TITUS
Ulrich von Eschenbach, Alexander
Part No. 219
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Chapter: 225  
Sonnen- und Mondbaum


Verse: 25887       ûf der ouwe, er lac,
Verse: 25888    
vernam er alsô süeʒen smac,

Verse: 25889    
als ob alle würze wærn zerriben,
Verse: 25890    
von den man vindet geschriben.

Verse: 25891    
gar süeʒe weide und guoteʒ gras
Verse: 25892    
vil des ze wege was.

Verse: 25893    
der werde fürste junge
Verse: 25894    
vant guot wonunge.

Verse: 25895    
waʒ sie ê kummers dolten,
Verse: 25896    
wol sie sich des erholten.

Verse: 25897    
die boten, die er het gesant,
Verse: 25898    
die quâmen vür den wîgant.

Verse: 25899    
sie jâhen daʒ sie niht vunden
Verse: 25900    
und niht gemerken kunden,

Verse: 25901    
daʒ in inder nâhen wære
Verse: 25902    
gebûwet lant: daʒ was in swære.

Verse: 25903    
hieʒ im der künic wert
Verse: 25904    
balde bringen sîn phert.

Verse: 25905    
dar ûf saʒ er und reit von dan.
Verse: 25906    
Tholomêus und manec ander man

Verse: 25907    
die riten mit dem fürsten
Verse: 25908    
ûf dem velde und wâren frô:

Verse: 25909    
ir swære sie beclagten,
Verse: 25910    
von irre nôt sie sagten,

Verse: 25911    
der sie vil hâten erliten,
Verse: 25912    
und tâten daʒ doch in vröuden siten.

Verse: 25913       
sach der künic einen man
Verse: 25914    
verre ûf dem velde gân.

Verse: 25915    
ze dem begunder gâhen.
Verse: 25916    
er im was nâhen,

Verse: 25917    
daʒ er alle sîne wort
Verse: 25918    
moht vernemen und wol hôrt,

Verse: 25919    
waʒ iu von cleider rîcheit
Verse: 25920    
ist ûf dise zît geseit,

Verse: 25921    
noch beʒʒer cleider truoc er an.
Verse: 25922    
er was swarz und eislich getân.

Verse: 25923    
sîn hâr gescheitelt unde lanc,
Verse: 25924    
ein borte im daʒ zesamen twanc,

Verse: 25925    
wol geworht und vollic spannenbreit,
Verse: 25926    
manec tiure stein dar an geleit.

Verse: 25927    
Alexander diz vür wunder jach,
Verse: 25928    
daʒ er den ungestalten sach

Verse: 25929    
und doch solich rîcheit an im vant.
Verse: 25930    
zuo im sprach der wîgant

Verse: 25931    
gar mit zühteclîchen siten
Verse: 25932    
'hêrre guot, ich wolt iuch biten,

Verse: 25933    
daʒ ir mir sagt die mære,
Verse: 25934    
war iur geverte wære.

Verse: 25935    
ist iu umb dise gegent iht kunt?'
Verse: 25936    
der ungestalt sprach an der stunt

Verse: 25937    
'morgen die sunne ûf gêt,
Verse: 25938    
rîtent, jener walt stêt.

Verse: 25939    
zwêne boume dar inne stân,
Verse: 25940    
die sollen iu etswaʒ wiʒʒen lân.

Verse: 25941    
der eine boum der sunnen ist,
Verse: 25942    
der ander des mânen, als man list.'

Verse: 25943    
Alexander sîne wort
Verse: 25944    
reht mercte unde hôrt.

Verse: 25945    
er vaʒt sie eben in sînen muot.
Verse: 25946    
des morgens fruo der helt guot,

Verse: 25947    
als im jener het geseit,
Verse: 25948    
fruo gegen dem walde reit.

Verse: 25949    
ze den hêrren, die mit im riten,
Verse: 25950    
der fürste sprach in vröuden siten

Verse: 25951       
'Ich kam hînt in slâfes schouwe
Verse: 25952    
ûf die allerschœnsten ouwe,

Verse: 25953    
die mînen ougen ie wart kunt.
Verse: 25954    
mitten ûf der ouwe stunt

Verse: 25955    
ein boum, dem wunsche gelîche,
Verse: 25956    
loubes unde este rîche,

Verse: 25957    
der wint in âne mâʒen wegte,
Verse: 25958    
daʒ er sich allenthalben regte.

