 20,20 {46.}), bzw. die Ableitung sa-er-o- "zum Volk gehörig, beim Volk befindlich" wiedergegeben ("in das öffentliche Gefängnis" Apg. 5,18 {45.} S; ABCD haben hier statt dessen xvalisamde "bis zum nächsten Morgen", das sich als Allusion an Apg. 4,3 {45a} erklärt). Die einschlägigen Belegstellen im AT liegen im Georgischen nicht vor (2.Makk. 6,10 und 3.Makk. 2,27; 4,7). Als Entsprechung von gr. δημόσιος τόπος tritt uraḳṗaraḳ- einmal auch in den Johannes-Akten des Prochorus auf (57,21 {4.}: -sa), wobei die armen. Vs. das Genetiv-Syntagma tełi hraparaki, wtl. "Ort des h." hat. Hier ist offenbar eine Gerichtsstätte gemeint; s. dazu weiter unter 8.
5. Einmal "Versammlung" als Übersetzung von gr. συναγωγή in der Adiši-Hs. (Mt. 10,17 {22.}: -ta); diese Lesung wird wieder durch die Xanmeṭi-Version der Hs. A 89 bestätigt, während in der "Protovulgata" še-sa-ḳreb-el- "Versammlung(sort)" steht, das als die Normalwiedergabe des griech. Wortes in beiden Redaktionen gelten kann. Seltener wird statt dessen ḳreb-ul- "Versammlung" verwendet, wobei die Verteilung offenbar so geregelt ist, daß letzteres immer dann erscheint, wenn unter συναγωγή die Menge der versammelten Menschen gemeint ist (z.B. Lk. 4,20 {39.}), während šesaḳrebel- v.a. die Lokalität bezeichnet; in der älteren AT-Übersetzung ist ḳrebul- etwas häufiger. Außer den beiden genannten, von dem Verb ḳreb- "sammeln" abgeleiteten Wörtern ist συναγωγή im NT zweimal durch er- "Volk" vertreten, und zwar in C an den beiden einzigen Belegstellen des gr. Wortes im Johannes-Evangelium (er-sa 6,59 {40.} / 18,20); die zweite Redaktion hat statt dessen auch hier šesaḳrebel-sa. Dabei könnte eine Rolle spielen, daß der griech. Text nur hier eine Fügung mit der Präp. ἐν ohne Artikel hat (ἐν συναγωγῇ). Der armen. Text gibt keine Anhaltspunkte zur Klärung der Verhältnisse: hier wird durchweg žołovowrd "versammelte Menge" oder das diesem zugrundeliegende žołov "Versammlung" gebraucht. Bemerkenswert ist in Mt. 10,17 {22.} noch das Nebeneinander von gr. συνέδριον und συναγωγή, da sich beide Wörter fast wie Synonyma verhalten. Tatsächlich wird auch ersteres selbst einmal durch uraḳṗaraḳ- wiedergegeben:
6. Als Übersetzung von gr. συνέδριον "Ratsversammlung" tritt uraḳṗaraḳ- einmal in der Adiši-Hs. auf, wobei, offenbar durch eine volksetymologische Entstellung nach dem Wort für "Jude", huria-, huriaḳṗaraḳ-sa geschrieben ist (Jo. 11,47 C {1.}; s.u.). Im Falle von gr. συνέδριον sind die Verhältnisse gewissermaßen umgekehrt wie bei συναγωγή, da hier die Normalwiedergabe ḳreb-ul- ist (z.B. ib. DE: -i), während še-sa-ḳreb-el- seltener zu verzeichnen ist (z.B. Lk. 22,66 C {42.}: -sa; DE hat hier das verwandte, für den Bereich der georg. NT-Übersetzung ein hapax legomenon darstellende sa-ḳreb-ul-o- "Versammlungsort"). Die übliche Verteilung mit še-sa-ḳreb-el- für gr. συναγωγή und ḳreb-ul- für gr. συνέδριον zeigt sich deutlich an der bereits behandelten Stelle Mt. 10,17 DE {22.}, wo beide Wörter direkt nebeneinander stehen; ähnliches gilt für Mk. 13,9 {41.}, wo C dieselbe Verteilung zeigt (ḳrebulebsa da šesaḳrebelta šina), DE jedoch die umgekehrte Wortfolge (šesaḳrebelta da ḳrebulsa šoris). Der armen. Text kann auch hier nicht für die Abweichungen verantwortlich gemacht werden, da er im NT für gr. συνέδριον ausnahmslos atean "Gerichtssitz(ung)" bietet (dieses Wort ist selbst nur in der hagiographischen Übersetzungs-Literatur ins Georgische gelangt; s. dazu weiter unter aṭian-). Weniger geregelt ist die Wiedergabe im AT, wo einmal žołovowrd auftritt (Spr.Sal. 31,23; die georg. Vs. in der Mcxeta-Bibel hat hier wiederum ḳrebul-sa), einmal atՙor̄ "Sitz" (Ps. 25,4 {43.