TITUS
Heinrich von Meissen, Frauenlob
Part No. 6
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Text: 5 
V. Langer Ton


Strophe: 1 
Verse: 1    Ich sihe dich, schepfer aller schepfenunge, got.
Verse: 2    
heil, Sabaoth,
Verse: 3    
trost bernde himelspise,
Verse: 4    
herzen andacht wise
Verse: 5    
mir, mannabrot, du lebende kost,   die der alte grise
Verse: 6    
wol vierzic jar mit willen bot   der Israhelis diete.

Verse: 7    
Vür alle ding almechtic, künic, der mich geschuf,
Verse: 8    
min sünden ruf
Verse: 9    
dich, vater, sun, anschriet.
Verse: 10    
warer got gedriet,
Verse: 11    
din ewicheit genade mir.   süzez vleisch gewiet
Verse: 12    
hie vor mir in ein lebendez brot   sich mir zu genaden erbiete.

Verse: 13    
Ein ewic hoch gesegenter list,
Verse: 14    
der ie was got und immer ist,
Verse: 15    
hilf, schepfer, Krist,
Verse: 16    
der zit, der vrist,
Verse: 17    
daz mich dins geistes mitewist
Verse: 18    
twa von der kranken sünden mist.
Verse: 19    
hilf, lebender got, daz sich min leben   eins guten endes niete.

Strophe: 2 
Verse: 1    
Maria, muter gotes, tochter, lebende brut,
Verse: 2    
ich mane dich, trut,
Verse: 3    
an Gabrieles grüzen,
Verse: 4    
do du got den süzen
Verse: 5    
neme in din leben, ich mane dich ouch an daz antwurt büzen:
Verse: 6    
ʽich bin ein dirne in gotes gunst,   an mir sin wille erschine.'

Verse: 7    
Ich mane dich, vrouwe, an die geburt und an daz wegen,
Verse: 8    
do du den degen
Verse: 9    
gebe in den tempel schone
Verse: 10    
herren Simeone.
Verse: 11    
ich mane dich ouch der marter sin   und der tropfen vrone,
Verse: 12    
die blutigvar din ougen triben.   wecke uz dem herzen schrine

Verse: 13    
Die tropfen in der achte min.
Verse: 14    
ich mane dich der urstende sin,
Verse: 15    
des kindes din,
Verse: 16    
der vröuden fin,
Verse: 17    
do dir sin himelvart wart schin
Verse: 18    
und er dich, himelmeit, nam [ ] in.
Verse: 19    
der aller fröuden wis gemant:   hilf mir von sünden pine.

Strophe: *3_[A] 
Verse: 1    
O künigliche priesterschaft, die gotes hant
Verse: 2    
du bist genant,
Verse: 3    
ein heilig volc erweltez
Verse: 4    
[ ] gotes, unverzeltez,
Verse: 5    
der himel slüzzel und ir sloz.   [ ] din recht unverseltez
Verse: 6    
[ ] an gotes stat stat, din gewalt   zu lösen und zu binden.

Verse: 7    
Den dritten uz der ewigen drivaltikeit
Verse: 8    
ane unterscheit
Verse: 9    
nimst du gewaltiglichen
Verse: 10    
[ ] uz den himelrichen.
Verse: 11    
du wandelst in, du bist sin grap,   er mag [ ] dir nicht wichen,
Verse: 12    
du opferst in dem vater sin   zu troste uns Even kinden.

Verse: 13    
Uf Sinai würde du erwelt,
Verse: 14    
daz alle recht dir sin gezelt,
Verse: 15    
die nicht beschelt
Verse: 16    
sint noch verselt.
Verse: 17    
din macht, die meistert ez und melt,
Verse: 18    
uf trachtunge ie din mut sich quelt,
Verse: 19    
du werder gotes sigeler,   laz dich in wirden vinden.

Strophe: *4_[B] 
Verse: 1    
Kein künig, kein hoher fürste möchte daz getun,
Verse: 2    
daz er den sun
Verse: 3    
dem vater und dem geiste
Verse: 4    
mit [ ] <der> macht volleiste
Verse: 5    
nimt uz der schoz so herliclich   - [ ] merket an daz meiste:
Verse: 6    
der muter von dem arme her -   und ziuget uns sin ellende,

Verse: 7    
Daz er durch uns verduldet und erliten hat.
Verse: 8    
der wise rat
Verse: 9    
hat manige sele erlöset,
Verse: 10    
[ ] sünden vil veröset,
Verse: 11    
des wernden fluches bleichen val   lieplichen geröset.
Verse: 12    
der himel und erden hat gewalt,   den nimt er in sin hende.

Verse: 13    
Ach, priester, reinez gotes vaz,
Verse: 14    
sit du vermacht [ ] aleine daz
Verse: 15    
und nieman baz,
Verse: 16    
als Crist ez maz,
Verse: 17    
der himel und [ ] ertrich besaz,
Verse: 18    
gein dinen worten ist nicht laz:
Verse: 19    
er komt und leistet din gebot,   ein got und dri genende.

Strophe: *5 
Verse: 1    
Sunder, wilt du die buze leisten, bichte wol,
Verse: 2    
ein priester sol
Verse: 3    
dir schiere werden funden.
Verse: 4    
[ ] dienest gotes wunden
Verse: 5    
din ougen regen dir wischet abe   [ ] sam der ungesunden:
Verse: 6    
ein trost, ein heil, ein genade dir komt, wilt du min lere minnen.

Verse: 7    
Daz erste, waz die sünde sin, des solt du jehen,
Verse: 8    
wie si geschehen
Verse: 9    
der val in diner künde
Verse: 10    
und [ ] mit wem die sünde
Verse: 11    
ouch sin volbracht, wie oder wa   oder durch welche bünde
Verse: 12    
sin komen in dins herzen ger:   so mag ein priester sinnen,

Verse: 13    
Wie er sol merken dinen mut,
Verse: 14    
din antlütze und din andacht frut,
Verse: 15    
wie si behut
Verse: 16    
din riuwe gut.
Verse: 17    
darnach er dir genade tut,
Verse: 18    
und leschest du der sünden glut,
Verse: 19    
stat din beger in der geschicht   [ ] <ir> nimmer zu beginnen.

Strophe: *6 
Verse: 1    
Die siben heilikeit sint in der cristen tum
Verse: 2    
in hohen rum
Verse: 3    
gegeben zu selden stiure.
Verse: 4    
[ ] dem wirt jamer tiure,
Verse: 5    
swer ouch mit warer riuwe ganz,   andacht vil gehiure
Verse: 6    
hie disen werken volget nach,   der wirt vil wol gespiset.

Verse: 7    
Ir reinen priester, gotes knechte ir sit genant,
Verse: 8    
daz iuwer hant
Verse: 9    
der sacramente zierde
Verse: 10    
halte nach hohen wirden
Verse: 11    
und, als iu got geboten hat,   in gotlichen girden.
Verse: 12    
und tut ir daz, so wizzet ouch,   ir wert gar ho gepriset.

Verse: 13    
Die simonie lat unter wegen,
Verse: 14    
welt ir geistlicher fure pflegen.
Verse: 15    
der junge degen
Verse: 16    
iu git den segen,
Verse: 17    
er giuzet uf iuch der engel regen:
Verse: 18    
daz werc kan nieman überstegen,
Verse: 19    
& und daz von got altissimus &   da fliuzet unde riset.

Strophe: 7_[A] 
Verse: 1    
Du phaffenprinz und hoher wisheit ein senat,
Verse: 2    
die infel hat
Verse: 3    
din houbet wol gezieret.
Verse: 4    
lotic und gevieret
Verse: 5    
sint dine werc. uf heilic leben   <sich> din sin parrieret
Verse: 6    
in manicvalten tugenden. sich,   du bist dem kristentume

Verse: 7    
Ein salbe, die im sünden wunden heilen kan.
Verse: 8    
sie bint din ban,
Verse: 9    
die elich leben krenken.
Verse: 10    
nieman darf des denken,
Verse: 11    
daz er mit siner miete din   recht müge überschenken.
Verse: 12    
der babes solte hie bischof sin,   du pharreman zu Rome:

Verse: 13    
Daz vromte aller kristenheit,
Verse: 14    
din stab beschirmte sie vor leit.
Verse: 15    
die rechtes kleit
Verse: 16    
han angeleit,
Verse: 17    
die sint dins schirmes vil gemeit,
Verse: 18    
ouch was din schirm in ie bereit.
Verse: 19    
von Bremen vürste Giselbrecht,   du bist der phaffen blume.

Strophe: 8_[B] 
Verse: 1    
In sunnenvarez lob ein grave ist gekleit,
Verse: 2    
den schirm er treit
Verse: 3    
des kresems unt der toufe,
Verse: 4    
uz der schanden troufe
Verse: 5    
viel im nie tropfe an sinen lib.   swa erz vint zu koufe,
Verse: 6    
daz im zun eren nützlich ist,   daz mac im nicht zu tiure.

Verse: 7    
Die selde ir balsem streich an sinen werden lib.
Verse: 8    
unselde, blib!
Verse: 9    
du macht bi im nicht schaffen.
Verse: 10    
segen der hohen phaffen
Verse: 11    
von kindes jugent in nie vermeit.   lugelichez klaffen
Verse: 12    
von disem lobe gesundert ist.   die hohe gotes stiure

Verse: 13    
Wibet ez in miner witze hamen,
Verse: 14    
daz ich in nennen muz bi namen.
Verse: 15    
sin eren samen
Verse: 16    
die schande lamen
Verse: 17    
tut. kunde ich baz <dan> Herman der Damen
Verse: 18    
ein lobes vaz mit sange amen,
Verse: 19    
grave Otto were sin wirdic wol   von Ravensberc, der gehiure.

Strophe: 9_[C] 
Verse: 1    
Kom, minnen schüler, dich wil ere in ir tanz!
Verse: 2    
setze uf den kranz
Verse: 3    
der manheit unt der milte!
Verse: 4    
vor dem herzen schilte
Verse: 5    
mit diner angeborner zucht   scham ie gerne spilte.
Verse: 6    
die tugent mit ir pinsel hat   an dine stirne gemalet:

Verse: 7    
Da zeiget sich der triuwe varwe und elich leben.
Verse: 8    
planeten weben
Verse: 9    
und ouch ir hohez tirmen
Verse: 10    
dinen lib beschirmen,
Verse: 11    
daz untat niender hares breit   an dich mac gefirmen.
Verse: 12    
mit wisheit die complexie din   ist an dem ort gestalet.

Verse: 13    
Uf ritters pris din mut sich schart,
Verse: 14    
da vor wart nie din schaz gespart.
Verse: 15    
du Rennewart
Verse: 16    
in strites vart,
Verse: 17    
dich, helt, von der Hoye Gerhart,
Verse: 18    
meine ich. hete ich me kunst gelart,
Verse: 19    
daz vromte dir zu dirne lobe.   din verch in tugenden gralet.

Strophe: 10_[D] 
Verse: 1    
Grif, herze, zu und hilf den sinnen ein lob smiden,
Verse: 2    
daz allen liden
Verse: 3    
der kunst si wol gelenke.
Verse: 4    
dem ich diz lob schenke,
Verse: 5    
der nimt ez, des ich wenen wil,   vür ein gut getrenke,
Verse: 6    
sit im ein luter miol win   vür werdez lob nicht smecket.

Verse: 7    
In verwet scham, so er unzucht sicht, vür tracken blut.
Verse: 8    
eins engels mut
Verse: 9    
hat er zu guten werken.
Verse: 10    
tugent lat er sich sterken
Verse: 11    
so sere, daz kein mensche an im   kan untugent merken.
Verse: 12    
des wirt sin lob von gernder diet   breit unde lanc gerecket.

Verse: 13    
Sin blünder pris mich des ermant,
Verse: 14    
daz ich der menige tu bekant,
Verse: 15    
wie er genant
Verse: 16    
si, dem gesant
Verse: 17    
diz lob ist her in dise lant.
Verse: 18    
daz ist, des si min triuwe phant,
Verse: 19    
der junge von Rügen her Wizlav.   diz allez in im stecket.

Strophe: 11_[E] 
Verse: 1    
Vier riche lob, die wellen daz vünfte mit in hin.
Verse: 2    
setzt uf, her Sin,
Verse: 3    
ir sult ez also brinnen,
Verse: 4    
daz ez uzen, innen
Verse: 5    
unde allenthalben lotic si.   herze, ginc zun sinnen
Verse: 6    
und rat zu disem lobe also,   daz mir der rat gevalle.

Verse: 7    
Tut ir des nicht, daz leidet beide mir und iu.
Verse: 8    
ir sult den spriu
Verse: 9    
hie scheiden von dem kerne.
Verse: 10    
ʽsecht, daz tun wir gerne:
Verse: 11    
vor aller missewende ein schur   und ein leitesterne
Verse: 12    
der tugent, er leitet manigen so,   daz er bestet vor valle.

Verse: 13    
Ein kranz, den ere geblümet hat,
Verse: 14    
ein krone tugentlicher tat
Verse: 15    
unde ouch ein wat,
Verse: 16    
der ieslich nat
Verse: 17    
zu prisene und zu lobene stat,
Verse: 18    
ein herze, da nie valscher rat
Verse: 19    
uz quam, daz ist von Mekelenburc
Verse: 20    
her Heinrich, dem ich schalle.'

Strophe: *12_[f] 
Verse: 1    
Ich suche in sanges krame, vinde ich ein lob fin.
Verse: 2    
da vor wirt min
Verse: 3    
tichtes schaz nicht gesparet.
Verse: 4    
ez ist so gejaret,
Verse: 5    
daz ich die werden loben wil.   luterlicher klaret
Verse: 6    
gist in mins sinnes wirze. ein lob   daz wirt in da geschenket,

Verse: 7    
Den warez lob <ie> in ir oren sanfte tut.
Verse: 8    
der boume blut
Verse: 9    
unde ouch des meien zierde
Verse: 10    
sint in kranker wirde
Verse: 11    
bi disem wol gezierten lobe.   secht an sin & gebierde:
Verse: 12    
ez zieret vür der sunnen glast   noch baz, wan irz bedenket.

Verse: 13    
Ich leite in eine wichteschal
Verse: 14    
vil manic lob wol liechtgemal.
Verse: 15    
diz sunder twal
Verse: 16    
smouc sich zu tal.
Verse: 17    
des half im diner tugende stal,
Verse: 18    
daz niene wart von roste val.
Verse: 19    
von Altenburc grave Otto sich,   diz lob din unheil krenket.

Strophe: 13_[A] 
Verse: 1    
Ja tun ich als ein wercman, der sin winkelmaz
Verse: 2    
ane unterlaz
Verse: 3    
zu sinen werken richtet,
Verse: 4    
[ ] uz der fuge tichtet
Verse: 5    
die höhe und lenge: wit und breit,   alse ist ez geschichtet;
Verse: 6    
und swenne er hat daz winkelrecht   nach sinem willen gezirket,

Verse: 7    
Darnach er danne wirket, als man wirken kan.
Verse: 8    
nu merket an,
Verse: 9    
ich forme, ich model, ich mizze:
Verse: 10    
wie gerne ich mich flizze
Verse: 11    
eins lobes, daz hat so hoch ein name,   daz ich sin nicht vergizze!
Verse: 12    
ez höhet, lenget, breitet sich,   sin nennen niendert lirket.

Verse: 13    
Ez ist gekrönet, guldin, glanz,
Verse: 14    
gespiegelt, luter, sunder schranz,
Verse: 15    
materjen ganz,
Verse: 16    
milte als ein cranz
Verse: 17    
ez zafet, zieret sinen swanz:
Verse: 18    
froun Eren diener Vivianz
Verse: 19    
ist Waldemar, der fürste stolz,   sin lob noch wunder wirket.

Strophe: 14_[B] 
Verse: 1    
Der sechste künig in Beheim ritter wart: dabi
Verse: 2    
vor schanden fri
Verse: 3    
was ie sin swert umvahen.
Verse: 4    
ich was ouch vil [ ] nahen,
Verse: 5    
zu Beheim da [ ] künig Rudolf hiez   gein den vinden gahen,
Verse: 6    
daz er mit siner ritterschaft   sie [ ] gunde sere krenken

Verse: 7    
So hoher ordenunge, e zierlich, rich volbracht
Verse: 8    
und baz betracht.
Verse: 9    
in ritterschaft zu prise
Verse: 10    
[ ] hete der fürste wise
Verse: 11    
von Presla wol den vollen rat   [ ] maneger eren spise,
Verse: 12    
sin lob, sin nennen immerme:   wol tut mir sin gedenken.

Verse: 13    
In Kärnten ritterschaft ich sach,
Verse: 14    
in Beiern Otten des nie gebrach:
Verse: 15    
swaz ie man jach,
Verse: 16    
ich spriche und sprach:
Verse: 17    
ʽvor Rostoc ritterschaft geschach,
Verse: 18    
die treit noch werdes prises dach
Verse: 19    
ob allem dem, daz mir ist kunt',   sol nicht von warheit wenken.

Strophe: 15_[C] 
Verse: 1    
Swaz ritterschaft in aller werlte si geschehen,
Verse: 2    
der sol man jehen
Verse: 3    
lobes und hoher eren.
Verse: 4    
nieman [ ] sol verkeren,
Verse: 5    
darnach ein ieslich wiser sol   [ ] gut bi gute leren,
Verse: 6    
ein lob eim bidermanne tun   dem andern wol zu prise.

Verse: 7    
Nu wizzet daz: ez wart bi unsern ziten nie
Verse: 8    
Hoch dort noch hie
Verse: 9    
in ritterlichen trüchten
Verse: 10    
[ ] noch in sigenüchten
Verse: 11    
ein swertbejag [ ] maniger degen.   [ ] Manheit, diner züchte
Verse: 12    
frou Ritterschaft da wol genoz,   des muste iuch Selde spisen.

Verse: 13    
Da wart wol achte hundert degen
Verse: 14    
und niune und fünfzig [ ] der segen,
Verse: 15    
ouch wart gewegen
Verse: 16    
der selden pflegen
Verse: 17    
den strazen, brücken unde stegen:
Verse: 18    
mit freude <ez> also ist gelegen.
Verse: 19    
des must ir ere, ir selde, ir heil   mit lobe in wirden grisen.

Strophe: 16_[D] 
Verse: 1    
Gegrüzet si der hochgeerte Waldemar,
Verse: 2    
der also gar
Verse: 3    
durch pris [ ] <in> ritterschefte
Verse: 4    
[ ] zeigte sine krefte,
Verse: 5    
sin wirde und ouch sin hohen <namen>:   der wart [ ] sigehefte,
Verse: 6    
muse ie sin, die wile unde zit   und er was bi den liuten.