Verse: 25959    
ich gesach nie wunneclîchen boum.
Verse: 25960    
im was getreten ûf den soum

Verse: 25961    
ein man, der nâch den esten kreic,
Verse: 25962    
dar an er vaste ze berge steic.

Verse: 25963    
er an daʒ hœste quam,
Verse: 25964    
lieʒ der boum lustsam

Verse: 25965    
die este vallen und den man,
Verse: 25966    
daʒ er lac tôt ûf dem plân.

Verse: 25967    
sagt mir, lieben liute,
Verse: 25968    
waʒ dirre troum bediute.'

Verse: 25969    
alle die wâren
Verse: 25970    
ir rede gar verbâren

Verse: 25971    
sunder aleine Tullius.
Verse: 25972    
der beschiet im den troum alsus.

Verse: 25973    
'die wunneclîche ouwe breit
Verse: 25974    
ist die werlt und ir üppikeit,

Verse: 25975    
die wir alle haben liep,
Verse: 25976    
die uns doch stilt als ein diep

Verse: 25977    
mit ir süeʒe unser tage.
Verse: 25978    
ze lest læt sie uns in clage

Verse: 25979    
den boum, den ir sâhet,
Verse: 25980    
dem ir vil schœne jâhet,

Verse: 25981    
den alsô vuorte der wint,
Verse: 25982    
rîchtuom unde êre sint

Verse: 25983    
und dirre werlde unstæte.
Verse: 25984    
die der man erkrigen hête

Verse: 25985    
und wânte sitzen veste,
Verse: 25986    
daʒ brâchen die este,

Verse: 25987    
daʒ bewiset uns daʒ
Verse: 25988    
nie dehein man veste saʒ,

Verse: 25989    
in lâʒe der werlde êre.
Verse: 25990    
edel fürste hêre,

Verse: 25991    
merket iuch selben hie .
Verse: 25992    
ich wæne iu ditz gelîche .

Verse: 25993    
der werlde êre habt ir erstigen
Verse: 25994    
und den hœsten zil erkrigen:

Verse: 25995    
jagt dar nâch mit witzen,
Verse: 25996    
daʒ ir künnet veste sitzen,

Verse: 25997    
daʒ iu der werlde unstæte
Verse: 25998    
iht tuo, als der boum jenem tæte.'

Verse: 25999       
der künic sprach 'wes ich iuch vrêge,
Verse: 26000    
daʒ bescheidet ir mir unwêge.

Verse: 26001    
wer wolle bliben âne vâr,
Verse: 26002    
der sage sînem hêrren wâr.'

Verse: 26003    
'mich selber ich triuge,
Verse: 26004    
hêrre, ich iu liuge

Verse: 26005    
und quæme des lîhte in grôʒe scham.'
Verse: 26006    
mit der rede er vür den vorst quam.

Verse: 26007       
In dûhte daʒ in bevienge
Verse: 26008    
ein mûre und ummegienge

Verse: 26009    
und daʒ die hæte ein vesteʒ tor.
Verse: 26010    
reit Alexander vor

Verse: 26011    
und bat sich în lân.
Verse: 26012    
daʒ tor wart gâhes ûf getân

Verse: 26013    
und wider zuo an der stat.
Verse: 26014    
vür daʒ tor her ûʒ trat

Verse: 26015    
ein man, der frâgt in mære,
Verse: 26016    
durch waʒ er dar komen wære.

Verse: 26017    
der was als engeslich getân,
Verse: 26018    
daʒ er in sach durch wunder an.