}: yatՙor̄s); letzteres ist offenbar die Grundlage für die Übersetzung durch sa-ǯd-om-el-sa "auf den Sitz" in der älteren georg. Redaktion (AB) gegenüber dem üblichen ḳreb-ul-sa in der jüngeren (G). Als Entsprechung von gr. ἐν συνεδρίῳ, arm. yateni erscheint in Spr.Sal. 11,13 {44.} in der Mcxeta-Bibel einmal moq̇us-isa, Gen.Sg. von moq̇uas-, das gemeinhin gr. πλησίον "der Nächste" oder ὁ ἕτερος "der andere" übersetzt; sollte dafür eine Verwechslung von ἐν συνεδρίῳ mit συνέδρου, Gen.Sg. von σύνεδρος "Beisitzer, Ratsmitglied" oder sogar mit σὺν ἑτέρῳ verantwortlich sein? — Die Entsprechung georg. uraḳṗaraḳ-, arm. atean findet sich einmal auch außerhalb der Bibelübersetzung, nämlich im apokryphen Thomas-Martyrium; s. dazu weiter unter 8.
7. Einmal etwa "Amtssitz" als Übersetzung von gr. πραιτώριον in der Adiši-Hs. (Mt. 27,27 {12.}: -ad); ansonsten wird dieses Wort wie auch an der gegebenen Stelle in der "Protovulgata" durch ṭaʒar- wiedergegeben. Die Sachlage entspricht der im armen. NT, ist allerdings nicht deckungsgleich: Hier erscheint an zwei Stellen hraparak (Mk. 15,16; Phil. 1,13), normalerweise jedoch aparan-kՙ (Pluraletantum).
8. Außerhalb der Bibelübersetzung begegnet uraḳṗaraḳ- hauptsächlich in solchen ageorg. Texten, die erkennbar eine armen. Vorlage haben, wie z.B. das Martyrium des hl. Izidbozid (119,26 {10.}: -sa) oder das Ripsime-Martyrium (als die georg. Version des Agathangelos-Textes: 167,33 {20.}). Dabei steht in den armen. Vss., soweit vorhanden, fast überall hraparak gegenüber; die Bedeutungen erstrecken sich über die gesamte bisher vorgestellte Palette. Auffällig ist der Beleg im Thomas-Martyrium (16,31 {3.}: -sa), wo durch den Kontext ähnlich wie in der unter 6. behandelten Stelle Jo. 11,47 C {1.} eine Bedeutung "Richterstuhl" nahegelegt wird. Dies wird durch die armen. Vs. bestätigt, die mit atean das für diese Bedeutung übliche Wort verwendet; der syr. Text spricht sogar einfach von ܕܝܢܐ dīnā, i.e. "judicium". Nicht haltbar ist deshalb die Übersetzung "in-platea" bei Garitte, Thomas [Muséon 83], 521, die offenbar auf einer Pauschalierung der unter 1. behandelten Bedeutung beruht1. Obwohl gewisse Fakten gegen die Annahme einer armen. Vorlage für den georg. Text sprechen, wie z.B. die Namensform des Königs Mizdeos, die gerade an der hier in Frage stehenden Stelle erscheint, und die weniger mit arm. Mždeh als mit gr. Μισδαῖος (und syr. ܡܙܕܝ <mzdy>) übereinstimmt (der Name ist nicht in die Liste der Divergenzen zwischen dem armen. und dem georg. Text bei Garitte, o.c., 509 f. aufgenommen worden), wird das Martyrium doch von beiden Herausgebern, C. Kurciḳiʒe und G. Garitte, mit guten Gründen als Übersetzung aus dem Armenischen erklärt (Aṗoḳr.Moc., §§ 15 und 20, S. 36 f. und 39 bzw. Thomas, 497 ff.); vorauszusetzen wäre in diesem Fall die Existenz einer anderen armen. Version des Textes. Solange eine solche nicht vorliegt, bleibt im Verein mit den Gegebenheiten in Lk. 22,66 {42.} die Annahme erlaubt, daß "Ratsversammlung, Gerichtssitz" o.ä. eine im Georgischen selbst fester verankerte Bedeutung von uraḳṗaraḳ- darstellt, während die unter 1.-4. ausgeführten Verwendungen im Sinne von "(Vor-)Platz, breite Straße, Stadtviertel" etc. eher unter armen. Einfluß zu sehen sind. Allerdings ist auch für arm. hraparak die Konnotation "Gerichtsstätte" belegbar; in diesem Sinne ist etwa die oben unter 4. behandelte Stelle aus den apokryphen Johannes-Akten zu werten, der außerdem die beiden Belege in der Apostelgeschichte (16,19 {13.}; 37 {11.}: s. oben unter 2. bzw. 4.) nahekommen (s. dazu weiter unten).