Verse: 7    
Als man do [ ] einlif jar und drizehenhundert jar
Verse: 8    
gar offenbar
Verse: 9    
nach Cristes geburte [ ] zalte,
Verse: 10    
[ ] do sach man in walten
Verse: 11    
vor Rostoc in so hoher macht;   rilich [ ], ungespalten
Verse: 12    
der marggrave da von Brandenburg   liez wol sin horde biuten,

Verse: 13    
Er liez do nicht vor eren sparn,
Verse: 14    
recht alse er morgen solde varn,
Verse: 15    
in gotes scham
Verse: 16    
den geist bewarn.
Verse: 17    
er billich fürt den adelarn
Verse: 18    
uf erden hie mit sinem & gebarn
Verse: 19    
in ritterschefte herlich, rich,   als ich iu wil bediuten.

Strophe: 17_[E] 
Verse: 1    
Wis willekomen, in ritterlicher wirdikeit
Verse: 2    
der nie vermeit,
Verse: 3    
swaz tugent kan volenden.
Verse: 4    
[ ] secht an den behenden,
Verse: 5    
der triuwe ein gruntfeste ellenthaft;   ob ich [ ] tar genenden:
Verse: 6    
er ist der sibende winkelstein,   da sich daz riche uf setzet,

Verse: 7    
Swenn ez in sinen höchsten eren risen mag,
Verse: 8    
der tugende hag.
Verse: 9    
des süzen werden meien
Verse: 10    
[ ] lob sich nicht mag zweien:
Verse: 11    
fride und gedult in ir rivier,   die [ ] sicht man da heien
Verse: 12    
ere und eins reinen fürsten namen:   des sin wir wol ergetzet.

Verse: 13    
Ein rubin edels mannes sit,
Verse: 14    
der ganzen triuwe ein urteilsmit,
Verse: 15    
- kein aftersnit
Verse: 16    
da volget mit -
Verse: 17    
der strazenmilte ein ganz gelit,
Verse: 18    
vil stolzer Waldemar voltrit,
Verse: 19    
& vierfaltig fürste in Brandenburg,   der allen wandel letzet.

Strophe: 18 
Verse: 1    
<...>
Verse: 2    
<mit> grimmer hant;
Verse: 3    
er was ervorcht so sere,
Verse: 4    
daz im an sin ere
Verse: 5    
[ ] <so> dicke wart geraten; doch   gab im eine lere
Verse: 6    
Tarsilla gut, sin eigen wib,   dem rate er wart erbolgen.

Verse: 7    
Sie sprach: ʽdie vorchte enwil, sie muz, sol man sie haben.
Verse: 8    
twanc lat sich graben,
Verse: 9    
dro schieches get zu kreize.
Verse: 10    
minne in helfe sweize
Verse: 11    
durch lieben vriunt sich vinden lat,   holt tut holt geheize.'
Verse: 12    
er sprach: ʽwie wirde ich minnic den,   die mich in nide solgen?'

Verse: 13    
Sie sprach: ʽdie minne ist solcher art,
Verse: 14    
den haz, den nit sie machet zart.
Verse: 15    
des dienstes vart
Verse: 16    
ist immer hart:
Verse: 17    
swie sich daz twingen gein im schart,
Verse: 18    
wol im, der sich hie vor bewart.
Verse: 19    
husvar ist groz gein vremder not:   die wisen mir des volgen.'

Strophe: 19 
Verse: 1    
Do künic Alexander mit volkomener macht
Verse: 2    
die lant ervacht
Verse: 3    
biz zu dem paradise,
Verse: 4    
in so hoher wise
Verse: 5    
wart im gegeben ein edel stein   kleine und ouch zu prise.
Verse: 6    
man hiez den künic, daz er den stein   mit laste widerwüge.

Verse: 7    
San wart geleit der stein uf einer wage simz,
Verse: 8    
mit lastes bimz
Verse: 9    
sold man in übermangen.
Verse: 10    
swaz man möchte erlangen,
Verse: 11    
daz lestlich was, daz was ein nicht   gein des steines spangen.
Verse: 12    
ein wiser warf ein dach von erden   uf den stein gevüge:

Verse: 13    
Zuhant was al sin last gelegen.
Verse: 14    
diz merke, hoch gehegter degen:
Verse: 15    
kein widerwegen
Verse: 16    
din mac gephlegen,
Verse: 17    
die wile daz leben hat heiles segen.
Verse: 18    
wirt aber die erde ein dach dir stegen,
Verse: 19    
so wint din mast, in hoher last   ein bilch <sie> übertrüge.

Strophe: 20 
Verse: 1    
Ein künigin uz India, die was so kluc,
Verse: 2    
daz ir gevuc
Verse: 3    
in meisterlicher stifte
Verse: 4    
nerte mit vergifte
Verse: 5    
von kintheit uf ein stolze maget.   die gab nach der schrifte
Verse: 6    
giftwort, ouch sehen uf gahen tot:   der quam, swar sie daz karte.

Verse: 7    
Dem künig Alexander wart die maget gesant,
Verse: 8    
daz er zuhant
Verse: 9    
erstürbe ab ir gesichte,
Verse: 10    
sie daz vri gerichte
Verse: 11    
brechte in ir lant. ein meister sach   an ir valsch geschichte,
Verse: 12    
der gab ein wurz des küniges munt,   die von der not in scharte.

Verse: 13    
Ir vürsten, set uf, swen ir habet,
Verse: 14    
dem ir zu tiefez twingen grabet,
Verse: 15    
daz ir icht snabet,
Verse: 16    
ob er iuch labet.
Verse: 17    
des todes meit twanc nit; erdrabet
Verse: 18    
durch not der vuchs spil winden stabet:
Verse: 19    
list, milten mut, genade [ ] im traget,   alsam der meister larte.

Strophe: 21 
Verse: 1    
Durch ʽmin', durch ʽdin' ursprinc daz recht zum ersten nam.
Verse: 2    
dar nach ez quam
Verse: 3    
durch nicht wan durch bescheiden,
Verse: 4    
lenken zucht von vreiden.
Verse: 5    
doch sint ir driu der rechten recht,   die dem wandel leiden:
Verse: 6    
naturlich recht ist, swa die vrucht   sich bildet nach ir stamme.

Verse: 7    
Swelch mensch alsam sich selben lieb den menschen hat,
Verse: 8    
recht git den rat.
Verse: 9    
über alle dinc got minnen,
Verse: 10    
horden kan diz innen:
Verse: 11    
swer ie dem man daz sine lat   mit verdachten sinnen,
Verse: 12    
des recht ist komen uf wernde sla   hin nach Johannes lamme.

Verse: 13    
Uns tun des rechtes meister schin,
Verse: 14    
daz recht wil nicht gemietet sin.
Verse: 15    
des rechtes schrin
Verse: 16    
wiget min unt din
Verse: 17    
mit ebener gunst. welch ir die pin
Verse: 18    
verschuldet hat, daz muz dar in.
Verse: 19    
der bruch, die pin genaden darf,   die schützet: wol dem tamme!

Strophe: 22 
Verse: 1    
Recht ist ein orden, den die maze hat versniten:
Verse: 2    
ʽzu vil vermiten',
Verse: 3    
ʽzu kleine', ez nicht enrüret
Verse: 4    
sin art so gesnüret.
Verse: 5    
swa daz gewalt mit rechte vert,   recht wirt wol gevüret.
Verse: 6    
swenn aber daz recht vert mit gewalt, san ist sin nam verworden.

Verse: 7    
Gewalt dem rechte wart niur zu einer zucht gegeben.
Verse: 8    
recht allem leben
Verse: 9    
von gote sin art uzwellen,
Verse: 10    
recht kan wunder stellen:
Verse: 11    
waz were uns got, geloube und e,   touf und ebenhelle?
Verse: 12    
recht ist ein wec, uf dem uns got und al sin gunst muz horden.

Verse: 13    
Daz recht, daz darf vil wol gewalt,
Verse: 14    
ob unrecht ist so manicvalt,
Verse: 15    
daz man ie schalt
Verse: 16    
durch swachen halt.
Verse: 17    
recht ist mit allen tugenden balt,
Verse: 18    
uz im ir kein wart nie gezalt.
Verse: 19    
unrecht, daz darf genaden wol,   recht ist ein richer orden.

Strophe: 23 
Verse: 1    
Swie man die biderben sicht, sie sint doch wol gekleit.
Verse: 2    
vil ofte heit
Verse: 3    
ein edeler boum valwe este,
Verse: 4    
dem sin saf daz beste
Verse: 5    
mit vrüchten vromt uz stammes adel:   tugent, din hort ist veste,
Verse: 6    
wan du treist oft in armer wat   rich, glanz, hochgernde brüste.

Verse: 7    
Ez blüt ouch dicke ein junger sin durch grisez har.
Verse: 8    
ein brunne klar
Verse: 9    
uz vulen lachen dringet.
Verse: 10    
swem sin herze ringet
Verse: 11    
uf prislich tat unde die der mut   wol bescheiden bringet,
Verse: 12    
swa man den spürt, er sol den vürsten   ligen in richer lüste.

Verse: 13    
An nöten ist der wat geswigen,
Verse: 14    
die zu den sprenzen sint gerigen.
Verse: 15    
sol hant gesigen,
Verse: 16    
mut darf nicht ligen.
Verse: 17    
des phawen ofte hat überstigen
Verse: 18    
des kraneches vluc. sus si genigen
Verse: 19    
dir, ellentat! lob dir wol stat,   swie alt din wat sich rüste.

Strophe: 24 
Verse: 1    
Daz helfenbein ist muter dan vil herren sin.
Verse: 2    
daz wirt so schin:
Verse: 3    
swer linin tuch mit viure
Verse: 4    
leget uf ez, zu stiure
Verse: 5    
mit kalder art sin helfe tut   brüen dem tuche tiure.
Verse: 6    
sus gibet ez dar, swaz ez vermac,   in endelichem schirme.

Verse: 7    
Swem alle dinc zu groz, dem alle dinc zu klein.
Verse: 8    
der agestein
Verse: 9    
sich miltet gein dem isen.
Verse: 10    
wie sol ich bewisen
Verse: 11    
vil maniges tat, der sich sin gut   nicht lat selben spisen?
Verse: 12    
schelde ich sin nicht, da wider ich kan
Verse: 13    
die list, daz ich im tirme

Verse: 14    
Ein ror, daz lichte ist melde vol,
Verse: 15    
alsam hie vor tet Korniol:
Verse: 16    
der grub ein hol,
Verse: 17    
der erden zol
Verse: 18    
dar in er rief, daz galt sit wol.
Verse: 19    
ein ror wuchs von des rufes dol,
Verse: 20    
ez jach: ʽder künic hat esels oren'.   schalc, da vor dich firme!

Strophe: 25 
Verse: 1    
Sich uf, du hohez adel und rechter eren kefs:
Verse: 2    
des wandels trefs
Verse: 3    
uz dinen witzen liuter,
Verse: 4    
wenn der selden kliuter
Verse: 5    
sich widemen dir mit ritterschaft.   ja nie nicht wart triuter,
Verse: 6    
swa zucht, swa scham bescheidenheit uz voller ger dir schenken.

Verse: 7    
Setze uf die triuwe, als dich des goldes varwe zech.
Verse: 8    
du solt daz vech
Verse: 9    
durch warhaft nicht vermiden.
Verse: 10    
richen pris an siden
Verse: 11    
mit stolzer tat, die menlich si,   la din herze liden.
Verse: 12    
schrib an die stirne: ʽhie heldes mut,   der maze sol bedenken.'

Verse: 13    
Kan dich die minne machen dünic,
Verse: 14    
die kiusche in reinen sinnen spünic,
Verse: 15    
zu milte bünic,
Verse: 16    
gein recht unrünic,
Verse: 17    
sus wirket aller wisheit künic
Verse: 18    
dich & zu des troumes aschen lünic &:
Verse: 19    
din werndez lob, din geerter name,   die nieman kan verrenken.

Strophe: 26 
Verse: 1    
Ein lant, daz hat niur vrouwen, & Damie daz sint.
Verse: 2    
ist daz ir kint
Verse: 3    
uf menlich art sich neigen,
Verse: 4    
die nert man vür eigen,
Verse: 5    
unz daz ir lib menlicher lust   sich beginnet zeigen.
Verse: 6    
san wirt versant ir ieslich dannen,   unz sin lust verswinet.

Verse: 7    
Baz möchte man die bösen von den biderben scham:
Verse: 8    
die mislich varn,
Verse: 9    
den muz man mislich liezen.
Verse: 10    
sol er nicht geniezen,
Verse: 11    
der biderbe, siner werden tat,   sus möcht in verdriezen,
Verse: 12    
swenn sich sin mut, sin lib, sin ger   zu hohen tugenden pinet.

Verse: 13    
Got selbe saget den tugenden danc:
Verse: 14    
so missetat tut liden twanc,
Verse: 15    
der nie gelanc
Verse: 16    
uf eren ganc,
Verse: 17    
- sich stiez ein bein an schanden banc -,
Verse: 18    
wie möcht ir wol erklingen sanc?
Verse: 19    
ʽgot gab, got nam', nach solcher rede der wisen wort erschinet.

Strophe: 27_[A] 
Verse: 1    
Man, wiltu kindes witze unz an din ende tragen,
Verse: 2    
so mac wol klagen
Verse: 3    
daz alter dinen jaren
Verse: 4    
unt die jar den haren.
Verse: 5    
swa gürtel zwischen berten liget,   die dannoch gebaren,
Verse: 6    
alsam ir blöze sin noch blanc,   daz zimt nicht guten sinnen.

Verse: 7    
Her Bart, ir waret doch ein manlich zeichen ie.
Verse: 8    
welt ir iuch hie
Verse: 9    
beschönen mit den kinden,
Verse: 10    
daz ir iuch lat vinden
Verse: 11    
bi kindes site? her Bart, des muz   manlich vreude iu swinden.
Verse: 12    
welt <ir> in beidenthalben sin,   her Bart, so muz ouch trinnen

Verse: 13    
Ein strafen von mir uf iuch, her Bart:
Verse: 14    
daz ment, sam ochsen tut ein gart.
Verse: 15    
wes sit ir zart
Verse: 16    
des mannes art,
Verse: 17    
[ ] wan daz ir sine wort bewart
Verse: 18    
vor aller missewende vart?
Verse: 19    
her Bart, des leret iuwer man   manliche wirde minnen!

Strophe: 28_[B] 
Verse: 1    
Zwar bart und kindes witze, die zwei tragen nicht eben
Verse: 2    
ein werdez leben.
Verse: 3    
her Bart, des sit geschuldet:
Verse: 4    
sit ir daz verduldet,
Verse: 5    
ich wen, ir habet dem kinde hie   vor dem manne gehuldet.
Verse: 6    
habet ir verkorn den man, her Bart,
Verse: 7    
daz mac iuch wol betrüben,

Verse: 8    
Irn werdet ouch nimmer me gehalten also zart.
Verse: 9    
her Bart, her Bart,
Verse: 10    
wie möchte ez oder kunde
Verse: 11    
iu von herzengrunde
Verse: 12    
gewerden baz, wan daz ir stat   nahe sinem munde?
Verse: 13    
ir waret kluger witze ein van,   welt aber ir tumheit üben?

Verse: 14    
Her Bart, ir zemt den mannen wol
Verse: 15    
und niendert baz, daz nemt vür vol.
Verse: 16    
min triuwe ein zol
Verse: 17    
des wesen sol:
Verse: 18    
an kinden bart ist tumheit, tol,
Verse: 19    
an mannen werdic sunder dol.
Verse: 20    
die kintheit solt ein ende haben,   swa berte sich erhüben.

Strophe: 29_[C] 
Verse: 1    
Bi barte kindes mut, bi starkem libe ein zage,
Verse: 2    
ob ich daz sage,
Verse: 3    
die zwei, <die> zemen so schone
Verse: 4    
als in küniges krone
Verse: 5    
der ovenstein nach ruze var.   swa nach richem lone
Verse: 6    
ein swacher dienest wirt gewegen, ^des kan mich nicht betriegen^.

Verse: 7    
Ez zimt ouch nicht in wibes herzen mannes mut,
Verse: 8    
daz selbe entut,
Verse: 9    
swa mannes mut sich wibet:
Verse: 10    
wirde im daz vertribet.
Verse: 11    
ich spür des varnden schiffes phat,   ob min list beklibet,
Verse: 12    
der slangen slingen spehe ich ouch, ^ich spür des vogels vliegen^,

Verse: 13    
Des visches vliezen sunder wanc:
Verse: 14    
den vieren ist min sin zu kranc.
Verse: 15    
des vünften schranc
Verse: 16    
ist alzu lanc
Verse: 17    
den sinnen min, swie vast ichs twanc,
Verse: 18    
daz sie durchsünnen sinen ganc:
Verse: 19    
ich meine dich, junges mannes mut,   kein spürn dich mac erkriegen.

Strophe: 30_[a] 
Verse: 1    
Kein orden herter mac gesin denn ritterschaft.
Verse: 2    
set an ir haft:
Verse: 3    
ein ritter drizic jare
Verse: 4    
rilich mac gebaren,
Verse: 5    
swie hohen pris er hat bejaget   stolz in wirden klaren,
Verse: 6    
ein eren val nimt im den namen,   alsam er nie si worden.

Verse: 7    
Ein ieslich orden hat gemach bi eren wol;
Verse: 8    
ein ritter sol
Verse: 9    
gemach durch ere miden,
Verse: 10    
sol in ere liden
Verse: 11    
in ritterlicher wirdicheit,   sit daz in versniden
Verse: 12    
ein zit, verlegen sin wirde mac.   daz ist ein swindez horden:

Verse: 13    
Driu dinc ein ritter alle tage
Verse: 14    
lege uf die wage, als ich iu sage:
Verse: 15    
den lib er trage
Verse: 16    
nicht als ein zage,
Verse: 17    
den schaz durch ere er von im jage,
Verse: 18    
swie wol der sele andacht behage,
Verse: 19    
dicke uf die wage lege er sie   durch ritterlichen orden.

Strophe: 31_[b] 
Verse: 1    
Got grüze, ritter, dinen hoch geherten namen!
Verse: 2    
ahi, wie zamen
Verse: 3    
ich dich bi selden vinde.
Verse: 4    
du bist ingesinde
Verse: 5    
der grozen ere und aller zucht.   sich, daz icht verswinde
Verse: 6    
din nam, din ritterlicher kranz,   swa man ^sol ritter^ kiesen.