Verse: 26019    
doch sprach der vürste geprîset
Verse: 26020    
'gestern mich her wîset

Verse: 26021    
ein man, dem ich widerreit.
Verse: 26022    
von zwein boumen er mir seit

Verse: 26023    
des mânen und der sunnen.
Verse: 26024    
wolt ir mir des gunnen

Verse: 26025    
daʒ ich ze den komen solde,
Verse: 26026    
gerne ich daʒ dienen wolde,

Verse: 26027    
wie ir, hêrre, gebietet mir.'
Verse: 26028    
er sprach 'sît ir valscher gir

Verse: 26029    
ledic und unkiusche frî?
Verse: 26030    
wonet iu iht vingerlîn ,

Verse: 26031    
die tuot von iu und gêt her în
Verse: 26032    
ir sult ouch ê entschuohet sîn.'

Verse: 26033       
Der vürste tet von im zehant
Verse: 26034    
die vingerlîn und sîn beingewant.

Verse: 26035    
hin vuorte in der swarze man.
Verse: 26036    
er bewîst im beide boume sân.

Verse: 26037    
Alexander tet des êrsten goum
Verse: 26038    
vil rehte an der sunnen boum,

Verse: 26039    
ze dem er andæhteclîchen trat.
Verse: 26040    
den boum er inneclîchen bat,

Verse: 26041    
daʒ er in wolde wiʒʒen lân
Verse: 26042    
wie lange er daʒ rîche solde hân.

Verse: 26043    
ein stimme ûʒ dem boume sprach,
Verse: 26044    
die im leider mære jach

Verse: 26045    
'über sehs mânet und ein jâr
Verse: 26046    
soltu sterben vür wâr.'

Verse: 26047    
der künic wart der mære unfrô.
Verse: 26048    
ze des mânen boume kniet er ,

Verse: 26049    
er die selben rede vernam.
Verse: 26050    
ze dem êrsten boume er wider quam.

Verse: 26051    
'sît mîn tôt ist wiʒʒend dir,
Verse: 26052    
ô heileger boum, sage mir,

Verse: 26053    
welch sol wesen die nôt,
Verse: 26054    
von ich lîden sol den tôt?'

Verse: 26055    
der boum sprach 'eʒ hât die schrift,
Verse: 26056    
daʒ du solt sterben von vergift.'

Verse: 26057    
ze dem andern boum er aber gienc,
Verse: 26058    
den er mit bete bevienc:

Verse: 26059    
der sprach zuo im die selben wort,
Verse: 26060    
als er sie het vernomen dort.

Verse: 26061    
Der vürste sprach 'mahtu mir jehen,
Verse: 26062    
von wem sol mir der tôt geschehen?

Verse: 26063    
ist er mir fremde oder ist er mîn?'
Verse: 26064    
der boum sprach 'des mac niht sîn.

Verse: 26065    
ob ich dir tæt den menschen kunt,
Verse: 26066    
den liestu tœten an der stunt,

Verse: 26067    
ouch würt daʒ erfüllet niht,
Verse: 26068    
daʒ der prophête von dir giht.'

Verse: 26069       
gienc der vürste rîche
Verse: 26070    
von den boumen trûreclîche.

Verse: 26071    
er hôrte, daʒ manc sitech sprach
Verse: 26072    
êbrêisch, der er vIl sach.

Verse: 26073    
ze den sînen gienc der guote
Verse: 26074    
in trûrigem muote,

Verse: 26075    
den er die mære sagte
Verse: 26076    
und in die swære clagte.

Verse: 26077    
trœsten sie in begunden,
Verse: 26078    
als sie vil wol kunden.

Verse: 26079    
trûreclîchen kêrter dan
Verse: 26080    
ze sînem her ûf dem plân.

Verse: 26081    
er wolde kêren ze lande.
Verse: 26082    
er vrâgt ob ieman kande

Verse: 26083    
ander wege gegen Indiâ.
Verse: 26084    
was ein man under in ,

Verse: 26085    
der sprach im wære wol bekant
Verse: 26086    
beʒʒer geverte durch daʒ lant,

Verse: 26087    
den daʒ ûf dem sie quâmen dar.
Verse: 26088    
sprach der vürste offenbâr

Verse: 26089    
'bringent ir uns wol ze lande hin,
Verse: 26090    
daʒ sol wesen iur gewin.

Verse: 26091    
ich rîche iuch immer mêre'
Verse: 26092    
von dannen schiet der hêre.




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This text is part of the TITUS edition of Ulrich von Eschenbach, Alexander.

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