Im Sinne von "Gerichtsstätte" ist dann wohl auch der Beleg in der Hymne auf den hl. Habo zu deuten (Ingoroq̇va, Sasul.P̣oezia ē {31.}: -ta), die als ein georg. Originaltext gelten kann: Hier scheint die Wendung c̣inaše uraḳṗaraḳta mattasa dem c̣inaše msaǯulisa mis, "vor den Richter", in der Legende des Heiligen zu entsprechen; zu beachten ist dabei v.a. die Übereinstimmung in der Präposition c̣inaše, die in der Hymne allerdings abgekürzt geschrieben ist2. Weniger wahrscheinlich wäre demgegenüber eine Identifikation mit der Fügung šoris ubanta "umher in den Straßen", die in der Legende zwar ebenfalls im näheren Kontext erscheint, sich jedoch kaum auf dieselbe Örtlichkeit bezieht.
9. Ein Weiterleben des Wortes über die vorklassische Epoche hinaus dürfte der im Hs.-Zweig E des Saba-Lexikons erwähnte Beleg aus der "Lesung Gregors des Theologen über die Geburt" ("Grigolis ġ(mr)tis meṭq̇v(elis) šobis saḳitxavi") bezeugen, womit die Oratio in Theophaniam (oder in Nativitatem) Gregors von Nazianz in der Übersetzung des Athoniten Eptwme gemeint ist. Sowohl in dieser wie auch in der älteren, in dem Polykephalion A 144 enthaltenen georg. Übersetzung des Textes gibt uraḳṗaraḳ- gr. ἀγυιά "Straße" wieder {32.}. Da zumindest für die Version des Athoniten eine armen. Vorlage ausgeschlossen werden kann3, zeigt sich hier, daß uraḳṗaraḳ- auch in der unter 1. behandelten Bedeutungssphäre im Georgischen fester verankert war, als es nach den Gegebenheiten des Sprachgebrauchs in der Bibelübersetzung den Anschein hatte. In diesem Sinne scheint letztlich auch der Beleg in der einem "Martyrius Monachus" zugeschriebenen Schrift "Über die Reue" (Sinanulisatws) zu sprechen, die in der von I. Abulaʒe unter dem Namen Mamata Sc̣avlani ("Lehren der Väter") herausgegebenen Sammelhs. des 10.-11. Jhs. enthalten ist, und die von G. Garitte und A. de Halleux als ein Extrakt aus dem syr. Buch "Von der Vollendung" des nestor. Autors Martyrius-Sahdona erkannt wurde (Mart.Mon. [Muséon 69], 243 ff.). Hier steht uraḳṗaraḳ- (-ad: 173,41 {14.}) neben uban- und ist etwa als "Platz" aufzufassen, wobei die "lokale" Bedeutung durch das folgende meboʒir-ta gzisata (explikativer Gen.Pl. "der Straßenkreuzungen" oder zusätzliche Lokalangabe Dat.Pl. "auf die Straßenkreuzungen"?) ersichtlich wird. In der entsprechenden Passage des syr. Textes ist zwar nur von ܫܘܩܐ šūqǟ "Straßen" (sowie ܒܬܐ bātǟ "Häusern") die Rede, die natürlich auch mit dem georg. uban-ta gleichzusetzen sein könnten; ܫܘܩܐ šūqā steht dem georg. uraḳṗaraḳ- jedoch auch in der Vita Ephrems des Syrers gegenüber (-sa: 218,1-2 {9.}; -ta: 219,39-40 {28.}), deren Abhängigkeit von einem syr. Original ebenfalls von G. Garitte begründet wurde (Sym.Ephr. IX). Georg. uraḳṗaraḳ- scheint also zur direkten Wiedergabe von syr. ܫܘܩܐ šūqā "(breite) Straße" geeignet gewesen zu sein; es ist jedoch nicht auszuschließen, daß beide Texte über ein armen. Zwischenglied ins Georgische gelangt sind.