Verse: 7    
Sint ritterlich din werc, din wille und ouch din wort,
Verse: 8    
daz ist ein hort,
Verse: 9    
der dich bi künige krönet,
Verse: 10    
al din art durchschönet.
Verse: 11    
du treist der hosten namen ein,   den la unverhönet.
Verse: 12    
habe ie den alten hovesite,   so wunsche ich dinem niesen:

Verse: 13    
Milte unde manheit soltu haben;
Verse: 14    
ob wol der schaz dir si begraben,
Verse: 15    
din schrin beschaben,
Verse: 16    
dar soltu staben
Verse: 17    
den richen willen, der kan laben
Verse: 18    
din ritterschaft, unpris muz snaben;
Verse: 19    
verdiene [ ] reiner vrouwen gunst:   die enlan dich nicht verliesen.

Strophe: 32_[c] 
Verse: 1    
Vrou Ritterschaft, ich klage, daz sus die Dörperheit
Verse: 2    
sich hat gekleit
Verse: 3    
zu diner massenie
Verse: 4    
und hat sich din krie
Verse: 5    
so krefteclichen angenomen,   daz man din storie
Verse: 6    
schiere an ir art nicht kan gespürn:   sus hat sie sich gemischet.

Verse: 7    
Du were ein spiegel grozer vuge und aller zucht:
Verse: 8    
die gen in vlucht
Verse: 9    
vor dir, sam sie sin wilde
Verse: 10    
diner ritter bilde:
Verse: 11    
die hönen scham und spotten tugent,   da von din gevilde
Verse: 12    
mit trefsen und unkruten stet,   din brehender glast verlischet.

Verse: 13    
Ez was vor ein gesundert snit,
Verse: 14    
vrou Ritterschaft und Dörpersit:
Verse: 15    
nu haben ir lit
Verse: 16    
gelichen schrit,
Verse: 17    
sus volgen sie dem Hove mit.
Verse: 18    
vrou Ritterschaft, vle unde bit
Verse: 19    
dem Hove, daz er dir la din recht.   so wirt din pris ervrischet.

Strophe: 33 
Verse: 1    
Her Hof, her Hof, wie lange sol ich daz vertragen,
Verse: 2    
daz iu behagen
Verse: 3    
so wol die klostergiegen?
Verse: 4    
möcht ir lazen vliegen
Verse: 5    
die keppel heim, der menige unpris   müste vor iu biegen.
Verse: 6    
set hie, set da, set hin, set her:   bi vürsten sicht man kappen.

Verse: 7    
Her Hof, ir tut dem kloster unde dem orden schaden,
Verse: 8    
welt ir sie laden
Verse: 9    
mit lustgehegter vülle:
Verse: 10    
set, waz da zerschülle!
Verse: 11    
wa prislich cleit, wa rilich wat,   wa [ ] din werlich hülle?
Verse: 12    
die sicht man nicht bi gernder diet,
Verse: 13    
sie werden [ ] klosterknappen.

Verse: 14    
Her Hof, müget ir iuch münchen, lat
Verse: 15    
die kloster hoven an iuwer stat,
Verse: 16    
sit daz ir rat
Verse: 17    
nicht anders gat,
Verse: 18    
niur: ʽgib und gib; habet ir den grat,
Verse: 19    
ich gibe den visch vür missetat.'
Verse: 20    
Her Hof, lat ir nicht ab, iu wirt   der valke zu eime rappen.

Strophe: 34 
Verse: 1    
Ein hane sol kren, ein hunt sol bellen, kerren ein swin
Verse: 2    
nach dünken min.
Verse: 3    
so sol ein lewe limmen,
Verse: 4    
und der ber sol brimmen.
Verse: 5    
dem ochsen lün, dem rosse zimt   negen nach der stimmen.
Verse: 6    
wie sol des esels luten sin,   so gouchen zimt dem gouche?

Verse: 7    
Ein smit sol smiden, ein bader baden, ein jeger jagen,
Verse: 8    
ein treger tragen,
Verse: 9    
ein maler bilde zirken.
Verse: 10    
sar dem sarewirken
Verse: 11    
zimt eben, der knecht zu dienste phlegen, beidenthalb der lirken,
Verse: 12    
dem müneche zimt sin kloster baz   denne er zu hove sich ouche.

Verse: 13    
Dem priester ist priesterschaft gegeben,
Verse: 14    
dem ritter ritterlichez leben,
Verse: 15    
dem weber weben.
Verse: 16    
swa man lieze eben
Verse: 17    
daz dinc nach siner art bekleben,
Verse: 18    
so quemez nicht uf widerstreben.
Verse: 19    
der hof nach unart verwet sich   alsam der virst nach rouche.

Strophe: 35 
Verse: 1    
Daz edel vederspil verderben muz dar abe,
Verse: 2    
swa kra, swa rabe
Verse: 3    
ir atem gein im bieten.
Verse: 4    
edel win muz nieten
Verse: 5    
von swachem vazze asmackes sich.   swa die bösen rieten,
Verse: 6    
da was mir ie zu hove nicht lieb:   ir tat ist voller siuchen.

Verse: 7    
Daz edel krut von bösem krute valwen muz,
Verse: 8    
tut man nicht buz
Verse: 9    
dem garten solcher swere.
Verse: 10    
vrischez obez enbere
Verse: 11    
wol, daz ein obez von vuler art   bi im nicht enwere.
Verse: 12    
ʽschui, wie, schui!' sus rufen die kint, ʽverderbe uns nicht die kiuchen.'

Verse: 13    
Bi edelen vürsten edel tat
Verse: 14    
stet, als daz golt bi siden stat.
Verse: 15    
uf guter wat
Verse: 16    
ein slimme nat
Verse: 17    
zimt nicht; daz gut ungüte hat:
Verse: 18    
daz böse ist niender ane unvlat.
Verse: 19    
ir edelen, habet die enge unwert,   der wolf ist gern in struchen.

Strophe: 36 
Verse: 1    
Ein jeger sol wol jagende hunde haben wert;
Verse: 2    
man muz die phert
Verse: 3    
durch riten haben in wirde,
Verse: 4    
durch des libes zierde
Verse: 5    
stein unde golt und edel wat.   durch ein teil begirde
Verse: 6    
daz vederspil man schon ernert.   man heget den visch durch niezen.

Verse: 7    
Man darf der priester wol, da man die buze nimt;
Verse: 8    
ein bischof zimt,
Verse: 9    
swa man sol kirchen wihen.
Verse: 10    
sol der schuz gedihen,
Verse: 11    
man muz den bogen e schicken eben.   [ ] hohem prise vrien
Verse: 12    
muz man mit tugent. der slüzzel vromt,   swa man sol sloz ufsliezen:

Verse: 13    
Sam höret zu ritterlicher tat
Verse: 14    
ein ritter wol und ouch sin rat.
Verse: 15    
swer sorge hat
Verse: 16    
uf ernstes phat,
Verse: 17    
der darf wol helde, swennz ergat,
Verse: 18    
daz sich der helm ufbinden lat.
Verse: 19    
ich wene, eins biderben mannes tat   sich nieman lat verdriezen.

Strophe: 37 
Verse: 1    
Man beizet mit dem raben und mit der bunten kra.
Verse: 2    
so jaget man na
Verse: 3    
mit rüden, hovewarten.
Verse: 4    
in des hoves garten
Verse: 5    
stan distel, rate, unvertic trefs   vür die blumen zarten.
Verse: 6    
waz sol des habeches sneller vluc   unde des valken denne?

Verse: 7    
Ich spür daz wol, der hof nimt abe von tage zu tage.
Verse: 8    
^sost daz^ min clage:
Verse: 9    
swer nu kan losen, smeichen,
Verse: 10    
süze sprüche reichen,
Verse: 11    
dem tragen die vürsten bernde gunst:   daz sint swache zeichen;
Verse: 12    
da bi vil maniger biderbe stat,   recht als in nieman kenne.

Verse: 13    
Her künic, ir habet den esel wert
Verse: 14    
vür edel ros, vür edel phert.
Verse: 15    
der smeicher gert
Verse: 16    
me iuwern hert
Verse: 17    
wan biderbes mannes; des enbert,
Verse: 18    
der wol nach prise tar sin swert
Verse: 19    
zu nöten gein den vinden zern:   Hof, daz din smeichen verbrenne!

Strophe: 38_[A] 
Verse: 1    
Wort sint der dinge zeichen, sam der meister gicht.
Verse: 2    
da von muz icht
Verse: 3    
ligen in der worte ringe,
Verse: 4    
daz sich ie dem dinge
Verse: 5    
gelichen muz an lut, an art   oder an dem urspringe,
Verse: 6    
wan ieslich ding sin nam tut melt:   sus prüf ich daz besunder,

Verse: 7    
Daz ieslich [ ] tugent ie nach ir tat genennet ist,
Verse: 8    
nach listic list,
Verse: 9    
die rechticheit nach rechte.
Verse: 10    
sus man vürbaz vlechte
Verse: 11    
ie nach ir tat der tugent ir namen.   schande und ir geslechte
Verse: 12    
hegen ouch ir recht ie nach ir tat.   hie bi so wird ich munder

Verse: 13    
Und var uf einen vindelse:
Verse: 14    
hochvart ist uf der tugende le
Verse: 15    
ein blünder kle,
Verse: 16    
den nimmer me
Verse: 17    
versalwet keiner schanden sne:
Verse: 18    
ir nam tut melt nach hoher e,
Verse: 19    
ir art und ouch <ir> hohez adel.   daz nemt nicht vür ein wunder.

Strophe: 39_[B] 
Verse: 1    
Hochvart, die kan nicht komen in snöder herzen wesen.
Verse: 2    
ir wurzelvesen,
Verse: 3    
die han naturen durchsüzet,
Verse: 4    
daz sie nicht engrüzet
Verse: 5    
niur hoher mut und edeler sin.   wan die hochvart büzet
Verse: 6    
kein missetat, die kan ir nicht   verdienen noch verschulden.

Verse: 7    
Ouch wizzet, al untugent, die [ ] heizet billich nider:
Verse: 8    
den ist sie wider.
Verse: 9    
die hochvart kan nicht swachen,
Verse: 10    
sie kan hoher machen
Verse: 11    
und aber hoher, immer hoch.   nicht mit nideren sachen
Verse: 12    
ist sie gezogen. ir süzer site   kan allez adel vergulden:

Verse: 13    
Ein edelez tier, ein edeler boum,
Verse: 14    
die haben von art ouch edelen goum
Verse: 15    
- unertic soum
Verse: 16    
birt nideren zoum -,
Verse: 17    
ein ertic grunt, kern edelen roum;
Verse: 18    
alsus die hochvart sunder troum
Verse: 19    
an allen edelen herzen tut   ir melden und ir hulden.

Strophe: 40_[C] 
Verse: 1    
Hochvart ist aller guten dinge ein zeichen wol.
Verse: 2    
die nideren sol
Verse: 3    
man uz den hohen scheiden,
Verse: 4    
sus mac man in beiden
Verse: 5    
ir recht und ouch ir art gegeben.   daz spriche ich mit eiden,
Verse: 6    
daz alle tugende hochvertic sint.   nu prüve ein ieslich eine:

Verse: 7    
Ein ieslich muter mut versmehet kargen sin,
Verse: 8    
ein karc gewin
Verse: 9    
unkargen mut versmehet.
Verse: 10    
swen die manheit wehet,
Verse: 11    
der schamt sich zegelicher tat.   alle tugent sus nehet
Verse: 12    
der hochvart, wan ir erbeschrin   ist sie, die süze, reine.

Verse: 13    
Die triuwe kan versmehen wol
Verse: 14    
untriuwe und ir argez hol.
Verse: 15    
der maze zol
Verse: 16    
versmehen sol
Verse: 17    
unmaze, daz zimt ir vür vol.
Verse: 18    
sus blüt die hochvart sunder dol
Verse: 19    
uz aller tugent und vromt ir adel,   daz ez wirt so gemeine.

Strophe: 41_[D] 
Verse: 1    
Hochvart und übermut, die sint vil ungelich.
Verse: 2    
hochvart ist rich
Verse: 3    
der edelen, hohen tiure,
Verse: 4    
aller tugent stiure.
Verse: 5    
hochvart versmehet nidere dinc,   die sint ungehiure,
Verse: 6    
die schande und al ir hegenheit.   hei, welch ein stolzez künden!

Verse: 7    
Hin, übermut valsch! wes vermizzestu dich her,
Verse: 8    
sit daz din ger
Verse: 9    
die hohen und die nideren
Verse: 10    
smehen unde wideren
Verse: 11    
tar unde wil ane underscheit?   da von muz ich videren
Verse: 12    
din art, din wesen, din eben grunt   zun schanden und zun sünden.

Verse: 13    
Hochvart ie edelen herzen zam,
Verse: 14    
hochvart ist niderverte gram,
Verse: 15    
daz saget ir nam
Verse: 16    
gar sunder scham.
Verse: 17    
hin, übermut, an selden lam,
Verse: 18    
du holzeloser witze ein stam!
Verse: 19    
von dir quam, daz der engels val   bleib bi des jamers gründen.

Strophe: 42 
Verse: 1    
Ir hohen edelen, vraget, waz man von iu sage,
Verse: 2    
waz wol behage
Verse: 3    
an iu den tugenderichen,
Verse: 4    
welt ir witze erslichen.
Verse: 5    
vrage ist ein stab der alten kunst:   wer mac baz gestrichen
Verse: 6    
hin, da sich nimt list, witze ursprinc, -   niur mit der ebenen vrage?

Verse: 7    
Ervraget, wie der und der in hohen wirden swebe,
Verse: 8    
wa durch man gebe
Verse: 9    
dem pris unt dem unere,
Verse: 10    
wie des wort sich kere
Verse: 11    
mit wirdicheit, - sus vremder nuz   wirt ein eigen lere -,
Verse: 12    
wer hie, wer dort trage ellenkraft:   sus sint die tugende iur mage.

Verse: 13    
Der richen zins, der armen trucht,
Verse: 14    
der ritterschefte sigenucht,
Verse: 15    
ere unde zucht,
Verse: 16    
husrat, husvlucht,
Verse: 17    
der tugende val, der schanden sucht:
Verse: 18    
mit vrage wert ein ieslichz vrucht.
Verse: 19    
vrage ist ein nicht, man enwetze ir swert,   daz sie der schanden lage.

Strophe: 43 
Verse: 1    
Ja lobete ich gerne, vünde ich lobeliche werc.
Verse: 2    
swenn ein getwerc
Verse: 3    
mir wirt vor minen ougen
Verse: 4    
offenbar, nicht tougen
Verse: 5    
ein rise an willen und an tat,   des muz sunder lougen
Verse: 6    
min lob sich schicken ouch da nach.   sus prüfe ich afterriuwe:

Verse: 7    
Ein lob, daz mit der volge uz wisen munde gat,
Verse: 8    
daz lob bestat
Verse: 9    
von tage zu tage ie liuter;
Verse: 10    
steine und edele kriuter
Verse: 11    
die muz man schone halten, ie   baz und baz, ie triuter,
Verse: 12    
so mac erzeigen sich ir kraft:   sie sint wol einer triuwe.

Verse: 13    
Min lob vil manigem hat betaget,
Verse: 14    
gelachet als ein zarter maget.
Verse: 15    
ich quam gejaget
Verse: 16    
gar unverzaget,
Verse: 17    
als mir min lob hete vor gesaget,
Verse: 18    
da waren al mine phat verhaget.
Verse: 19    
solt ich mich selben strafen da,   so enbere ich wol der niuwe.

Strophe: 44 
Verse: 1    
Ir hohen vürsten, secht, waz iu got habe gegeben:
Verse: 2    
groz gut, rich leben
Verse: 3    
und herschaft maniger dinge.
Verse: 4    
merket, waz ich singe:
Verse: 5    
ie hoher mut, ie swinder val,   komt ein ungelinge;
Verse: 6    
ie me iu got gegeben hat,   ie me er von iu eischet.

Verse: 7    
Welt ir sin edele, so vlizet iuch der edelen tat.
Verse: 8    
tat adel hat,
Verse: 9    
adel niur nach tat sich schribet.
Verse: 10    
swie die tat beklibet,
Verse: 11    
ie hoher man, ie witer komt,   swaz er dinge tribet:
Verse: 12    
der rouch tut kunt des viures wesen,   daz blut ist ie gevleischet.

Verse: 13    
Sus muz ein ungevürez leben
Verse: 14    
in sünden und in schanden sweben.
Verse: 15    
wer sol pris geben,
Verse: 16    
da man sicht kleben
Verse: 17    
sie, swachen sich vor und eneben?
Verse: 18    
da sol ein edeler widerstreben.
Verse: 19    
swie lancseim gotes gerichte komt,   sin zorn doch swinde erkreischet.

Strophe: 45 
Verse: 1    
Ich klage, swa vürsten mut des nicht erwinden wil,
Verse: 2    
er setze vil
Verse: 3    
nach siner diener gülte.
Verse: 4    
ob ich den beschülte?
Verse: 5    
nu ensol ich vürsten schelten nicht.   gern aber ich ervülte
Verse: 6    
den übergiticlichen sac   mit vluch und ouch mit leide.

Verse: 7    
Der hoste und ouch der beste hort sint biderbe man.
Verse: 8    
ein vürste kan
Verse: 9    
nicht bezzern hort gehorden
Verse: 10    
vürstelichem orden,
Verse: 11    
wan daz sin diener gunst im trage   mutic, unverworden.
Verse: 12    
daz liebet in den gesten ouch.   sus hordet er sie beide.

Verse: 13    
Wil aber er sie betrüben vil
Verse: 14    
und setzen nach ir nutzes zil,
Verse: 15    
kleine ich daz hil,
Verse: 16    
der vürste wil
Verse: 17    
im selber briuwen jamers spil.
Verse: 18    
wirt in der slegel bi dem stil,
Verse: 19    
sie slahen im sin gitic swert,   ez wischet durch die scheide.

Strophe: 46 
Verse: 1    
Den jungen wirbe ich rat, sit ich der jungen bin,
Verse: 2    
daz sie den sin
Verse: 3    
an manheit icht verlazzen,
Verse: 4    
al unstete hazzen.
Verse: 5    
ir witze in endehafter kür   sol lan oder vazzen:
Verse: 6    
die zwei stan bi der manheit wol.   ir jungen, sit bescheiden!

Verse: 7    
Swa jungez herze ritterlich gemüte nimt,
Verse: 8    
wol im daz zimt,
Verse: 9    
daz komt von edeler stiure
Verse: 10    
al sin tat gehiure.
Verse: 11    
nie golt so klar geliutert wart   in dem heizen fiure.
Verse: 12    
des wirke ich hie ein houbetgolt   zu krone disen beiden:

Verse: 13    
Swer minnecliche minne kan,
Verse: 14    
daz tiuret ritter unde man;
Verse: 15    
swer uf ir ban
Verse: 16    
sich kan verstan,
Verse: 17    
wil im sin ding nach wunsch ergan,
Verse: 18    
vrou Selde hat im wol getan.
Verse: 19    
manmut und ritterlicher mut   die krönen einen heiden.

Strophe: 47 
Verse: 1    
Ich wil durch niemans vorchte schanden bi gestan,
Verse: 2    
schande ist ein gran,
Verse: 3    
dar inne wirt geverbet:
Verse: 4    
daz kleit [ ] manigem erbet
Verse: 5    
und da bi manigen edelen man   [ ] eren gar verderbet,
Verse: 6    
daz er wiget ringer dan er wag,   e er getrug der kleider.

Verse: 7    
Swer rates ger, der volge dem, der ere hat,
Verse: 8    
fru unde spat,
Verse: 9    
so mag im wol gelingen.
Verse: 10    
wil er nach prise ringen,
Verse: 11    
so laze sich kein swachen rat   [ ] in die winkel dringen,
Verse: 12    
ge ab der vinster an daz liecht   und volge mir der beider

Verse: 13    
Alsam der tiure Parzifal,
Verse: 14    
dem da empfolhen wart der gral:
Verse: 15    
des lob erhal
Verse: 16    
berg unde tal,
Verse: 17    
bi hohen fürsten in dem sal,
Verse: 18    
vor schönen vrouwen über al,
Verse: 19    
sie retten wol des heldes lop.   swaz laster was, daz meit er.

Strophe: 48 
Verse: 1    
Genüge herren haben wandelberen mut,
Verse: 2    
der schaden tut,
Verse: 3    
als ich iu hie bediute.
Verse: 4    
so sie dürfen liute,
Verse: 5    
ir riche rede, ir süze wort   nemens um niuwe triute
Verse: 6    
so lieplich und so minneclich,   so gutlich, daz ist wunder.

Verse: 7    
Swenn aber die not verwunden wirt, so hat ir solt
Verse: 8    
so ringez golt:
Verse: 9    
ir wandelberen tücke
Verse: 10    
keren in die rücke.
Verse: 11    
man sol gedenken an ein wort,   daz was wilen flücke:
Verse: 12    
ʽdurch lieb so sol man leit bewarn,   manig liechter schin gat under.'

Verse: 13    
Der lib und leben in dienst ie wag,
Verse: 14    
- die wile daz spil [ ] uneben lag,
Verse: 15    
rich als der tag
Verse: 16    
erschein ir slag, -
Verse: 17    
wil man in keren nu den nac?
Verse: 18    
ein ander not wol komen mag,
Verse: 19    
so slafet dienest und ir hant,   der swert e was vil munder.

Strophe: 49 
Verse: 1    
Ez muz verderben dicke ein ellenthafter mut,
Verse: 2    
swa sich daz gut
Verse: 3    
zu verre von im virret;
Verse: 4    
daz vil manigen irret
Verse: 5    
hochswebender tugende, dem sus von art anders nicht enwirret.
Verse: 6    
daz ist ein not, der richen mut kan grozen ellens lazzen.

Verse: 7    
Den wandel solten hohe fürsten understan,
Verse: 8    
daz zeme in an.
Verse: 9    
swa sie den mutes richen
Verse: 10    
spürten gut entwichen,
Verse: 11    
da solt ir hant mut unde gut   [ ] geben volliclichen:
Verse: 12    
san durch daz gut würde in der mut   ein grozer ellen vazzen.

Verse: 13    
Swa kummer uf dem ellen rut,
Verse: 14    
waz wirt da stolzer tat behut!
Verse: 15    
mut ane gut
Verse: 16    
muz wesen unmut.
Verse: 17    
swa mut bi gut nicht missetut,
Verse: 18    
da hat vrou Ere ir wünschelrut.
Verse: 19    
mag ellen ane gut gesin?   nein, sprich, schaz mag sie hazzen.

Strophe: 50 
Verse: 1    
Man mag gewinnen gut, daz ez nicht heizet gut.
Verse: 2    
gut gutlich tut,
Verse: 3    
mit gute gut man tribet.
Verse: 4    
[ ] gut, der nam beclibet
Verse: 5    
dem schatze nicht, wan ob der schaz   ^uf daz gut sich^ ŸraͤááááC
Verse: 6    
so zimet im des gutes recht,   sit er nach gute ringet.

Verse: 7    
Ere unde pris, wunne unde lust, heil, wirdikeit
Verse: 8    
daz gut erstreit.
Verse: 9    
man willet got mit gute.
Verse: 10    
[ ] gut bi gutem mute
Verse: 11    
zimt wol sam dürrer sat ein regen.   gut hat [ ] gut in hute,
Verse: 12    
daz ez vor swacher tat sich nert:   gut manig selde bringet.

Verse: 13    
[ ] Ist aber bi gut ein swacher sin,
Verse: 14    
gut lat den namen hie. schaz, wol hin,
Verse: 15    
von gut entrin!
Verse: 16    
din golt hat zin:
Verse: 17    
du bist sin got und effest in,
Verse: 18    
daz honig da in gallen rinn.
Verse: 19    
daz gut hat kein schult, wan der mut   stat, swie sin craft in twinget.

Strophe: 51 
Verse: 1    
ʽWaz macht du sin, gelücke? sage an, hastu list?'
Verse: 2    
ʽich binz ein frist
Verse: 3    
gemezzen mit der stunde.
Verse: 4    
[ ] swem in minem grunde
Verse: 5    
erschinet golt, [ ] wil er da vil   suchen [ ] nach dem funde, -
Verse: 6    
nu lieb, nu leid, nu sust, nu so,   ja wanke ich mit dem loufe.

Verse: 7    
Danne uf, danne abe, danne obe, danne unter [ ] zilt min rat,
Verse: 8    
kein stete stat
Verse: 9    
an siner art sich vestet.
Verse: 10    
[ ] <swem> min sunne glestet,
Verse: 11    
der habe gewis nach siner lust,   wan [ ] unstete mestet
Verse: 12    
mich: ^in ir^ mir mit steter tat   den namen ich nicht koufe.

Verse: 13    
Wan hete ich zu der stete pflicht,
Verse: 14    
so hieze ich ouch gelücke nicht.
Verse: 15    
alhie ouch icht
Verse: 16    
solch gougelschicht
Verse: 17    
er spürt, swer in min büchsen sicht,
Verse: 18    
davon der wisen zunge gicht:
Verse: 19    
hüte, daz din mut icht trunken ge   von des gelückes stoufe.'

Strophe: 52 
Verse: 1    
Gelücke ist unterscheiden. merke, wiser mut,
Verse: 2    
daz ein ist gut,
Verse: 3    
ez wonet bi den guten
Verse: 4    
und [ ] den wolgemuten.
Verse: 5    
daz komt von gote, der zirkelt ez   mit sins temperns rute
Verse: 6    
dem sust, dem so. ez kan der zit,   [ ] <der stat> ir maze ramen.

Verse: 7    
Ouch wizzet, daz gelücke ist böse. wie dem si?
Verse: 8    
ez wonet bi
Verse: 9    
niur zweier hande liuten,
Verse: 10    
diez mit <un>fug triuten;
Verse: 11    
swer haz gein gotes hulde treit,   als ich iu [ ] bediute,
Verse: 12    
swer frevellichen sünden pfliget:   da lit der erge same.

Verse: 13    
Ist disen zwein gelücke mit,
Verse: 14    
daz ist der helle ein erbesit,
Verse: 15    
ir erge lit,
Verse: 16    
ir höchster schrit.
Verse: 17    
we dir, du falscher orden smit,
Verse: 18    
dich treit gelücke und ouch sin trit
Verse: 19    
in immerwernder jamer tal,   daz sich die guten & schamen.

Strophe: 53 
Verse: 1    
Gelücke, selde und ere, secht, der werlte hort
Verse: 2    
han die driu wort.
Verse: 3    
so heizet daz gelücke
Verse: 4    
[ ] sines wesens brücke,
Verse: 5    
swem lieb geschicht in diser werlt   mit <vil> manger [ ] tücke,
Verse: 6    
da mangem lib nicht wol geschicht,   von ganzem sinem willen.

Verse: 7    
Swem wol geschicht gein got und gein der werlte wesen,
Verse: 8    
diz wol genesen,
Verse: 9    
daz heizet selde kreftig,
Verse: 10    
mislich, sigeheftig.
Verse: 11    
lieb unde wol, der zweier ere   ist so meisterscheftig,
Verse: 12    
wir streben hie in disen namen   mit schall und ouch mit stille.

Verse: 13    
Lieb unde lust gelücke treit,
Verse: 14    
lieb unde wol ist selikeit.
Verse: 15    
der zweier cleit
Verse: 16    
schöne und gemeit,
Verse: 17    
daz heizet ere sunder leit,
Verse: 18    
[ ] ob sie sint ane gunterfeit.
Verse: 19    
bi liebe mag ein wandel sin:   ich wil, daz es nicht helle.

Strophe: 54 
Verse: 1    
Ich prüfe ein ding und ist ouch war: ere unde gut
Verse: 2    
verkeret mut,
Verse: 3    
swie stete si der wille,
Verse: 4    
sam dem steine ein bille
Verse: 5    
verkeret form und ouch gestalt.   dar nach komt ein stille
Verse: 6    
vil ofte, nach schaltragendem site.   ere ist ouch underscheiden:

Verse: 7    
Swer ungewon ist eren, so dem ere komt,
Verse: 8    
die niuwe im fromt.
Verse: 9    
swer aber ir pfliget von kinde,
Verse: 10    
dem ist nicht zu swinde,
Verse: 11    
swenn in ein groze ere nimt   zeinem ingesinde,
Verse: 12    
daz er behelt sin altez recht:   sus kan gewonheit weiden

Verse: 13    
Ir herze, ir mut gein wankelvart
Verse: 14    
durch ere miete, ob sie sich schart,
Verse: 15    
im hoher zart,
Verse: 16    
hie bi sich spart.
Verse: 17    
swaz ie dem bösen gutes wart,
Verse: 18    
er tet ie nach der alten art.
Verse: 19    
seze er in eines küniges schoz,   im müste doch ere leiden.

Strophe: 55 
Verse: 1    
In swelcher mechte sich ein man in eren hat,
Verse: 2    
daz prislich stat
Verse: 3    
der stab, der amtes walte.
Verse: 4    
wil aber er verschalten
Verse: 5    
durch den gewalt des amtes pris,   [ ] so muz man im spalten
Verse: 6    
daz lob, daz e sin nennen trug,   swie wol ez was zu kennen.

Verse: 7    
<...>
Verse: 8    
<...>
Verse: 9    
<...>
Verse: 10    
<...>
Verse: 11    
<...>
Verse: 12    
<...>

Verse: 13    
Ist <aber> sin leben in tugent groz,
Verse: 14    
so hat sin nennen richen doz.
Verse: 15    
swer sin genoz,
Verse: 16    
der selden schoz
Verse: 17    
daz wort ie dort, den guft besloz.
Verse: 18    
ir edelen, merket daz geloz,
Verse: 19    
und schaffet, daz sich iuwer nam   nach tode icht dürfe trinnen.

Strophe: 56_[A] 
Verse: 1    
An allen dingen sol man spürn zit unde stat
Verse: 2    
[ ] seen die sat.
Verse: 3    
ez komt die zit zustunden
Verse: 4    
daz uz [ ] toren munden
Verse: 5    
ein wise rede gehöret wirt.   swer aber [ ] nach dem kunden
Verse: 6    
wil volgen sinen worten baz,   der vindet tumme sinne.

Verse: 7    
Sich wandelt nach der zit gedanke und der mut
Verse: 8    
so swach, [ ] <so> frut.
Verse: 9    
ob ieman witzig were
Verse: 10    
und [ ] ein swach gebere
Verse: 11    
so gar in sines herzen grunt,   daz würde im [ ] zu swere.
Verse: 12    
ʽtrit von der stat', die meister jehen,   ʽda wandel sich beginne'.

Verse: 13    
Ez komt die stat und ouch die zit,
Verse: 14    
daz zagen mut wol manheit git.
Verse: 15    
kein grunt da lit,
Verse: 16    
des sicher sit.
Verse: 17    
nie helt so menlich wart in strit,
Verse: 18    
im queme zu herzen wol ein nit.
Verse: 19    
nach zit, nach stat gar alle ding   sich wandeln uz und inne.

Strophe: 57_[B] 
Verse: 1    
Des guten mutes sol man walten, daz ist gut,
Verse: 2    
sit guter mut
Verse: 3    
kan alle tugent krönen.
Verse: 4    
[ ] merket daz vil schone:
Verse: 5    
swaz sachen bringet ein guter mut,   [ ] tut eim man durchfronen
Verse: 6    
lib unde leben, herze unde sin;   des waldet hochgemüte.

Verse: 7    
Sage an, wer möchte stete guten mut gehaben,
Verse: 8    
ezn si durchgraben
Verse: 9    
die zit mit argen blicken,
Verse: 10    
[ ] die der mut kan schicken.
Verse: 11    
unz daz er sich ir muz ergeben,   [ ] ^laz in^ barten bicken:
Verse: 12    
got gab uns frie willekür,   die kür ein man behüte.

Verse: 13    
Man twinget herze und den mut
Verse: 14    
vil baz uf gut wan uf ungut.
Verse: 15    
ir herren, tut
Verse: 16    
mut nicht unfrut,
Verse: 17    
vor argem mute sit behut,
Verse: 18    
wan arger mut git argez blut.
Verse: 19    
daz jaget mit frier willekür   uz iuwers herzen güte.

Strophe: 58_[C] 
Verse: 1    
Swaz ane willen <ist> und [ ] frie willekür,
Verse: 2    
lebt, als ich spür,
Verse: 3    
daz ez sich richten müze,
Verse: 4    
[ ] bitter unde süze
Verse: 5    
ie nach der zit und nach der stat   [ ] was ir werdez grüzen.
Verse: 6    
got gab uns frie willekür,   des si sin nam geheret.

Verse: 7    
Twünge uns die zit und stat - und frier wille nicht -,
Verse: 8    
so were enwicht
Verse: 9    
die kür und frier wille:
Verse: 10    
nieman in überbille.
Verse: 11    
daz kan wol frie willekür:   [ ] unser heil gestellen
Verse: 12    
und alle tugent mit ir wegen,   als uns die selde leret.

Verse: 13    
Der geist, <der> hat ein unterscheit
Verse: 14    
- den angebornen tugenden breit
Verse: 15    
nature sneit
Verse: 16    
besunder cleit -:
Verse: 17    
des geistes tugent so gemeit,
Verse: 18    
swer die volkomenlichen treit,
Verse: 19    
der hat die andern gar mit in,   sust ist ir art verkeret.

Strophe: 59_[A] 
Verse: 1    
Do got gab uz dem spiegel siner ewikeit
Verse: 2    
die wirde breit
Verse: 3    
Adame, [ ] daz er were
Verse: 4    
nach art [ ] sim schepfere
Verse: 5    
gelich an form und <an> gestalt,   clar, [ ] nicht wandelbere,
Verse: 6    
er blies den geist der ewikeit   in in, do quam frou Ere

Verse: 7    
Zum ersten uz der almechtigen, süzen art.
Verse: 8    
so lieb und zart
Verse: 9    
bleib mensch in sinem künne,
Verse: 10    
got sprach: ʽ[ ] für die sunne,
Verse: 11    
Adam, du ^haben solt^ gewalt   [ ] aller diser wunnen.'
Verse: 12    
uz drier hande wirdikeit   gab got dem menschen lere:

Verse: 13    
Zum ersten daz er ist gestalt
Verse: 14    
gelich dem, der da hat gewalt.
Verse: 15    
er jung und alt
Verse: 16    
uz der drivalt,
Verse: 17    
er machte in ewig, daz er galt
Verse: 18    
mit sinem geiste vor gezalt.
Verse: 19    
die dritten wirde er im gab:   [ ] materjen immermere.

Strophe: 60_[B] 
Verse: 1    
Adam verlos nicht ewikeit noch die gestalt,
Verse: 2    
niur den gewalt
Verse: 3    
und sin gemach, daz sinnet.
Verse: 4    
[ ] davon, sich, beginnet
Verse: 5    
in driu frou Ere teilen sich:   ein teil geistlich minnet,
Verse: 6    
daz ander ist werltwirdikeit,   daz dritte ist der naturen.

Verse: 7    
Adames geistlich ere nie verloren wart,
Verse: 8    
und ouch sin art
Verse: 9    
bleib mensch in der persone.
Verse: 10    
[ ] ob gewaltes frone
Verse: 11    
und sin gemach zerstöret wart   und [ ] er von dem trone
Verse: 12    
des paradises wart vertriben,   daz was ein werltlich truren.

Verse: 13    
Were im sin geistlich ere erslagen
Verse: 14    
und ouch sin art, so were vertragen
Verse: 15    
sins wesens jagen,
Verse: 16    
daz muz betagen.
Verse: 17    
man mag von dem gewalt wol sagen,
Verse: 18    
und von dem makel wil ich clagen:
Verse: 19    
^Adam an eren^ nie verlos   newere sin nachgebure.

Strophe: 61_[C] 
Verse: 1    
Ouch wart Adam von dem gewalt nicht gar genomen.
Verse: 2    
im selben [ ] fromen
Verse: 3    
möchte er <und> schaden erzeigen.
Verse: 4    
[ ] willekür sin eigen
Verse: 5    
bleib ie und ist der kinder sin.   nidern unt sich steigen
Verse: 6    
man sicht ein ieslich menschen wol   an tugent und an eren.

Verse: 7    
Nu minnet ere! got ist ere, und ere ist got.
Verse: 8    
wer sin gebot
Verse: 9    
beheldet, wie er richet!
Verse: 10    
[ ] ere im nicht entwichet:
Verse: 11    
sie ^geistlich oder werltlich si^,   [ ] wie ir art gelichet!
Verse: 12    
got gab sie uns und wil sie wider   von uns ane widerkeren.

Verse: 13    
Die ere ist aller tugent urspring,
Verse: 14    
der heilikeit ein ummerinc.
Verse: 15    
ei jungelinc,
Verse: 16    
din herze twinc
Verse: 17    
zu tugent in eren; dar in drinc,
Verse: 18    
daz eren pfat; da nicht enhinc:
Verse: 19    
uf erden hie, in himel dort   wil got din selde meren.

Strophe: 62 
Verse: 1    
Nieman kan widerschaffen, daz geschehen ist:
Verse: 2    
sit daz die list
Verse: 3    
[ ] <muz> mit den sachen enden,
Verse: 4    
wer kan [ ] widerwenden,
Verse: 5    
ist ez geschehen, [ ] <ezn> si geschehen.   ob ichs tar genenden,
Verse: 6    
hat ieman leide mir getan,   ich mac im wider leiden.