Georg. uraḳṗaraḳ- wurde bereits relativ früh mit arm. hraparak identifiziert und mit diesem zusammen aus dem Iranischen hergeleitet, nämlich durch A. Meillet (Ét.armen. [MSL 11] 1901, 398), der eine gemeinsame Vorform *fra-pāδaka- ansetzte und in dem anlautenden u- des georg. Wortes den Reflex eines älteren *wh- sah, das als Zwischenstufe bei der Übernahme eines iran. f in der Stellung vor r im Inlaut armen. Wörter nachweisbar ist: Meillet verwies auf awhrnel "segnen" < *awhrinel < miran. *āfrīn- sowie auf patowhas "Bestrafung" < *patiwhras < *pati-frāsa-. Die iran. Vorform *fra-pāδaka- selbst wollte Meillet zunächst an mpers. pāyak "degré, sentier" anschließen, später erwog derselbe Autor (Mots empr. [MSL 17] 247) einen nordiran. Ursprung und ließ die Quantität des zweiten a unter Hinweis auf avest. paδa- und pāδa- offen. Die etymologische Basis für ein iran. *frapāδak wurde dann durch Nyberg (Bemerk. [Ehrengabe Geiger], S. 217) um syr. <hrpdq՚> ("traditionelle Vokalisation harpeδqā") erweitert, das in der Vita des Katholikos Mār Ābā I. (ed. Bedjan, Mar-Jabalaha, 252,6; 10 {55.} und 254,15 {56.}) in der Bedeutung "Zufluchtsstätte" bezeugt sei, "sich aber nach der ganzen Schilderung zu urteilen auf einen offenen Platz der Stadt" beziehe; dieses Wort sei "allem Anschein nach" mit arm. hraparak zu identifizieren. Weitergeführt wurde Nybergs Vorschlag von Benveniste (Mots ir., 62 f.), der das angesetzte Etymon *fra-pādaka- zu skr. pra-prad- (sic; gemeint ist pra-pad-) "se réfugier auprès de quelqu'un" mit der Ableitung (a)-prapadana- "lieu de réfuge" stellte. Ohne weitere Diskussion ist der Ansatz *fra-pāδak dann auch bei Abulaʒe, Urt. 086 (frāpādak !) und bei Androniḳašvili, Narḳv. 274 u.ö. (191, 203: fra-pāδak-; frāpaδak 171 ist offenbar Druckfehler) übernommen, wobei die letztere Autorin zwischen einer parth. (171) und einer mpers. Herkunft (191 u. ff.) der Wortform schwankt.

Daß georg. uraḳṗaraḳ- und arm. hraparak trotz ihrer lautlichen Divergenzen miteinander zu identifizieren sind und in die Kategorie der "Wörter gemeinsamen Gebrauchs im Georgischen und Armenischen" eingeordnet werden können (Abulaʒe, Urt., 086), wird durch die oben aufgezeigte Beleglage durchaus bestätigt. Sowohl in lautlicher als auch in semantischer Hinsicht ergeben sich jedoch neue Ansatzpunkte für die angenommene Herkunft der beiden Wörter.