Verse: 7    
So wachsen aber blumen an derselben stat,
Verse: 8    
da man e jat
Verse: 9    
die blumen in dem meien.
Verse: 10    
swa [ ] die liute zweien,
Verse: 11    
da muz verlust und ouch gewin   [ ] zwischen in da heien.
Verse: 12    
der hie gewan, der dort verlos,   so wirt ez bi in beiden.

Verse: 13    
Urliuge wil sin mere han:
Verse: 14    
[ ] <nu> min, nu din, nu dar, nu dan.
Verse: 15    
gelücke span
Verse: 16    
im cleider an,
Verse: 17    
ez jaget [ ] dort, der hie entran,
Verse: 18    
ez brennet dort, der e hie bran.
Verse: 19    
diz allez ringe wegen sol   ein menlich mut bescheiden.

Strophe: 63 
Verse: 1    
Nieman zu ringe wegen sol die vinde sin.
Verse: 2    
swie küne ein swin
Verse: 3    
si, [ ] <slahe> so vil der hunde:
Verse: 4    
mere [ ] ziehen <ez> zu grunde.
Verse: 5    
man sol den tag nicht gar volloben,   die wile er hat [ ] stunde,
Verse: 6    
er si danne vollen gar volbracht:   so wirt er danne gepriset.

Verse: 7    
Die wile ein man gesunt und ungefangen ist,
Verse: 8    
so hat er frist
Verse: 9    
uf heil und ungelücke.
Verse: 10    
[ ] <ob> des igels rücke
Verse: 11    
si scharf, doch vindet man den hunt,   [ ] der im sine tücke
Verse: 12    
gelonen kan. so spricht min wort,   daz sich hat wol bewiset,

Verse: 13    
Daz oft ein stiller, guter mut
Verse: 14    
mere ernstes bringet und manheit tut,
Verse: 15    
swa ernest [ ] lut
Verse: 16    
gein ernste frut,
Verse: 17    
wan einer, der zu schalle ist gut,
Verse: 18    
mit worten glimmet als ein glut.
Verse: 19    
vil dicke ein grimmer, stiller ernst   in senften siten griset.

Strophe: 64 
Verse: 1    
Ein cleiner mut erwirbet selten hohe ding.
Verse: 2    
ein groz urspring,
Verse: 3    
daz mag sich wite ergiezen.
Verse: 4    
[ ] cleine wazzer fliezen
Verse: 5    
ouch gerne in die grozen her.   man lat den hunt niezen,
Verse: 6    
swenn man von im ein [ ] jagen <wil>;   so sol man des geruchen,

Verse: 7    
[ ] Daz <ie> den hunden sin die krapfen ungesunt.
Verse: 8    
da jaget manig hunt,
Verse: 9    
[ ] <ob> von der tagalt fülle
Verse: 10    
[ ] im sin mut geswülle,
Verse: 11    
den solte ein fürste ringen e.   ich sach, [ ] daz ein zülle
Verse: 12    
was groz und wart doch überladen.   man schribet in den buchen:

Verse: 13    
ʽZu swere ein man nicht laden sol'
Verse: 14    
und: ʽlere mezlin machen vol,
Verse: 15    
gar sunder dol
Verse: 16    
tut eren wol.'
Verse: 17    
würme, die machen dürkel hol
Verse: 18    
& und überkrüpfen vollen zol &:
Verse: 19    
und wizzet für war, [ ] swer daz tut,   wirt afterriuwe suchen.

Strophe: *65 
Verse: 1    
Nieman sol sines leides al zu trurig wesen,
Verse: 2    
wil er genesen
Verse: 3    
vor grozer houbetswere.
Verse: 4    
[ ] senftes mutes mere,
Verse: 5    
die künde er ie dem herzen sin   und si [ ] wunnebere,
Verse: 6    
kein leit daz wart doch nie so groz,   ezn würde mit freude gestiuret.

Verse: 7    
Ez sol ouch nieman sines heiles sin zu fro.
Verse: 8    
daz prüve ich so:
Verse: 9    
manig lieb, daz wirt zu leide.
Verse: 10    
[ ] ob ich daz bescheide,
Verse: 11    
so merket, ob ez maze si.   liep und leid, die beide,
Verse: 12    
sint sie der maze untertan,   ir adel wirt getiuret.

Verse: 13    
Zu liep in freude machet daz,
Verse: 14    
daz ir die maze wirt gehaz.
Verse: 15    
kein leit nicht baz
Verse: 16    
unmaze maz.
Verse: 17    
swenn ir der maze adel vergaz,
Verse: 18    
so wart ir beider craft zu laz.
Verse: 19    
[ ] maze ist aller ebenen dinge urspring,   swa man ir nicht verliuret.

Strophe: *66 
Verse: 1    
War sint die bebeste komen, [ ] wa ist ir gewalt
Verse: 2    
gar manigfalt?
Verse: 3    
war sint die keiser alle,
Verse: 4    
[ ] die mit grozem schalle
Verse: 5    
der werlte wirde huben uf?   sit ich daz [ ] bekalle
Verse: 6    
- war sint bischof und cardinal,   war sint die starken recken,

Verse: 7    
War sint die hohen künige, fürsten hinne bekomen,
Verse: 8    
die richen fromen
Verse: 9    
der werlte an prise schufen? -
Verse: 10    
muz ich, tar ich rufen:
Verse: 11    
ein zit, ein stunde die truc ir leben   [ ] uf des todes stufen.
Verse: 12    
da lit der rise und daz getwerc,   die nieman kan erwecken.

Verse: 13    
Sit daz ez allez sus ergat,
Verse: 14    
daz al die werlt zu handen hat,
Verse: 15    
nicht me bestat
Verse: 16    
wan tugende tat.
Verse: 17    
die schaffet, daz ir meister lat
Verse: 18    
ein nennen hie in solcher wat,
Verse: 19    
dem al die werlt wol heiles gan.   wol in, die sich so decken!

Strophe: *67 
Verse: 1    
Ich clage den vater vor, ich clage die muter nach.
Verse: 2    
sam ist mir gach,
Verse: 3    
ich clage swester, [ ] bruder,
Verse: 4    
[ ] die des todes luder
Verse: 5    
verleitet hat und sneit in an   [ ] siner varbe muder.
Verse: 6    
ich clage die niftel und den mag,   ich clage sie nach einander.

Verse: 7    
Die clage were allez nicht, wan daz ich selber sol
Verse: 8    
hinne in daz hol.
Verse: 9    
hei, hei, da lit die swere
Verse: 10    
[ ] siufzig, clagebere.
Verse: 11    
wa lant, wa gut? wer hilfet mir?   ez sint swinde mere.
Verse: 12    
wa sol ich hin, waz wirde ich dort?   ich weiz nicht, war ich wander.

Verse: 13    
Ez were ein jemerliche pflicht,
Verse: 14    
wan daz sin also vil geschicht.
Verse: 15    
da von win slicht
Verse: 16    
des jamers gicht.
Verse: 17    
wes solt ich trüben mich durch icht?
Verse: 18    
ich mag im selber entwerden nicht,
Verse: 19    
wan daz ein angebornez leit   mich hitzet als ein zander.

Strophe: 68_[a] 
Verse: 1    
Swa sich der herre knechtet, da herret sich der knecht.
Verse: 2    
ir beider recht
Verse: 3    
lit wol an einer wise
Verse: 4    
und doch [ ] in zu prise:
Verse: 5    
dem knechte stet ein stolzer mut   [ ] gar in schanden spise,
Verse: 6    
nicht wirt vertragen, swer herren schilt   mit knechtes varbe pinset.

Verse: 7    
Warzu sol herren gut, warzu sol herren name,
Verse: 8    
wil er sich schamen
Verse: 9    
der tat, die herren füget
Verse: 10    
^lob, mit^ [ ] prise rüget.
Verse: 11    
ʽgar sunder tat' macht lib und gut,   [ ] herren namen verbüget.
Verse: 12    
wie zimt der edelen herschaft an,   daz sie untugent zinset?

Verse: 13    
Die herren solten herrisch leben
Verse: 14    
an lib, an art, mit stetem weben
Verse: 15    
nach wirden streben,
Verse: 16    
so würde in eben
Verse: 17    
der werlde wunsch durch heil gegeben.
Verse: 18    
man sicht ez wider den orden sweben:
Verse: 19    
davon so fürchtet alle den tod,   der hie daz leben dinset.

Strophe: 69_[b] 
Verse: 1    
Her unde knecht, die zwene [ ] sint gar ungelich
Verse: 2    
an eren rich.
Verse: 3    
dem <herren> alsam dem knechte
Verse: 4    
[ ] namen sint geslechte:
Verse: 5    
[ ] <wan> swa ein herre ist ane knecht,   der hat [ ] namen nicht rechte;
Verse: 6    
knecht ane herren ist kein knecht.   ir keinez ist ane daz ander,

Verse: 7    
Sam [ ] herschaft ane dienest: die zwei, die weren nicht
Verse: 8    
mit einer schicht;
Verse: 9    
ir ieslichz ist getiuret,
Verse: 10    
nach siner art gehiuret.
Verse: 11    
swa dienstman dienestlichen tut   [ ] der herschaft gefiuret,
Verse: 12    
des dienest mag des Dienstes wesen,   [ ] <ob> Gunst da zwischen wander.

Verse: 13    
Nu merket, wie daz si gelegen:
Verse: 14    
der knecht sol immer dienstes pflegen,
Verse: 15    
der herren segen
Verse: 16    
sol herschaft wegen
Verse: 17    
also, daz richen lones regen
Verse: 18    
den knecht treit ab der armut stegen.
Verse: 19    
swa herre buwet ane knecht,   kint ane vater vand er.

Strophe: 70_[c] 
Verse: 1    
Swer mutes, willen waldet in dem herzen sin,
Verse: 2    
nach dünken min,
Verse: 3    
daz er untugent beizet
Verse: 4    
und [ ] daz [ ] <schande> heizet,
Verse: 5    
der selbe herre [ ] ouch sinen knecht   ^[ ] sunder rede^ reizet.
Verse: 6    
er hat den allerhöchsten strit   gesiget wol mit rechte.

Verse: 7    
Swer nu dem willen und dem mute ist untertan,
Verse: 8    
der ist kein man.
Verse: 9    
swie vil sin knechte warten,
Verse: 10    
er hat da die scharten,
Verse: 11    
daz er kein rechter herre ist.   [ ] in der künste garten
Verse: 12    
der herren maniger hande sint, -   ein herre ist von geslechte

Verse: 13    
Und swer im selben angesiget,
Verse: 14    
sin gut [ ] <um> ere ringe wiget:
Verse: 15    
der herschaft pfliget.
Verse: 16    
ob er verliget
Verse: 17    
und sich der tugent gar verziget
Verse: 18    
<...>
Verse: 19    
er heret ouch mit sinnen wol,   swer waldet siner knechte.

Strophe: 71_[d] 
Verse: 1    
Swelch herre weiz, daz er getriuwe diener hat
Verse: 2    
und doch nicht lat
Verse: 3    
den diener des geniezen,
Verse: 4    
der macht ein verdriezen:
Verse: 5    
dem diener muz sin tugent<schal>   allez widerdiezen.
Verse: 6    
swa triuwe nicht gein triuwen stat,   da hat der valsch gedinget.

Verse: 7    
Mich müet ein ding an iu, ir herren, daz ist slecht:
Verse: 8    
daz iu ein knecht
Verse: 9    
hie dienet lange stunde
Verse: 10    
- von sins herzen grunde
Verse: 11    
gar williglichen er daz tet,   als ^er beste [ ]^ kunde -
Verse: 12    
und in ein cleine missetat   uz iuwern hulden dringet.

Verse: 13    
Ez missehillet oft ein horn.
Verse: 14    
wa wechset ane spriu ein korn,
Verse: 15    
rose ane dorn?
Verse: 16    
man hochgeborn,
Verse: 17    
ez sol durch cleiner schulde zorn
Verse: 18    
nicht langer dienest sin verlorn.
Verse: 19    
swaz triuwen ir dort wellet haben,   daz selbe recht iuch twinget.

Strophe: 72_[a] 
Verse: 1    
Vil maniger gicht, waz schaden bringet werder tat.
Verse: 2    
merke an: die sat,
Verse: 3    
die hat spriu underdrungen,
Verse: 4    
die man nicht [ ] geswungen
Verse: 5    
hat als ir art; der helwen swach   ist aber nicht gelungen.
Verse: 6    
ie bezzer grunt, ie me die sat   der helwen an sich fazzet.

Verse: 7    
Wie suze, wie slechte der falsche wirfet sine wort!
Verse: 8    
sie cleidew dort,
Verse: 9    
in senftes herzen güte,
Verse: 10    
[ ] sich mit swacher blüte:
Verse: 11    
ie reiner golt, ie sneller valsch,   & [ ] swa rich daz gemüte&.
Verse: 12    
einfaltig sin ist schier betrogen.   <...>

Verse: 13    
Ob wiser rat den tummen tüge,
Verse: 14    
davon ir mut sich wisen müge.
Verse: 15    
schöne ist kein lüge:
Verse: 16    
der valschen trüge
Verse: 17    
<die> tugent uz gutem herzen süge,
Verse: 18    
lat man ir wort gewinnen fluge.
Verse: 19    
ir losez smeichen, ir meinlich ja   heil, selde und ere hazzet.

Strophe: 73_[b] 
Verse: 1    
Ein herre, dem sin selbes sin nicht guten rat
Verse: 2    
zu gebene hat,
Verse: 3    
des leben stat da hinden,
Verse: 4    
[ ] dem sin pfat muz vinden
Verse: 5    
ein stab, ein kint oder ein hunt,   [ ] der mit slegen swinden
Verse: 6    
von jugent uf geleret ist.   ouch prüfe ich bi dem brunnen,

Verse: 7    
Der von im selben keinen frischen ursprinc heget:
Verse: 8    
swaz man in treget
Verse: 9    
von fremder flut, sin walten
Verse: 10    
[ ] kan es nicht behalten
Verse: 11    
so frisch, so gut, dan ob der sprinc   [ ] queme uz sinen valten.
Verse: 12    
her ane witze ist kume ein knecht,   des rat er hat gewunnen.

Verse: 13    
Ein herre, der sin selbes ist,
Verse: 14    
an dem lit trost, und rich genist
Verse: 15    
hat wol sin list.
Verse: 16    
mit speher frist
Verse: 17    
so volge guter mitewist,
Verse: 18    
herre, ob du junger jare bist,
Verse: 19    
[ ] <und> volge, dem bi sinen tagen   [ ] ere nicht si zerrunnen.

Strophe: 74_[c] 
Verse: 1    
Ein rat, der selber tugent hat, des rat wol zimt.
Verse: 2    
ein meister nimt
Verse: 3    
ein liechtez glas besunder,
Verse: 4    
zin leget er darunder;
Verse: 5    
so heiter, clar von glase wirt,   & als kein liecht so munder
Verse: 6    
durch brehen mag, daz ^man schicket^ <sus>   [ ] <zu> rücke gein dem schine &.

Verse: 7    
[ ] Ein kerze tusent liecht wol <ist zu> zünden mugent:
Verse: 8    
so kan die tugent
Verse: 9    
uz eines herzen grunde
Verse: 10    
[ ] tusent herzen zünden.
Verse: 11    
brich tusent teil dem spiegel ab:   & [ ] bi dem ersten funde &
Verse: 12    
hat ieslich teil sin bilde ganz   so gar ane alle pine.

Verse: 13    
Denke in dich, sprich zu diner kür:
Verse: 14    
ʽwaz schicket <rat> der tugent für?'
Verse: 15    
tu uf die tür,
Verse: 16    
des lasters mür;
Verse: 17    
sich in den spiegel, darzu spür,
Verse: 18    
ob sich kein meil darin erbür.
Verse: 19    
& den mist streut man den blumen dar,   nim lere & in eren schrine.

Strophe: 75_[d] 
Verse: 1    
Nu ratet, helde, ratet, daz der triuwe craft
Verse: 2    
in meisterschaft
Verse: 3    
ir secht an disen sachen.
Verse: 4    
[ ] wil man aber machen
Verse: 5    
die kipel iu mit kundikeit,   [ ] mut mit list kan wachen:
Verse: 6    
ʽwirf uf! du setzest. trügener,   den valsch nach dinem willen.

Verse: 7    
Hat mir din tücke kundiglich verborgen daz,
Verse: 8    
die machet min laz
Verse: 9    
und stet darnach herumme.'
Verse: 10    
[ ] slecht ist gram der krumme.
Verse: 11    
in voller maze er schenket in,   [ ] der <vil> lichte uz swumme,
Verse: 12    
sol er ein tiefez wazzer waten.   wil man den igel villen,

Verse: 13    
So nem man etewaz für die hant,
Verse: 14    
sin borsten sint so scharf bekant.
Verse: 15    
untriuwe ie vant
Verse: 16    
ir meisters lant. -
Verse: 17    
& ie clopfe ich <ein> wenig an die want,
Verse: 18    
daz ist, der miner helfe ermant,
Verse: 19    
die got vermag und nieman baz &:   [ ] der ^kan ez allez^ stellen.

Strophe: 76_[e] 
Verse: 1    
Swie tum ich bin, so kan ich ein ding prüfen wol:
Verse: 2    
sit daz man sol
Verse: 3    
dem rate volgen stete,
Verse: 4    
ich wolte [ ] ie die rete
Verse: 5    
mit witzen sunderlichen sparn,   [ ] swa ich funde grete.
Verse: 6    
der wolte ich fürbaz me enbern   mit staten und mit fugen.

Verse: 7    
Swelch man mit clugem valsche künlich triegen tar
Verse: 8    
al hie, wie gar
Verse: 9    
<er gat> in spehem ringen,
Verse: 10    
swaz [ ] ist sin gedingen,
Verse: 11    
der mag [ ] benamen sich bewarn.   wan torste [ ] <er> volbringen
Verse: 12    
den list so kündiglich, als in   die valschen ie betrugen,

Verse: 13    
Swie clug, swie türstig si sin list
Verse: 14    
und ob er icht gewaltig ist,
Verse: 15    
in kurzer <vrist>
Verse: 16    
ist sin genist
Verse: 17    
zergangen, al sin mut bemist.
Verse: 18    
nu höre, ob du <bi> valsche bist:
Verse: 19    
in armut wirt manig man unwert   mit rat der bösen clugen.

Strophe: 77_[A] 
Verse: 1    
Ein meit hete einen schönen rosengarten vin;
Verse: 2    
ir blümelin
Verse: 3    
so lustiglichen zarten.
Verse: 4    
dabi [ ] einen garten
Verse: 5    
ein ander schöne maget hete   [ ] niderhalp ir arten.
Verse: 6    
doch jene meit der fremden blut   was holder dan ir erbe.

Verse: 7    
Sie gab ir fiuchte dar und pflag <ir> volliglich,
Verse: 8    
die blut wart rich.
Verse: 9    
die meit von wisen sachen
Verse: 10    
[ ] wolte ein schapel machen;
Verse: 11    
verslozzen wart die fremde blut.   ab ir blumen vachen
Verse: 12    
sie wolt ein schapel han genomen.   ʽdie stunde soln dirs sterben,'

Verse: 13    
Sprach sie, 'mir selbe ichz han getan.
Verse: 14    
gespil, wilt du mir diner lan?'
Verse: 15    
ʽnein', sprach die san,
Verse: 16    
ʽlat disen wan'.
Verse: 17    
sie sprach: ʽhete ich die minen an
Verse: 18    
geworfen als ich dine han,
Verse: 19    
so stunden mine blumen glanz,   der riuwe mich verderben'.

Strophe: 78_[B] 
Verse: 1    
Swer fremden acker ane urloub buwet wol,
Verse: 2    
zu recht er sol
Verse: 3    
sin arebeit verliesen.
Verse: 4    
[ ] swer zu fremdem niesen
Verse: 5    
sich rimpfet, daz ist ouch verlorn.   solt ich witze erkiesen,
Verse: 6    
den angebornen gunde ich baz   ie gutes wan den fremeden.

Verse: 7    
Were ich ein herre rich, so wolte ich, mine man
Verse: 8    
die müsten han
Verse: 9    
gewalt in minen sachen.
Verse: 10    
darnach [ ] wolte ich machen,
Verse: 11    
den gesten ^müste ouch varnde habe^   freches willen lachen,
Verse: 12    
& die landen und den liuten ouch   [ ] <sint> selbe <ein> swinde gremede &.

Verse: 13    
Swer huset gast in sinem lant,
Verse: 14    
wirt er gewaltig alzuhant,
Verse: 15    
san ist enbrant
Verse: 16    
des wirtes want.
Verse: 17    
man leschet, e daz ganze bant
Verse: 18    
verbrinnet, swem daz si bekant,
Verse: 19    
uz guten kriutern sol man lesen   <die bösen> mit den semeden.

Strophe: 79_[A] 
Verse: 1    
Man lobet die toten vür daz leben, umme daz
Verse: 2    
ouch deste baz
Verse: 3    
die lebendigen ringen,
Verse: 4    
[ ] alle ir witze twingen
Verse: 5    
nach jener tat, die hoher pris,   [ ] ere gunde volbringen
Verse: 6    
mit maniger uzerwelten tugent,   die got mit eren nante.

Verse: 7    
Man nennet ie die man, sie sin tot oder leben.
Verse: 8    
doch lit uneben
Verse: 9    
ir wille in swachen sinnen,
Verse: 10    
[ ] höre ich uz und innen.
Verse: 11    
sie wenen als die fromen sin   und ouch [ ] ere minnen
Verse: 12    
und swüren, daz ir lasters meil   <des> todes craft erwante.

Verse: 13    
Nein, nein, dem jamergitigen slunt
Verse: 14    
din lib und ouch din sele ein stunt
Verse: 15    
tut sterben kunt:
Verse: 16    
der helle grunt
Verse: 17    
din gert. wa dines schatzes funt,
Verse: 18    
wa pris und lob? din falscher munt
Verse: 19    
uz diner snöden valschen lust   daz hellisch fiure brante.

Strophe: 80_[B] 
Verse: 1    
Johannes gicht, die toten müzen ufersten,
Verse: 2    
für gerichte gen.
Verse: 3    
des ist nu zit hie worden,
Verse: 4    
und in [ ] fürsten orden
Verse: 5    
die toten uferstanden sint   [ ] an des prises horden.
Verse: 6    
- an namen ein hochgeziltez lob,   daz dünket mich so spehe. -

Verse: 7    
So sint die lebenden für tot an wirdikeit:
Verse: 8    
der wechsel treit
Verse: 9    
niur schaden vil, nicht nutzes.
Verse: 10    
[ ] we des underschutzes:
Verse: 11    
die hie sint tot, die toten leben,   jehen in hohes trutzes.
Verse: 12    
swenn got wil, zwar ir sterbet, e   man lobes von iu jehe.

Verse: 13    
Des scham dich, lebens toter man,
Verse: 14    
daz dir der <tote> daz leben an
Verse: 15    
gesigen kan,
Verse: 16    
daz man im gan,
Verse: 17    
dem wir müzen sin untertan
Verse: 18    
in tugent, der [ ] im nie zerran:
Verse: 19    
& der namen uz den worten sin &   in allen munden wehe.

Strophe: 81_[C] 
Verse: 1    
Die toten vor den lebendigen halten pris
Verse: 2    
in aller wis.
Verse: 3    
daz muz ich davon melden,
Verse: 4    
daz die lebenden selten
Verse: 5    
der toten uns ergetzet han.   [ ] secht, wir ir engelten
Verse: 6    
an wirdikeit, daz allez uns   nu tut nach in erlangen.

Verse: 7    
Ei, wer ergetzet uns von Rome eins küniges gut,
Verse: 8    
Rudolf? sin mut
Verse: 9    
was aller tugende meiger,
Verse: 10    
[ ] selde und ere ein zeiger,
Verse: 11    
er prises an hohen fürsten pflag,   der er was [ ] ein neiger.
Verse: 12    
Heinrich ergatzte uns siner tugent:   ich clage, daz wir din mangen.

Verse: 13    
Ach, wer ergetzet uns - des rat! -,
Verse: 14    
von Presla fürste, diner tat?
Verse: 15    
din werdez pfat
Verse: 16    
durchblümet stat,
Verse: 17    
du werder Heinrich. - swa man lat
Verse: 18    
pris haben, sie fru unde spat
Verse: 19    
tragen daz lob in eren da,   daz ^ir nam hat^ enpfangen.

Strophe: 82_[A] 
Verse: 1    
Man darf zu freuden liute wol, die frolich sin,
Verse: 2    
nach dünken min;
Verse: 3    
man darf gein wisen fugen
Verse: 4    
[ ] wisheit und der clugen;
Verse: 5    
man darf gein manheit helde [ ], die   wirdiglichen trugen;
Verse: 6    
gein vinden darf man stolzer helde,   ob man sie wil verdringen.

Verse: 7    
Swelch herre vinden wirdiglich wil angesigen,
Verse: 8    
dem sol ie ligen
Verse: 9    
daz swert an einer hende,
Verse: 10    
[ ] mit der andern swende
Verse: 11    
in muter, lust gebender ger   al [ ] des schatzes wende.
Verse: 12    
so werden willig im die degen,   die er in not muz bringen.

Verse: 13    
So man die friunt gewillet hat
Verse: 14    
mit muter, lust gebender tat,
Verse: 15    
der wisen rat
Verse: 16    
gein vinden stat.
Verse: 17    
wie stolz er dort sich vinden lat,
Verse: 18    
swa man durchhouwen muz die pfat
Verse: 19    
mit swerten unde [ ] lobes pris   mit craft uz creften twingen!

Strophe: 83_[B] 
Verse: 1    
Swelch man von dröuwen stirbet, den sol nieman clagen.
Verse: 2    
<ein> man sol tragen
Verse: 3    
ernest gein herten dingen
Verse: 4    
und den ernest [ ] twingen
Verse: 5    
zu gutem mute, & <als> den man kan &,   so mag im [ ] gelingen:
Verse: 6    
wer haben liute, lant und gut.   ouch sol man daz betrachten,

Verse: 7    
Swelch man sich gerne wert und der wil lenger leben:
Verse: 8    
man sol ie geben
Verse: 9    
und geben ie zu tratze
Verse: 10    
[ ] gein dem widersatze.
Verse: 11    
ez komt ein gabe [ ] tusentvalt   wider zu rechtem schatze
Verse: 12    
in einer zit, in einer stund.   wil man des dienstes achten,

Verse: 13    
Man sol gedenken keines schaden;
Verse: 14    
wil man die swert in vinden baden,
Verse: 15    
so muz man laden
Verse: 16    
uf ernstes pfade
Verse: 17    
ere unde nuz. bi grimmen staden
Verse: 18    
swer brechen wil bein unde waden,
Verse: 19    
dem bringe ernest milte trost,   daz künde ich den geslachten.

Strophe: 84_[C] 
Verse: 1    
Man sol die liute lieben, so man ernsten wil.
Verse: 2    
herte ist daz spil,
Verse: 3    
swa küne gein küne ritet
Verse: 4    
und [ ] menlichen stritet.
Verse: 5    
<swer> ouch in dem strit wirt [ ] erkant,   daz er die pfat [ ] witet,
Verse: 6    
der hat verdienet allen solt,   swie rich er worden were.

Verse: 7    
Ein strit & für sich eins tages ist tusent milen & wert;
Verse: 8    
ein menlich swert,
Verse: 9    
daz nieman kan vergelden;
Verse: 10    
für war [ ] muz ich melden:
Verse: 11    
da schaz, da hort und richer solt.   daz ir [ ] fürsten selden
Verse: 12    
darnach bedenket, swenne ir habet   verwunden solche swere.

Verse: 13    
Swelch fürste miltiglich tar geben,
Verse: 14    
der wirt gefürdert ouch gar eben;
Verse: 15    
so mag er sweben
Verse: 16    
den vinden neben.
Verse: 17    
er machet, daz die helde leben
Verse: 18    
nach sinem dienste, sere streben
Verse: 19    
gein vinden hertiglichen dar:   solch <fürste> ist sigebere.

Strophe: 85_[D] 
Verse: 1    
Die wile ein man noch schimpf und spot in herzen hat,
Verse: 2    
so wirt gut rat
Verse: 3    
der vinde, als ich gedenke.
Verse: 4    
komt aber ein & getrenke
Verse: 5    
des ernstes in den willen im,   daz tut in [ ] <vil> lenke
Verse: 6    
den vinden: so der schimpf verget,   ernest zimt [ ] bidermannen.

Verse: 7    
In stolzem ernste sol man vinde riten an,
Verse: 8    
und swer daz kan,
Verse: 9    
der mag erwerben ere,
Verse: 10    
[ ] nieman daz verkere.
Verse: 11    
swelch man den vind genöten wil,   der darf wiser lere,
Verse: 12    
ist im zerrunnen, swer da wil   den vint triben von dannen:

Verse: 13    
Der mag in mislich vinden dort,
Verse: 14    
so man beget des ernstes hort,
Verse: 15    
da slac und mort.
Verse: 16    
ouch [ ] <hinnen> vort,
Verse: 17    
- ez ist nicht triegel mir daz wort -,
Verse: 18    
swer da behelt menlich den ort,
Verse: 19    
im solt ein keiser sinen gruz   helflich zu liebe spannen.

Strophe: 86 
Verse: 1    
Ez ist ein zwifel, swer da mangem dienet hie.
Verse: 2    
ich sage iu, swie
Verse: 3    
<sie> lützel sin gedenken,
Verse: 4    
swelche ein teil sie krenken,
Verse: 5    
da sult ir nicht iuch halten bi,   [ ] iuch in zwifel senken:
Verse: 6    
iu muz geschehen sam <in> geschach,   die got stiez uz dem trone,

Verse: 7    
Do Lucifer sich het gesetzet wider in.
Verse: 8    
den selben sin
Verse: 9    
trugen <sie> in ir mute,
Verse: 10    
und brach got, der gute,
Verse: 11    
den zwifel doch mit valscher ger.   [ ] uz der himel hute
Verse: 12    
sie müsten mit einander varn,   wan da was ir kein <schonen>.

Verse: 13    
Ir edelen, tut den zwifel hin,
Verse: 14    
verfluchet und verdammet in,
Verse: 15    
habt steten sin,
Verse: 16    
daz git gewin.
Verse: 17    
denke ieslich man: ʽfür war, ich bin
Verse: 18    
der ganzen triuwe golt, nicht zin,
Verse: 19    
der angebornen herschaft min'.   got wil iuch selber krönen.

Strophe: 87 
Verse: 1    
Swer tummen liuten hohe amte werden lat,
Verse: 2    
für war, der hat
Verse: 3    
der amte wirde engenzet.
Verse: 4    
[ ] swenn der winder lenzet,
Verse: 5    
swa man den schimelwien baz   [ ] <dan> den valken krenzet,
Verse: 6    
da vint der han den edeln stein,   den er vil cleine kürnet.

Verse: 7    
Ez sin die recht, ez sin die lant, ez sin die amt,
Verse: 8    
ir craft verlamt,
Verse: 9    
swenn ir die toren walten.
Verse: 10    
[ ] daz recht wirt verspalten,
Verse: 11    
der amte wirde, nuz und spriez   [ ] müzen sich verschalten,
Verse: 12    
der lande nuz verteilet wirt:   darum man billich zürnet.

Verse: 13    
Mit clugen, wisen liuten daz
Verse: 14    
wirt unterstanden sunder haz.
Verse: 15    
in zeme ouch baz,
Verse: 16    
als ich ez maz,
Verse: 17    
^recht unde amte, die^ wurden laz,
Verse: 18    
swa sie die tumme diet besaz.
Verse: 19    
vil gut so dünket mich ein boc,   swenn er ist wol gehürnet.

Strophe: 88 
Verse: 1    
Vil manigem wol geschicht, der daz nicht kan gewegen.
Verse: 2    
man, wiltu pflegen,
Verse: 3    
daz lange si gelücke
Verse: 4    
[ ] diner helfe brücke,
Verse: 5    
so merke, wa dir wol geschehe,   [ ] ob din heil werde flücke.
Verse: 6    
denke in dich, ob duz ^verdienet hast^   mit dienste diner zungen.

Verse: 7    
Hastuz verdienet, [ ] volge solchem dienste baz.
Verse: 8    
si aber, daz
Verse: 9    
dir unverdienet worden
Verse: 10    
ist [ ] gelückes orden,
Verse: 11    
so danke got mit sinnen me,   der git [ ] allez horden,
Verse: 12    
und diene im mit solcher schicht   uf rechte hoffenunge

Verse: 13    
Und swaz du gutes hast getan,
Verse: 14    
und kom nicht von derselben ban:
Verse: 15    
gelücke kan
Verse: 16    
dir nicht engan.
Verse: 17    
last du davon, ez wil dich lan,
Verse: 18    
als ez dich vant ane allen wan.
Verse: 19    
ez widemet sich in keiner stat,   im stet der fuz zu sprunge.

Strophe: 89 
Verse: 1    
Die wile ein man in des gelückes spiegel sehe,
Verse: 2    
ich rate, er spehe,
Verse: 3    
wie sich darin gestelle
Verse: 4    
[ ] siner sicht geselle.
Verse: 5    
swaz in dem spiegel übel stunt,   bezzer [ ] ob er welle.
Verse: 6    
swaz vor nicht wol gestanden hat,   daz wirt danach vil krenker.

Verse: 7    
Ob im der spiegel wirt enpfremdet, warte er noch:
Verse: 8    
man git ein roch
Verse: 9    
zu wechsel um ein venden;
Verse: 10    
ez kan sehende blenden
Verse: 11    
und blecket sich alsam ein berg   [ ] under sinen henden
Verse: 12    
und swindet als ein gougelblic:   ja wart doch nieman [ ] lenker.

Verse: 13    
Swie wilt ez si, sin fuge ie ranc,
Verse: 14    
daz man im diene und sage danc
Verse: 15    
ane allen wanc,
Verse: 16    
so wit, so lang,
Verse: 17    
so hoch, so tief. swer des wirt kranc,
Verse: 18    
ez nimt im selde und eren banc:
Verse: 19    
nie blidenkaste so swere wart,   ezn würde im überswenker.

Strophe: 90_[A] 
Verse: 1    
Die maze ist zwischen gut und arc ein kieserin.
Verse: 2    
sie kan ouch sin
Verse: 3    
ein mittel aller dinge
Verse: 4    
[ ] swere und geringe.
Verse: 5    
die maze strichet uf ir zil,   [ ] ob ich fürbaz singe:
Verse: 6    
sie niuzet lieb, sie niuzet leit   zu vil [ ] <noch> ouch [ ] zu cleine.

Verse: 7    
<Die> maze ist ein tugent, die [ ] gar naturlich ist
Verse: 8    
ane argen list,
Verse: 9    
ob ich daz von ir künde:
Verse: 10    
[ ] swer der tugent fünde
Verse: 11    
der maze louget, der tut unrecht,   [ ] merket dise bünde.
Verse: 12    
ie me man tugentlicher werc   beget, daz heize ich reine.

Verse: 13    
Swa man die maze niezen wil,
Verse: 14    
die maze retet an daz zil.
Verse: 15    
daz niezen hil,
Verse: 16    
ez treit den swil:
Verse: 17    
der tugende werc wart nie zu vil,
Verse: 18    
untugende niezen. nach der quel
Verse: 19    
so komest du uf der tugende pfat,   fürbaz kein niezen meine.

Strophe: 91_[B] 
Verse: 1    
Nu secht die triuwe und ware minne, wisheit, [ ] zucht
Verse: 2    
mit sigenucht,
Verse: 3    
andacht, geloube und ere:
Verse: 4    
[ ] keine maze ich lere
Verse: 5    
zu disen tugenden, wizzet zwar;   swer die [ ] mizzet sere,
Verse: 6    
daz zil trit uf ein widerteil,   die lazet ungemazet.

Verse: 7    
Doch sint dri tugende, die mit [ ] maze sint bewart,
Verse: 8    
den ist sie zart:
Verse: 9    
scham, kundikeit, erbarmen.
Verse: 10    
[ ] swa die mit den armen
Verse: 11    
die maze ummehelset hat,   da wolte ich [ ] erwarmen.
Verse: 12    
zu vil geschamt, zu küne ist swach,   zu kündig ungesazet;

Verse: 13    
Swer ane maze erbarmig ist,
Verse: 14    
daz treit vil wenig samen Crist.
Verse: 15    
mensch, ob du bist
Verse: 16    
bi speher list
Verse: 17    
an angeborner maze wist,
Verse: 18    
halt ^lieb die maze^ zu aller frist.
Verse: 19    
swaz tugende der sele gehöret zu,   die ungemezzen lazet.

Strophe: 92_[C] 
Verse: 1    
An az, an tranc, an slaf, an wachen, an sitzen, an sten,
Verse: 2    
an ligen, an gen,
Verse: 3    
an sprechen und an swigen,
Verse: 4    
solt [ ] du [ ] maze nigen.
Verse: 5    
ob sie dich hat daran bewart,   nicht laz <du> sie [ ] sigen
Verse: 6    
von dir in aller diner schicht   der angebornen sachen.