Dies betrifft zunächst die Frage, ob das georg. u- tatsächlich als Relikt einer aus iran. *f- entwickelten "vorarmen." Zwischenstufe wh- angesehen werden kann. Die durch arm. awrhnel < awhrnel < miran. *āfrīn- erschließbare Vertretung von -fr- durch -whr- konnte von Meillet ja nur für den Inlaut nachgewiesen werden, während für anlautendes fr- allein hr- zu gelten scheint. Nyberg (Bemerk., 217 f.) weist den Übergang fr- > hr- wegen avrom. härmān "Befehl" ≈ arm. hraman < *framān, ferner wegen bal. šastaγ "senden" < *hrastaγ < *frastak sogar dem Iranischen selbst zu, und zwar als "eine spezifische Eigentümlichkeit der NW-Dialekte"; dies zeige sich gerade auch an der syr. Entlehnung harpəδqā ≈ arm. hraparak (vgl. in diesem Sinne auch Henning, Miran. 49, Anm. 2 mit der Zurückführung von arab-pers. qahramān über aram. <qhrmn՚> aus "medischem *kārhramān" gegenüber mpers. kārframān). Nun sind für das Georgische auch noch andere Reflexe von iran. *fr- postuliert worden, nämlich hr- in hroarṭag- "Sendschreiben" ≈ arm. hrovartak, dann pr- in dem PN PridonFrēdōn sowie br- in brʒan- "befehlen" < *fra-zān- und brʒen- "weise" (s. dazu weiter unter remaḳ-). Während bei Androniḳašvili, Narḳv. 202f. alle vier Vertretungen kommentarlos nebeneinandergestellt werden, lassen sich die Unterschiede durchaus im Sinne einer relativen Chronologie deuten:
a) Die Lautgestalt des PN Pridon, der den auf avest. Θraētaona- zurückgehenden Namen eines Helden des pers. Epos widerspiegelt, steht der — mit Hübschmann, AG 49 s.v. Biurasp auch in arm. Hruden (< *Hredun ?) vorliegenden — sasanid. Namensform *hrēδōn (so Nyberg, l.c.) entgegen und weist damit gegen Androniḳašvili, l.c., nicht auf ein mpers., sondern vielmehr auf ein frühnpers. Frīdōn als Vorform. Dies ergibt sich aus der Vertretung des Vokals in der ersten Silbe, der im Mittelpersischen noch ein -ē- gewesen sein muß (< avest. -aē-), wofür im Georgischen ein -e- zu erwarten wäre. Der frühnpers. Ansatz mit -ī- < -ē- in der ersten, aber erhaltenem -ō- in der zweiten (stammauslautenden) Silbe erfolgt im Einklang mit den Gegebenheiten bei georg. imed- "Hoffnung", das ein frühnpers. *īmēd < mpers. ēmēd vertreten dürfte (s. dort).
b) Sofern man die bei Androniḳašvili, l.c. vorgeschlagene Herleitung von georg. brʒan- und brʒen- aus iran. Bildungen mit dem Präverb fra- akzeptiert, müßten diese einer recht frühen Schicht zugewiesen werden, da die Etymologie eine schon zu Beginn der Überlieferung sprachwirklich durchgeführte Synkope in der ersten Silbe anzusetzen verlangt (s. zu beiden Wörtern weiter unter remaḳ-).
c) Die Vertretung mit hr- ist offenbar Entlehnungen aus dem Armenischen vorbehalten. Dies gilt nicht nur für hroarṭag-, das in dieser Graphie und den Lesarten hroarṭaḳ-, hroardag-, hroadag- sowie ohne anlautendes h- an exponierten Stellen der Bibelübersetzung (z.B. Jes. 39,1 I {48.} ≈ 4.Kön. 20,12 M {48a}, Esth. 8,5 M {53.}), aber auch in der Übersetzungsliteratur auftritt (z.B. Hipp. Antichr. 284,29 {52.}4; Mart. Aṭom. 96,13 {50.}), wobei im armen. Paralleltext, soweit vorhanden, jeweils hrovartak gegenübersteht. Dasselbe gilt vielmehr auch für ein weiteres, bei Androniḳašvili nicht behandeltes Wort, das überhaupt nur in einem einzigen Beleg in einem der aus dem Armenischen übersetzten hagiographischen Texte des 9. Jhs. belegt ist, nämlich hrašaḳerṭ-5.
d) Für uraḳṗaraḳ- deutet die Beleglage nicht unbedingt auf eine Übernahme aus dem Armenischen; es könnte sich auch um eine unabhängige Entlehnung handeln, die erst sekundär durch arm. hraparak semantisch beeinflußt worden wäre. Behält man als Argument für eine Priorität der armen. Form vor der georg. das dem syr. -ḏ- entgegenstehende -r- < miran. -δ- bei, wie es etwa bei Androniḳašvili, Narḳv. 563 (vorsichtiger bei Bielmeier, Iran.LWW [Fs. Knobloch], 36) postuliert wird, so bleibt für die chronologische Einordnung immer noch die Möglichkeit, sie einem Zeitraum zuzuweisen, der mit "vorarmenisch" adäquat benannt wäre; dabei würde es sich um eine Zeit vor der schriftlichen Fixierung des Armenischen handeln, in der das Wort noch nicht mit hr- angelautet zu haben brauchte. Die angenommene relative Chronologie der vier Vertretungen läßt sich dann wie folgt darstellen:
                  I.       *fr- > br-       (über *pՙr-) ??
                  II.       *fr- > ur-      ("vorarmen.") ?
                  III.      *fr- > hr-      (über arm. hr-)
                  IV.      *fr- > pr-      (npers.)
Es fragt sich nun, ob die anzunehmende lautliche Zwischenstufe in der Anlautskonsonanz genauer bestimmbar ist. Das bisher nach Meillet angesetzte wh- würde sich zwar mit den von ihm angeführten armen. Beispielen decken. Auf eine andere Möglichkeit weist jedoch innerhalb der georg. Überlieferung die v.l. huriaḳṗaraḳ- in der Adiši-Hs.: Auch wenn hier ein volksetymologischer Anklang an huria- "Jude" zu erkennen ist, könnte die Schreibung doch eine ältere Lautung mit anlautendem h- widerspiegeln, die auf eine Zwischenstufe hw- statt wh- weisen würde. Eine Substituierung von f durch hw wäre typologisch auf jeden Fall besser abgesichert als ein unmittelbarer Übergang von f > wh; zu verweisen ist in diesem Zusammenhang z.B. auf estn. kohver < dt. Koffer u.ä. (auch die umgekehrte Substitution hw durch f ist gut bezeugt, man denke z.B. an die Probleme um iran. *x�arnah-, wozu jetzt Skjærvø, Verbs zu vergleichen ist, oder das Nebeneinander von xvalá und falá "Lob" im Bulgarischen). Wenn man also für das Vorarmenische von *hw- < iran. f- ausgeht, muß man bei den einschlägigen Wörtern, zu denen sich noch das von Benveniste, Mots ir. 63 behandelte patowhan "Fenster, ϑύρις" < miran. *pā̆tfrān < *pā̆ti-frāna- gesellt, eine innerarmen. Metathese von -hwr- (*ahwrin-) über -whr- (awrhn-) zu -wrh- (awrhn-) und — fakultativ — eine weitere Vereinfachung zu -wh- (patowhan, patowhas) annehmen, die angesichts der gleichlaufenden Entwicklung von -hr- zu -rh- in ašxarh < iran. *xšaϑr- über *ašxahr- (cf. Hübschmann, AG 101, 36.) bzw. weiter zu -h- in mehekan < iran. *miϑr(ii̯)akāna- (s. dazu Verf., Month Names [AAL 8]) unproblematisch erscheint. Allerdings läßt sich die Annahme, daß die georg. v.l. huriaḳṗaraḳ- das letzte Indiz einer Lautung mit urspünglich anlautendem h- sei, nicht durch die Belege in den Xanmeṭi- und Haemeṭi-Texten bestätigen, da diese — etwa im Gegensatz zu hešmaḳ- "Dämon, Teufel", das später gemeinhin als ešmaḳ- überliefert ist (s. dazu weiter unter danaḳ-) — keinerlei Spur eines h- zeigen. — Für das georg. (h)uraḳṗaraḳ- wäre bei dem Ansatz eines arm. *hwraparak zusätzlich noch eine silbische Vertretung des aus f- entwickelten hw- durch (h)u- anzunehmen, die nicht einfach als Wiedergabe eines armen. [ə] erklärt werden kann, da die späteren Entlehnungen hroarṭag- und hrašaḳerṭ- zeigen, daß das Armenische in der aus fr- entwickelten Konsonantengruppe hr- kein solches [ə] entwickelt hat; das armen. [ə] ist ursprünglich offenbar nur als Residuum eines der Vokalreduktion zum Opfer gefallenen -i- oder -u- berechtigt gewesen (s. dazu weiter unter uṭevan-, novag- und *ḳušṭaban-)6.