Verse: 7    
Sie machet daz zu tugent, daz nicht <was> warer tugent,
Verse: 8    
starc ist ir mugent.
Verse: 9    
sie mizzet lieb mit leide
Verse: 10    
lachen, [ ] weinen beide,
Verse: 11    
gein trurec fro, gein sorgen lust,   [ ] schimpf ane unterscheide,
Verse: 12    
die ane maze weren nicht.   der maze craft bewache.

Verse: 13    
Davon ist maze tugent genant;
Verse: 14    
swenn sie versnidet <in> ir rant,
Verse: 15    
al mit der hant
Verse: 16    
er wirt entrant:
Verse: 17    
zu cleine ist ir nicht bekant,
Verse: 18    
zu vil sie wirfet an die want.
Verse: 19    
sie sitzet zwischen gut und arc   unter eim spehen dache.

Strophe: 93_[A] 
Verse: 1    
Triuwe ist der waren minne swester, wizzet daz.
Verse: 2    
ich sage iu baz:
Verse: 3    
ein muter des gelouben.
Verse: 4    
wie sol ich den touben
Verse: 5    
des vollen unterscheide geben?   [ ] swer mit nazzen schouben
Verse: 6    
ein snellez fiur entzünden wil,   der darf wol speher hitze.

Verse: 7    
Die triuwe ist zwischen got und uns ein sün<noch
Verse: 8    
triuwe ist ein schrin
Verse: 9    
der grozen hoffenunge.
Verse: 10    
[ ] triuwe ist ein barmunge,
Verse: 11    
ein werc der cristenlichen e,   [ ] herze und ir zunge.
Verse: 12    
triuwe ist der heilikeit urspring   und aller guten witze.

Verse: 13    
Des <cristen> walstab triuwe ist.
Verse: 14    
triuwe opfert got für uns den Crist,
Verse: 15    
der alle frist
Verse: 16    
mit siner list
Verse: 17    
getirmet hat. du, mensche, bist
Verse: 18    
vor im ein asche und ein mist.
Verse: 19    
wilt du zu himel riche sin,   laz dich die triuwe besitzen.

Strophe: 94_[B] 
Verse: 1    
Triuwe unde recht ein ieslich mensche solte haben
Verse: 2    
genzlich gegraben
Verse: 3    
in herze und in sinne,
Verse: 4    
triuwe ist ein beginne,
Verse: 5    
da cristen, heiden, juden wesen   [ ] ist beslozzen inne.
Verse: 6    
ein ieslich ding muz triuwe haben   und recht nach siner achte.

Verse: 7    
Recht ist in allen dingen vollekomenheit,
Verse: 8    
[ ] triuwe ist bereit
Verse: 9    
[ ] <dem> recht an allen dingen,
Verse: 10    
[ ] ob er daz wil verbringen.
Verse: 11    
ein ieslich ding muz triuwe han,   [ ] sol im wol gelingen.
Verse: 12    
ich clage, daz hoher mut die zwei   vil cleine <wil> betrachten.

Verse: 13    
Bedechten sie recht, triuwe [ ] <mit> scham
Verse: 14    
und heten liep der zweier stam,
Verse: 15    
so blibe ir nam
Verse: 16    
in selden zam.
Verse: 17    
nu sint sie disen beiden gram;
Verse: 18    
des welle sie got alle sam
Verse: 19    
daz abgründe in sich slinden lan.   [ ] daz hiez <er> den geslachten.

Strophe: 95_[C] 
Verse: 1    
Untriuwe veiget: daz erschein, do Julian
Verse: 2    
tet valschen wan
Verse: 3    
dem recht und ouch dem eide.
Verse: 4    
daz quam im [ ] zu leide,
Verse: 5    
swie untriuwe und spehe gewalt   [ ] mit im waren beide:
Verse: 6    
do er die hant stiez in den munt   dem bilde uf argen willen,

Verse: 7    
Daz bilde enliez die hant nicht uz dem munde wider;
Verse: 8    
^gemelt wart^ sider
Verse: 9    
an im ^valsch und die^ schande;
Verse: 10    
[ ] wandel maniger hande
Verse: 11    
der abgot rach: der triuwe bruch   [ ] man so swach erkande.
Verse: 12    
wa sint sie nu, die solchen truz   und solchez wunder billen,

Verse: 13    
Sit daz so maniger uf sie swert,
Verse: 14    
davon sich triuwe und craft verschert?
Verse: 15    
recht daz volfert,
Verse: 16    
untriuwe sie zert.
Verse: 17    
würde in daruf <daz> meil erwert,
Verse: 18    
so spehe witze sie ernert.
Verse: 19    
valsch <nu> uz valsche gougelt man,   der valant müze sie stillen.

Strophe: 96_[D] 
Verse: 1    
Triuwe ist ein schilt, den ieslich mensche tragen sol
Verse: 2    
eben unde wol
Verse: 3    
<unz> an sins endes wallen.
Verse: 4    
nieman laze in vallen
Verse: 5    
wan er kan leiten in den tron,   [ ] da die engel schallen.
Verse: 6    
swer in verlat, der hat verlan   der engel samenunge.

Verse: 7    
Die herren solten billich triuwe haben liep,
Verse: 8    
sit daz der diep,
Verse: 9    
untriuwe, ist so freislich
Verse: 10    
[ ] tiufelheftig, eislich.
Verse: 11    
& ^ir zunge und der helle hamer^,   [ ] die sint gar unmeizlich
Verse: 12    
als ein gesmide, daz man slecht,   und wirt so ser betwungen &:

Verse: 13    
Untriuwe was der erste val,
Verse: 14    
von ir quam übermut ane zal,
Verse: 15    
sie warf zu tal
Verse: 16    
der engel schal,
Verse: 17    
der was so ringe als ein bal:
Verse: 18    
des ist ir noch die helle zu smal.
Verse: 19    
uf erden nie nicht veigers wart   wan untriuwe und ir zunge.

Strophe: 97_[a] 
Verse: 1    
Ei, swa daz recht gewaltes meister solte wesen,
Verse: 2    
da were genesen
Verse: 3    
die triuwe und menlich ere.
Verse: 4    
ich spür in der lere:
Verse: 5    
gewalt tu wol, gewalt tu we,   swelchen weg [ ] <er> kere.
Verse: 6    
got gab gewalt, <gewalt> ist gut   den liuten und den geisten.

Verse: 7    
Gewalt, der mag sich selber swachen, touben ouch.
Verse: 8    
er ist ein gouch,
Verse: 9    
[ ] swer <icht> da wider sprichet.
Verse: 10    
[ ] swa gewalt recht brichet,
Verse: 11    
da hat gewalt geswachet sich,   [ ] daz got selber richet,
Verse: 12    
und swa gewalt daz recht beget,   da komt ez zu dem meisten.

Verse: 13    
Gewalt ist in im selber gut:
Verse: 14    
gut oder swach ist, daz [ ] <er> tut.
Verse: 15    
swa herren mut
Verse: 16    
ist so behut,
Verse: 17    
daz sin gewalt me tugent lut,
Verse: 18    
der edelt sich und ouch sin blut.
Verse: 19    
ir herren, tut gut mit gewalt,   welt ir dem schepfer leisten.

Strophe: 98_[b] 
Verse: 1    
Got gab ouch allen den gewalt, [ ] der <da> ie wart,
Verse: 2    
gar unverspart
Verse: 3    
^ane alle missewende
Verse: 4    
[ ] wol an manigen enden.^
Verse: 5    
der vint sprach: ʽher, gib mir gewalt,   daz ich [ ] Job behende
Verse: 6    
versagen müge, so tun ich ez.'   got sprach ouch zu Pilaten:

Verse: 7    
ʽDu hetest kein gewalt, were er dir nicht gegeben,
Verse: 8    
al um daz leben.'
Verse: 9    
[ ] swer ez nicht <gar> bedenket,
Verse: 10    
[ ] in sin herze senket,
Verse: 11    
swer ie tut mit gewalt unrecht   und [ ] daz recht hie krenket:
Verse: 12    
swes ir gein got bestanden sit,   welt ir iuch wol beraten?

Verse: 13    
Gehorsam leistet man iu, swie
Verse: 14    
^ir traget^ gewalt mit rechte hie.
Verse: 15    
so merket ie
Verse: 16    
got vater sie,
Verse: 17    
der unrecht mit gewalt begie:
Verse: 18    
der ware got [ ] <inz> nie verlie.
Verse: 19    
da got uns immer vor bewar,   des ie die wisen baten.

Strophe: 99 
Verse: 1    
<...>
Verse: 2    
<...>
Verse: 3    
<...> bindet gar   zwar ez hilfet im cleine.
Verse: 4    
were ez mit stale wol bedacht,   ez müste doch jungest vallen.

Verse: 5    
Swer oben wol gebuwet hat
Verse: 6    
und unden uf losem grunde stat
Verse: 7    
und sinen rat
Verse: 8    
an einen lat,
Verse: 9    
der sus mit dürkel umme gat,
Verse: 10    
daz ist nicht wises mannes tat:
Verse: 11    
sich, swer daz tut, der muz mit mir   den schaden ouch bekallen.

Strophe: 100 
Verse: 1    
Ir hohen vrouwen, reinen wib, iu si gesaget:
Verse: 2    
vrou Minne claget
Verse: 3    
über iuch mit holdem mute:
Verse: 4    
in der vröuden hute
Verse: 5    
sit ir vil ofte al unbewart,   gut stet wol bi gute.
Verse: 6    
sie claget ouch, daz ir nicht erkennet   wenn und wa der wünne.

Verse: 7    
Sie claget an iu versumen und vergahen ouch.
Verse: 8    
der selden rouch
Verse: 9    
sich von der lere erquicket.
Verse: 10    
mir hat Minne entstricket,
Verse: 11    
daz vrouwen zucht ir erbe si,   scham ir lieblich blicket.
Verse: 12    
trost, heil, hort, aller tugende ursprinc   lit bi dir, wibes künne.

Verse: 13    
Sus Minne ir vriunde malet ja
Verse: 14    
durch roten gruz unmechtic bla,
Verse: 15    
uf blinder sla
Verse: 16    
ein sendez gra.
Verse: 17    
wat git sie dem dort, hie und da.
Verse: 18    
zwei lieb den tusent volgen na.
Verse: 19    
kür Minne an sich manlichen mut,   ich wene, ir icht entrünne.

Strophe: 101 
Verse: 1    
Zwar wib, sit du der hosten wünne ein garte bist,
Verse: 2    
dar in mit list
Verse: 3    
die minne uz blicken touwet,
Verse: 4    
<....... schouwet>
Verse: 5    
der blumen lust - ich höre, sie sin   maget und doch gevrouwet -
Verse: 6    
durch vollen wunsch iu ist geworcht   ein kranz in wibes güte.

Verse: 7    
Da des gedanken snelle wirt gevangen mit,
Verse: 8    
wer kan den schrit
Verse: 9    
uz herze in herzen arke?
Verse: 10    
ja, du Minne starke, -
Verse: 11    
du blümest wol der vrouwen site   uz dem richen sarke,
Verse: 12    
da pris, da lob nie wart volzalt   in wernder eren vlüte.

Verse: 13    
Ich muz ein lieblich strafen zern
Verse: 14    
dir, Minne, und doch kein wandel nern:
Verse: 15    
du soldest wern,
Verse: 16    
da wib verhern
Verse: 17    
ir vriunt und leit durch lieb beschern,
Verse: 18    
ir vinden doch nicht arges swem.
Verse: 19    
ja, Minne, sprich: ʽda lit ein we,   daz git ein rich gemüte.'

Strophe: 102 
Verse: 1    
Maget, wib und vrouwe, da lit aller selden goum.
Verse: 2    
maget ist ein boum:
Verse: 3    
der ersten kiusche blumen
Verse: 4    
von ir magetume,
Verse: 5    
heilrich ursprinc, des wunsches wesen -   aller sinne gumen,
Verse: 6    
die kunden nicht die süzen art   volloben der kiuschen megede.

Verse: 7    
Swenn aber der süzen blumen lust durch menlich list
Verse: 8    
gevallen ist,
Verse: 9    
wib nennet man sie denne.
Verse: 10    
ob ich rechte erkenne,
Verse: 11    
den namen Wunne Irdisch Paradis   ich von schulden nenne.
Verse: 12    
lob si dir, wib, durch vreuden namen   und durch din biltbehegede!

Verse: 13    
Ouch ob sie menlich recht begat
Verse: 14    
und vrucht gebirt, alrest den rat,
Verse: 15    
daz hoste phat
Verse: 16    
errungen hat:
Verse: 17    
vrouwe ist ein name, ir billich lat:
Verse: 18    
der [ ] nuz uf al ir wirde stat,
Verse: 19    
vrouwe ist ein name, der menschen sin   treit zu der lust gejegede.

Strophe: 103 
Verse: 1    
Adam, ez wart von gote ein ebenbilde fin
Verse: 2    
der forme din.
Verse: 3    
dir was nicht wol aleine,
Verse: 4    
uz dins rippes beine
Verse: 5    
zilte er ein sie nach dir gestalt,   diz gab dir der reine.
Verse: 6    
du, man, 'mennin' ez nach dir hiez,   nicht anders ich ez nenne.

Verse: 7    
Adam, sit gebe du allen dingen sunder namen,
Verse: 8    
wilde unde zamen.
Verse: 9    
wie nantestu din rippe?
Verse: 10    
saget mir daz din lippe?
Verse: 11    
sprich: ʽja, ich nante sie weichelmut'.   der was do din sippe.
Verse: 12    
ʽsit nante ich ez gebererin'.   der man sin schate erkenne.

Verse: 13    
Mennor der erste was genant,
Verse: 14    
dem diutisch rede got tete bekant.
Verse: 15    
er sprach zuhant:
Verse: 16    
ʽvro-we, din bant
Verse: 17    
manlichez, wirde ein vollez lant,
Verse: 18    
din we uns hie heil, selde vant.'
Verse: 19    
wa durch, von wem wib wart genant,   daz weiz ich wol, wa, wenne.

Strophe: 104 
Verse: 1    
Vrankriche, ich nenne dich durch Wippeon den künic.
Verse: 2    
des mut was rünic.
Verse: 3    
er hiez der kindel varen,
Verse: 4    
die da meidel waren,
Verse: 5    
unz sie verlurn der blumen lust   mit der meide jaren;
Verse: 6    
so was im lieb ir stolzer lib,   unz daz sie wurden swanger.

Verse: 7    
San musen sie daz lant im rumen immer me.
Verse: 8    
die sunder e
Verse: 9    
tet manigen vreuden dünn.
Verse: 10    
merket, welch ein wünne:
Verse: 11    
der blumen lust, der vrüchte bar,   secht, daz mittenkünne,
Verse: 12    
daz was sin trost, sin heil, sin hort,   al siner vreuden <anger>.

Verse: 13    
Daz mittel-sie dem künige zam,
Verse: 14    
sus wib von Wippeone quam,
Verse: 15    
kurtois der nam,
Verse: 16    
bar billicher scham.
Verse: 17    
o vrouwe, sich, ist diz wort din stam?
Verse: 18    
durch nuz uf selden wage ie swam
Verse: 19    
din pris, din lob, din bernder grunt   gein allem wandel zanger.

Strophe: 105 
Verse: 1    
Ane arebeit vil selten lob, lon, wirde komt.
Verse: 2    
swer hie zu vromt
Verse: 3    
ein losen <.....>
Verse: 4    
<......> waz ich scheide:
Verse: 5    
weder ist ir lob billicher dem,   der lieb, leit mit vreide
Verse: 6    
wol treit, oder dem, der durch daz lon   nicht komt in not gevere?

Verse: 7    
Wib, vrouwe menlich wunne beide wirken grob.
Verse: 8    
durch wirdic lob
Verse: 9    
doch grifen vrouwen vrone
Verse: 10    
vürbaz nach dem lone
Verse: 11    
durch geistes gunst, durch menschen nicht,   durch naturen krone
Verse: 12    
mit bernder we, mit lustes twanc,   ouch mit der bürden swere.

Verse: 13    
Wib bringen vreidenrichen glast,
Verse: 14    
dar an ouch vreuden nie gebrast.
Verse: 15    
wib, sunder last,
Verse: 16    
ein blünder ast,
Verse: 17    
daz spürt und me der vrouwen gast:
Verse: 18    
ir boum treit schaten, obez, nutzez mast.
Verse: 19    
wib sunder ach ein süzer nam,   doch vrouwe ie bezzer were.

Strophe: 106 
Verse: 1    
Lobe ich die wib, dannoch sint vrouwen ungelobet,
Verse: 2    
da bi verobet
Verse: 3    
der vrouwen pris die beide
Verse: 4    
mit des lobes kleide.
Verse: 5    
sint vrouwen wib, wib vrouwen nicht?   ja, durch lieb, durch leide.
Verse: 6    
vrouwe ist ein name, der al ir art   mit einem nennen decket.

Verse: 7    
Unwib sint under vrouwen ouch, daz prüfe ein man.
Verse: 8    
swer merken kan,
Verse: 9    
der volge miner witze
Verse: 10    
nach des rechtes spitze.
Verse: 11    
e daz ein wib mit bernder we   vrouwen stul besitze,
Verse: 12    
wie solde ir nam geheizen sin,   ob sich ir wandel wecket?

Verse: 13    
Man sinne ez uz, man sinne ez in,
Verse: 14    
kein vrouwe enmac sie nicht gesin.
Verse: 15    
ir nemeliche pin
Verse: 16    
muz in den schrin,
Verse: 17    
da sich der vrouwen wanc unfin
Verse: 18    
ouch birget nach den kunden min:
Verse: 19    
in beiden wirt ein wandelnam   ʽunwib' dar uf gestecket.

Strophe: 107  G
Verse: 1    
Der wibe name grozer ist dan vrouwen lob.
Verse: 2    
kleine oder grob,
Verse: 3    
kurz oder lanc genennet,
Verse: 4    
swie manz joch bespennet,
Verse: 5    
sint vrouwen wib, wib vrouwen lib.   kieset unde erkennet:
Verse: 6    
wie möchten vrouwen wib gesin,   die wib enweren vrouwen?

Verse: 7    
Unvrouwen unde unwib ist vil. waz wil ich des
Verse: 8    
gemeldet? wes
Verse: 9    
möchte ich die baz der sprüche,
Verse: 10    
daz ich rüge ir brüche?
Verse: 11    
ir wandelname, ir wanc, ir we,   ob daz vor mir krüche,
Verse: 12    
doch sünge ich guter wibe lob,   der pris nie wart verhouwen.

Verse: 13    
Man glose ez hin, man glose ez her,
Verse: 14    
mit reinen wiben ich gewer
Verse: 15    
wol vrouwen, der
Verse: 16    
mut hat die ger,
Verse: 17    
daz ere in ir becher mer.
Verse: 18    
ungerne ich solcher hulde enber.
Verse: 19    
wib ist ir erste name, da von   sint vrouwen & uf gebrouwen.

Strophe: 108  G
Verse: 1    
Ich spriche: ʽwib', der name ist ob den vrouwen ho.
Verse: 2    
nu merket: do
Verse: 3    
die hochgezit was uf erden,
Verse: 4    
do got liez gewerden
Verse: 5    
von wazzer win, die muter sin   gutlich mit geberden
Verse: 6    
sprach: ʽsun, hie enist kein win <nicht> me.'   sien redete nicht um vuter.

Verse: 7    
In schenkevazzen wazzer san zu wine wart.
Verse: 8    
sin gotlich art,
Verse: 9    
die erscheinte sich da schone.
Verse: 10    
lob wart im zu lone.
Verse: 11    
do vreuwete sich der zeichen kraft   al der megede krone.
Verse: 12    
ʽwib, desne han ich nicht von dir,'   sus sprach er, got vil guter.

Verse: 13    
Er hat ir wibes namen gegeben,
Verse: 14    
do er nicht langer solte leben.
Verse: 15    
in todes streben
Verse: 16    
er sunder reben
Verse: 17    
gab sine muter sime neben.
Verse: 18    
sin herze muste in milde sweben,
Verse: 19    
do er sprach: ʽwib, diz ist din sun,   junger, diz ist din muter.'

Strophe: 109  G
Verse: 1    
Künde ich in disem kriege nu geschaffen daz,
Verse: 2    
daz mir die baz
Verse: 3    
wib unde vrouwen günden!
Verse: 4    
nu hört, lat mich iu kunden:
Verse: 5    
swer sie mit ichte scheidet, der   wirret sich in sünden.
Verse: 6    
ir namen, ir forme, ir lib, ir lit   hat got in ein geeinet.

Verse: 7    
Swie nu der namen zwene sin, ein einic lib
Verse: 8    
ist vrouwe und wib.
Verse: 9    
wil man ez rechte erkennen,
Verse: 10    
so mac man wol nennen
Verse: 11    
die vrouwen wib, wib vrouwen ouch.   zware einer hennen
Verse: 12    
vuz gebe ich nicht um iuwern kriec,   sit daz wib vrouwe meinet

Verse: 13    
Und vrouwe wib. nu lazet abe!
Verse: 14    
verleitet iuch des krieges gabe,
Verse: 15    
der helleknabe
Verse: 16    
vreut sich der habe.
Verse: 17    
vürt ir den kriec mit iu zu grabe,
Verse: 18    
so lent ir zu eime kranken stabe.
Verse: 19    
bricht er, ir snabet über ein zil,   daz iu niur val erscheinet.

Strophe: 110  G
Verse: 1    
Gesanges friunt, war umme strafest du die wip?
Verse: 2    
din selbes lip,
Verse: 3    
der quam von wibes libe.
Verse: 4    
du bist von einem wibe
Verse: 5    
geborn als ich. nu widersprich!   la sehen, wer mich tribe
Verse: 6    
von dem gelouben, den ich weiz,   daz dich ein wip gebere.

Verse: 7    
Ob <ich> sie nande vrouwe [ ] <und> wip, die dich gebar,
Verse: 8    
seite ich unwar
Verse: 9    
ald hete ich war gesprochen?
Verse: 10    
& ist dir icht gebrochen
Verse: 11    
an vrouwen art, die schult ist din   alle dise wochen &:
Verse: 12    
ob ich ir spreche ʽvrouwe und wip',   die kindes muter were,

Verse: 13    
Ich hete an beiden war gesaget.
Verse: 14    
swie wilen hiez ein wip ein maget,
Verse: 15    
ez ist verklaget
Verse: 16    
und wirt verdaget.
Verse: 17    
des krieges bin ich unverzaget:
Verse: 18    
ich vichte, daz mir min gugel waget.
Verse: 19    
schimpf unde spot, schilt unde sper   han ich zu kampfes gere.

Strophe: 111 
Verse: 1    
Die tummen jehen, got spreche siner muter: ʽwib'.
Verse: 2    
valsch ist ir trib,
Verse: 3    
er sprach: ʽdu vroulich künne'.
Verse: 4    
swie gar menschen wünne
Verse: 5    
von wiben kome, doch were ez valsch,   der in dort hin spünne,
Verse: 6    
da'z engels kunst noch menschen sin   nicht kunnen wol bescheinen.

Verse: 7    
Daz wort mac, weiz got, vrouwe sprechen michel baz,
Verse: 8    
nu merket, daz
Verse: 9    
ʽvrouwe der engel horden
Verse: 10    
vro' nimt baz ir orden;
Verse: 11    
swie wite zitet naturen we,   ir gelt we was worden.
Verse: 12    
doch mac daz wort wol sprechen meit,   sit got wolte ez dar leinen.

Verse: 13    
Sie jehen, got spreche: ʽmulier'.
Verse: 14    
daz ist ouch mins gelouben ger.
Verse: 15    
& nu schrenket wer
Verse: 16    
diz drivach sper
Verse: 17    
noch; welchez wiltu leinen her
Verse: 18    
ob aller himel wernder wer?&
Verse: 19    
ez sprach da nicht wan vrouwen slacht,   swaz anderswa sie meinen.

Strophe: 112 
Verse: 1    
Got der hat nicht gesprochen, ez ensi allez war,
Verse: 2    
die rede ist clar.
Verse: 3    
min witze müste ich rouben,
Verse: 4    
jehe ich nach den touben,
Verse: 5    
got spreche siner muter ʽwib'.   vromt daz dem gelouben?
Verse: 6    
des weiz ich nicht. wib muz den val   der blumen han geneiget.

Verse: 7    
Got sprach zu siner muter jüdisch, latin nicht.
Verse: 8    
die schrift des gicht.
Verse: 9    
nante er sie nach der vrüchte
Verse: 10    
- daz zam wol der züchte -,
Verse: 11    
so sprach er ʽvrouwe' und nicht ʽwib':   vro we bernder trüchte,
Verse: 12    
vro von der lust, we durch die burt;   daz we nature sweiget.

Verse: 13    
Er hat sich selber tot geslagen,
Verse: 14    
swer sinen vint sich hilfet jagen.
Verse: 15    
diz liute sagen
Verse: 16    
mac wol behagen
Verse: 17    
den juden; well wir in so tagen
Verse: 18    
und uns die nacht zu huse tragen?
Verse: 19    
die glose ist valsch, got sprach nicht ʽwib',   sin wort sich ʽvrouwe' erzeiget.

Strophe: 113 
Verse: 1    
Ein maget heizet wol ein vrouwe rechter schult,
Verse: 2    
durch kiusche dult
Verse: 3    
swenn sie ir art verdemphet,
Verse: 4    
daz ir blume an kemphet.
Verse: 5    
der strit ir zilt so süze ein we   uf ein vro gestemphet,
Verse: 6    
swenn sie uns tragen ein lebendez vro   in spilnder ougen weide.

Verse: 7    
Ein wib, die mac sich vrouwen wol ane lebende vrucht
Verse: 8    
mit voller zucht
Verse: 9    
der durnechtigen stete
Verse: 10    
gar bar slimmer wete.
Verse: 11    
der kriec ergrüet süzen namen   mit der tugende rete.
Verse: 12    
von art ein wib, von tugent ein vrouwe   und ouch von art die beide.

Verse: 13    
Der vrüchte tugent, der blumen art
Verse: 14    
han vrouwen namen so ho geschart.
Verse: 15    
niur art, wib zart,
Verse: 16    
dich hat entspart.
Verse: 17    
von künec Wippeone wart
Verse: 18    
dim mittel-sie des namen vart.
Verse: 19    
vrouwe, an dir artet blünde blut   und tugent in berndem kleide.

Strophe: 114 
Verse: 1    
Man sicht in miner vünde krame, swer da wil,
Verse: 2    
des ringen vil.
Verse: 3    
man vünde ouch lichte daz tiure,
Verse: 4    
hiure und ungehiure
Verse: 5    
dem spehen scharf, dem slechten weich   nach der witze stiure.
Verse: 6    
ez zimt daz hie, daz dort nicht zimt,   daz dort, daz hie nicht zeme.

Verse: 7    
Swa spehe merke sinnes valken vliegen lat,
Verse: 8    
san nime ich rat
Verse: 9    
zu mir, swenn ichz ervreische:
Verse: 10    
mit der vünde vleische
Verse: 11    
löcke ich im so, daz er zuhant   spürt, daz ich in eische.
Verse: 12    
wart er mit kunst gelocket ie,   licht wirt im ruf geneme.

Verse: 13    
Des weichen sinnes valken vluc,
Verse: 14    
die spehe ist im niur ein druc.
Verse: 15    
der slechte ruc,
Verse: 16    
der weiche zuc
Verse: 17    
im leisten müzen vollen kluc.
Verse: 18    
unt tete die spehe im einen tuc,
Verse: 19    
sus müse sin ger weide irren sich,   daz er ir nicht bequeme.

Strophe: 115 
Verse: 1    
Swaz ie gesang Reimar und der von Eschenbach,
Verse: 2    
swaz ie gesprach
Verse: 3    
der von der Vogelweide,
Verse: 4    
mit [ ] vergoltem kleide
Verse: 5    
ich, Vrouwenlob, vergulde ir sang,   als ich iuch bescheide.
Verse: 6    
sie han gesungen von dem feim,   den grunt han sie verlazen.

Verse: 7    
Uz kezzels grunde gat min kunst, so gicht min munt.
Verse: 8    
ich tun iu kunt
Verse: 9    
mit worten und mit dönen
Verse: 10    
[ ] ane sunderhönen:
Verse: 11    
noch solte man mins sanges schrin   gar rilichen krönen.
Verse: 12    
sie han gevarn den smalen stig   bi künstenrichen strazen.

Verse: 13    
Swer ie gesang und singet noch
Verse: 14    
- bi grünem holze ein fulez bloch -,
Verse: 15    
so bin ichz doch
Verse: 16    
ir meister noch.
Verse: 17    
der sinne trage ich ouch ein joch,
Verse: 18    
dar zu bin ich der künste ein koch.
Verse: 19    
min wort, min döne traten nie   uz rechter sinne sazen.

Strophe: 116  G
Verse: 1    
Gum, giemolf, narre, tore, geswig der toten kunst!
Verse: 2    
min munt, min gunst,
Verse: 3    
die widersagen dir beide.
Verse: 4    
gichst, [ ] <mit> vergultem kleide
Verse: 5    
vergultest du der meister sang,   die uf der künste heide
Verse: 6    
gebrochen han und brechen noch   vil rosen speher fünde?

Verse: 7    
Der kempfe wil ich aller sin: din kunst muz snaben,
Verse: 8    
ich wil durchgraben
Verse: 9    
dir dines sinnes kezzel.
Verse: 10    
din kunst ist mir ein nezzel
Verse: 11    
gein violricher meisterschaft.   sitze ab der künste sezzel,
Verse: 12    
dar uf sie sazen! des wil ich   wol sin ir aller urkünde,

Verse: 13    
Ob du des nicht gelouben wilt:
Verse: 14    
wol her, ich für ir aller schilt.
Verse: 15    
min sang dir gilt
Verse: 16    
gar unverzilt.
Verse: 17    
dins giudens mich gar sere bevilt,
Verse: 18    
min kunst dir durch den kezzel spilt.
Verse: 19    
lan tote und lebende dich vri,   sliuz uf min eins gebünde.

Strophe: 117  G
Verse: 1    
Der wage simz, der künste bimz, nimz unde gimz!
Verse: 2    
tolmetsche, vernimz!
Verse: 3    
wilt du uns tiutsch vertolken?
Verse: 4    
schenke uns nicht surez molken!
Verse: 5    
die sprüche din nim ich vür wint,   sie varn durch ein wolken.
Verse: 6    
din lichte kunst nu schouwen lat,   waz ie die meister sungen.

Verse: 7    
Her Walther unde zwen Reimar, ein Wolferam,
Verse: 8    
der künste stam
Verse: 9    
mit sange noch uz in loubet.
Verse: 10    
ja, sam mir min houbet,
Verse: 11    
ir wurzelkraft hat lob bejaget.   swer sie des beroubet,
Verse: 12    
der gebe mir zil, ich antwürte ims.   hie wirt die rede betwungen,

Verse: 13    
Daz er ein teil sin brangen lat,
Verse: 14    
der also vil gewolkert hat.
Verse: 15    
sin sang, der stat
Verse: 16    
rechte als die wat,
Verse: 17    
die niender kein gelenke hat,
Verse: 18    
da vedemen [ ] grinen durch die nat.
Verse: 19    
la, tummer man, din rumen varn,   louf spilen mit den jungen.

Strophe: 118  G
Verse: 1    
Vil manger singer gicht, er künne hohe kunst,
Verse: 2    
des kunst vernunst
Verse: 3    
vil kleine hat getichtet.
Verse: 4    
er muz wol berichtet
Verse: 5    
sin alle zit und alle stunt,   des munt rechte slichtet
Verse: 6    
döne unde wort, die krummes bar   die werden meister lasen,

Verse: 7    
Die vor uns han gestrichen uf der künste pfaden.
Verse: 8    
est überladen
Verse: 9    
mit tummer liute raten,
Verse: 10    
der fru unde spate
Verse: 11    
sin törschez singen üben wil   den, die doch baz naten
Verse: 12    
mit richen worten wol gemezzen   von ir sinnes maze.

Verse: 13    
Da von lat iuwer singen varn,
Verse: 14    
ir gugelgiegen, sinnes arn!
Verse: 15    
gat iuch enbarn
Verse: 16    
der künste scham
Verse: 17    
und sitzet an die sunnen warn
Verse: 18    
und trinket da des pfules harn
Verse: 19    
uz köpfen böse & in ir mein rechte,   daz sie sin swassen &.

Strophe: 119  G
Verse: 1    
Heinrich, e diner zit ist vrouwen lob gewest.
Verse: 2    
vil schone ez jest,
Verse: 3    
Walther, in dime sange.
Verse: 4    
ir lobs guldin spange
Verse: 5    
was Reimar alle sine jar.   zware ir sanges stange
Verse: 6    
wirt gegen dir zu kampfe getragen,   e sie din guft verkrenket.

Verse: 7    
Dins mundes klechel stürmet sere uf iren schaden.
Verse: 8    
got müze in gnaden,
Verse: 9    
sie mügenz nicht geanden.
Verse: 10    
ir sanc in den landen
Verse: 11    
ist werder wan din immer wirt.   bac bringet dich zu schanden.
Verse: 12    
din torensin mit affenheit   niur narren win dir schenket.

Verse: 13    
Sie han mit sange vrouwen baz
Verse: 14    
gelobet, daz red ich ane haz.
Verse: 15    
din lob was laz,
Verse: 16    
do ich ez maz
Verse: 17    
gein irem lobe, gekrönet baz
Verse: 18    
ir lob dan din stunt, wizze daz!
Verse: 19    
sie han mit sange in eren hove   dem vrouwen lobe gebenket.

Strophe: 120  G
Verse: 1    
Sich biuxt in einer vremder rede ein talken korn.
Verse: 2    
boc ane horn
Verse: 3    
und rint mit esels vüzen,
Verse: 4    
lerne mich so grüzen
Verse: 5    
den stummen, daz ers sage danc,   und mit gallen süzen
Verse: 6    
ein honic, daz du bitter weist!   daz triuwe ich wol verschulden.

Verse: 7    
Du wetterletzest, daz der dunre muz verzagen:
Verse: 8    
er wirt erslagen,
Verse: 9    
komt er dir so nahen,
Verse: 10    
daz du in ergahen
Verse: 11    
mit ichte macht, so mac er sich   helfe nicht vervahen.
Verse: 12    
tu gnade an im, sit daz er muz   din swerez twingen dulden.

Verse: 13    
Du gichst ʽgeperlt in spiegelspriez
Verse: 14    
viur, wazzer, luft unde erden griez'.
Verse: 15    
han sies geniez,
Verse: 16    
die got verstiez,
Verse: 17    
daz er dich mensch ie werden liez,
Verse: 18    
daz wirt dir leit. der helle spiez
Verse: 19    
richt ez dort an der sele din,   ob du nicht komest zu hulden.

Strophe: 121  G
Verse: 1    
Ein kunderfeit wart mir durch schouwen vür getragen.
Verse: 2    
torste ich ez klagen,
Verse: 3    
mich trouc sin übergulde.
Verse: 4    
unverdienter schulde
Verse: 5    
barc sich in vriundes bilde haz.   ez sol der von Vulde
Verse: 6    
wol rechen, sit ich nicht entar   vor vorchten sin geanden.

Verse: 7    
Wer weiz des gougeleres lon, e dan erz sicht?
Verse: 8    
man spricht, daz nicht
Verse: 9    
abent aller tage entstunde,
Verse: 10    
swer der rede kunde
Verse: 11    
gewunne, secht, die glose er wol   ane vrage vünde:
Verse: 12    
die merker jen, man müge sie wol   begrifen mit den handen,

Verse: 13    
Sit daz sie unvermuret stet
Verse: 14    
und ieslich sin sie wol bevet.
Verse: 15    
der text mir jet,
Verse: 16    
swer ir list spet,
Verse: 17    
daz er den sin nicht überset.
Verse: 18    
hie drische ich, daz du hast gemet.
Verse: 19    
sus wirt vergolten dir der zins,   den ich dir sol, mit schanden.

Strophe: *122 
Verse: 1    
ʽNu hulde mir, ich wil dich hie zu knechte entfan!'
Verse: 2    
ʽdaz wirt getan
Verse: 3    
mit disem underscheide:
Verse: 4    
mine hende beide
Verse: 5    
wil ich iu valten uf den trost,   daz die ougen weide
Verse: 6    
des sanges mir werde offenbar.'   ʽdaz sol dir wol geschehen.

Verse: 7    
Du zimst mir zu eim knechte wol, sit daz du wilt
Verse: 8    
des sanges schilt
Verse: 9    
unde anders keinen vüren.'
Verse: 10    
ʽich wil in so rürt.

Verse: 11    
swa es not ist, daz manz schouwen sol,   an al sinen snüren'.
Verse: 12    
ʽswa du den sanc zu kurz, zu lanc   erverst, den soltu smehen!

Verse: 13    
Daz wirt dir lieb, des warte an mich.
Verse: 14    
sich an der rime pinselstrich,
Verse: 15    
daz liebet dich.
Verse: 16    
mit sinne brich
Verse: 17    
in wehe sprüche, daz rate ich.
Verse: 18    
zu sanges sinne ebene sich.'
Verse: 19    
ʽich tun. besigelt mir diz liet.   ez suln die besten sehen'.



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This text is part of the TITUS edition of Heinrich von Meissen, Frauenlob.

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