Zu klären bleibt, die etymologische Verbindung mit arm. hraparak vorausgesetzt, weiter die inlautende Konsonantengruppe -ḳṗ-. Weder das arm. hraparak noch eine anzusetzende Vorform wie *fra-pāδak können die Entstehung einer solchen Gruppe motivieren. Der offenbar einzige bisher publizierte Vorschlag dazu stammt von M. Ǯanašvili (Opisanie 3, 294 f.), der davon ausging, daß uraḳṗaraḳ- so etwas wie eine Zusammenrückung von dem in Mt. 27,32 und Mk. 15,21 erscheinenden ṗaraḳ- und einem Wort uraḳ- der Bedeutung "чертогъ", i.e. "Palast" sei ("часто употребляется вместе с .."); ṗaraḳ- selbst habe "площадь, стоянка, место собранія, сборище" bedeutet und sei mit arm. hraparak und nicht mit arm. pahak zu identifizieren7. Diesem Vorschlag ist entgegenzuhalten, daß das als erstes Glied der Zusammenrückung angesetzte uraḳ- selbst nur einmal belegt ist, nämlich in der Mcxeta-Hs. in Jer. 49,27 {18.} (gegenüber uraḳṗaraḳ- in der älteren Redaktion). Es ist also zu erwägen, ob dieses Hapax legomenon etwa durch eine Haplographie oder Abbreviatur in einer Vorlagehs. entstanden ist; sollte es doch sprachwirklich gewesen sein, könnte es auf einer ebensolchen sprachlichen Metanalyse von uraḳ-ṗaraḳ-i beruhen, wie sie Ǯanašvili als Etymologe durchgeführt hat. In jedem Fall aber entfällt uraḳ- als Etymon eines "Kompositums" uraḳṗaraḳ- sowie als Schlüssel für das Problem der inlautenden Konsonantengruppe. Als Erklärungsmöglichkeit für die Konsonantengruppe kommt statt dessen eine Art Binnenreim in Betracht, durch den das stammauslautende -aḳ- in den Inlaut übertragen worden wäre. Ein genau vergleichbarer Fall ist der jüngeren Redaktion der "Bekehrung Georgiens", Mokcevay Kartlisay B, zu entnehmen, wo das in anderen hagiographischen Texten meist als ḳuraṗalaṭ- auftretende griech. Fremdwort κυροπαλάτης (z.B. in der älteren Redaktion desselben Textes, 372,13 ff., aber auch in Mokc.B 95,18 ḳuraṗalaṭ-ad-ca) im direkten Nebeneinander einmal als ḳulaṗalaṭi und einmal als ḳulaṭṗalaṭi erscheint (97,13 und 14)8.
In diesem Zusammenhang ist ein Seitenblick auf das erst in jüngerer Zeit bezeugte Wort laṗaraḳ- "Gespräch" und die davon abgeleiteten Verben laṗaraḳ-ob-a- und laṗaraḳ-eb-a- "sprechen" geboten. laṗaraḳ-, für das ein vereinzelter erster Beleg aus dem Visramiani zu notieren ist (89,23 {57.}: -i), das sich ansonsten aber erst in der ngeorg. Periode ausbreitet (für Belege cf. z.B. Čubinašvili, Kart.-rus.leks. s.v. oder das Ganm.Leks. s.v. {58.; 59.}; bei Saba werden laṗaraḳ-i, e-laṗaraḳ-a, v-laṗaraḳ-ob und sa-laṗaraḳ-o ohne Belege angeführt9), wird bei Androniḳašvili, Narḳv. 190 etymologisch mit uraḳṗaraḳ- zusammengestellt. Zur Begründung verweist Androniḳašvili auf den Schwund des anlautenden u- in nas- ("häßlich", Vepx.), das sie auf unas- "Schaden" < mpers. vinās zurückführt (s. dazu weiter unter uṭevan-); sie geht also von einer innergeorg. lautlichen Entwicklung aus, die von dem Wort für "Marktplatz" zu dem Verbum dicendi geführt haben soll. Daß laṗaraḳ-ob-a tatsächlich mit ageorg. uraḳṗaraḳ- und weiter mit arm. hraparak zusammenzustellen ist, kann bereits durch den Hinweis auf arm. hraparakel "veröffentlichen, publizieren" sowie auf Weiterbildungen wie hraparakaxōs "Redner" begründet werden; v.a. ist aber zu beachten, daß das Georgische auf der Basis des mit uraḳṗaraḳ- semantisch konkurrierenden uban- (s. dort) ein Verbum ubn-ob-a- derselben Bedeutung hervorgebracht hat10. Gegen eine direkte Zurückführung von laṗaraḳ- auf ageorg. uraḳṗaraḳ- sprechen aber gewisse lautliche Momente. Dabei ist zunächst darauf hinzuweisen, daß das Verbum nicht die oben behandelte Konsonantengruppe -ḳṗ- enthält. Zu bedenken ist ferner die dissimilative Umgestaltung der Lautfolge -r--r- > l--r-, die der heute geläufigen Regel r-r > r-l (etwa in *rusuri > rusul-i "russisch") widerspricht. So ist angesichts der späten Bezeugung von laṗaraḳ- die Möglichkeit zu erwägen, daß es sich um eine rezente Neuentlehnung des arm. hraparakel handeln könnte. Für die Herkunft von uraḳṗaraḳ- und seine lautliche Gestalt ist laṗaraḳ- jedoch in keinem Fall aussagekräftig.
Was besagt der georg. Befund nun für die anzusetzende iran. Vorform und ihre Deutung? Maßgeblich sind im Hinblick auf diese Frage v.a. die Belege, wo georg. uraḳṗaraḳ- eine eigenständige, nicht von arm. hraparak abhängende Verwendung zeigt, also v.a. die unter 5., 6. und 8. genannten Stellen. Die hier zu notierende Bedeutung eines "Gerichtssitzes", die sich im Armenischen selbst möglicherweise wegen des daneben existierenden atean "id." nicht durchsetzen konnte, scheint der von Benveniste (Mots ir. 63) für das Etymon *fra-pāδak als primär angesetzten Semantik eines "Zufluchtsortes" zu widersprechen. Jedoch sind auch die Belege von syr. harpəḏqā, auf die Benveniste seinen Ansatz stützte, nicht eindeutig für eine solche Interpretation zu verwerten. In der Vita des Mār Ābā ist mit ܗܪܦܕܩܐ <hrpdq՚>, gemäß der Übersetzung von Braun (Ausg. Akten, 210 f.), gerade nicht eine "Zuflucht" gemeint, die der Heilige aufsucht, sondern eine gerichtliche Institution im Palast des Königs, der den Heiligen als Angeklagten hatte suchen lassen: "Er kam .. bis an den königlichen Hof, trat ein und ergriff hrpdk՚. Als der König der Könige von seiner Ankunft erfuhr, ergriff ihn großes Staunen, daß er nicht anderswohin gegangen, sondern dahin gekommen war, wo jedermann fürchtete, da er von dem hrpdk՚ hörte. .. Da .. segnete (der Heilige) den König der Könige und ging in großer Freude von dem hrpdk՚" (so Braun, l.c.). Noch deutlicher wird eine Bedeutung wie "Gericht" in einem anderen syr. Text, nämlich den Akten des Mār Simon und seiner Gefährten, wo sogar eine Übersetzung als "Hinrichtungsstätte" in Frage kommt: "Man brachte ihn [Gūhaštazād] vor [das hrpdk՚], um dort seinen Kopf zu nehmen".11 Während sich die "positive" Konnotation eines "Zufluchtsorts" also nicht erweisen läßt, stimmt die syr. Bezeugung doch so weitgehend mit der von georg. uraḳṗaraḳ- überein, daß man für ein gemeinsames Etymon beider auf eine ursprüngliche Bedeutung "Gerichtsstätte" schließen kann. Aus dieser könnte sich die Normalverwendung von arm. hraparak im Sinne von "(offener) Platz, breite Straße o.ä." sekundär entwickelt haben, wobei man von in der Öffentlichkeit ausgetragenen "Schauprozessen" ausgehen müßte.
Diese Annahme spricht zwar gegen Benvenistes Gleichsetzung mit aind. prapadana-, nicht unbedingt jedoch gegen die Zurückführung auf das darin enthaltene Verbum pra-pad-, da dieses in der Bedeutung "entgegen-, gegenübertreten" durchaus, möglicherweise sogar primär, in "unfreundlichem" Sinne gebraucht werden konnte; so z.B. in RV 6,75,16, wo die Rede von einem Pfeil ist, der den Feinden (amítrān) entgegentreten soll (gácha .. prá padyasva). Als Bildungsgrundlage für ein iran. *fra-pā̆daka- wäre unter diesem Aspekt das Einander-Gegenübertreten der Prozeßgegner aufzufassen. Ein andere Möglichkeit deutet sich im Zusammenhang mit den syr. Belegen an, wo das harpəḏqā regelmäßig dem königlichen Hofe zugeordnet ist; dies legt für *fra-pā̆daka- eine ursprüngliche Bedeutung "Ort des (unterwürfigen) Herantretens" nahe, die der anzunehmenden Verknüpfung des Verbums pad- mit dem gleichlautenden Wurzelnomen der Bedeutung "Fuß" eher gerecht würde (vgl. dt. "jdm. zu Füßen fallen, sich jdm. zu Füßen werfen"). Ob ein Stamm *fra-pā̆daka- direkt vom Verbum aus gebildet wurde oder ein nominales *fra-pā̆da- voraussetzt, muß dabei ebenso offenbleiben wie die Frage nach dem wurzelinternen Vokal.
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