TITUS
Ulrich von Eschenbach, Alexander
Part No. 56
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Chapter: 75  
Intrige gegen den Arzt Philip


Verse: 6461        was dem jungen süeʒen fromen
Verse: 6462    
ein teil krefte wider komen,

Verse: 6463    
die im in sîn geæder sleich,
Verse: 6464    
von unkraft im entweich.

Verse: 6465    
gegen dem volke er sich karte,
Verse: 6466    
daʒ der jâmer mit scharphem garte

Verse: 6467    
mente umb sîn ungemach.
Verse: 6468    
dise wort er trûreclîchen sprach:

Verse: 6469    
'den vînden ich nâhen bin.
Verse: 6470    
daʒ krenket sêre mînen sin,

Verse: 6471    
vindet mich Darîus alsô ligen,
Verse: 6472    
daʒ mir strîtes wirt verzigen.

Verse: 6473    
wann er mit her sich nâhet,
Verse: 6474    
ich weiʒ wol daʒ er mich vâhet.

Verse: 6475    
sol er an mir sînen willen sehen
Verse: 6476    
und sol daʒ âne strît geschehen,

Verse: 6477    
geloubt daʒ wirt mîn ander tôt.
Verse: 6478    
ich bin des lîbes in solicher nôt

Verse: 6479    
und bin worden alsô kranc,
Verse: 6480    
daʒ ich des habe deheinen danc

Verse: 6481    
daʒ kein kunst zuo tage
Verse: 6482    
der arzte, die mich ernern muge.

Verse: 6483    
wenn mir die urteilîche zît
Verse: 6484    
keine frist mînes lebens gît,

Verse: 6485    
man muoʒ die mîne in jâmer sehen.
Verse: 6486    
sol diz alsô an mir geschehen,

Verse: 6487    
ob Darîus âne wer mich vindet,
Verse: 6488    
dar umbe fröide swindet

Verse: 6489    
den die ir phlâgen ê.
Verse: 6490    
die müeʒen clagen iemer ,

Verse: 6491    
ob ir künec alsô wir funden
Verse: 6492    
und âne strît überwunden.

Verse: 6493    
moht mir dehein arzet iht gefrumen,
Verse: 6494    
mit sîner kunst ze helfe kumen;

Verse: 6495    
ob mir vrumte kein sîn list
Verse: 6496    
daʒ mir niuwan wurde die frist

Verse: 6497    
daʒ ich kæme ze strîte:
Verse: 6498    
durch lebens lenge zîte

Verse: 6499    
ich die frist niht welde hân,
Verse: 6500    
niuwan daʒ strît solde ergân

Verse: 6501    
zwischen mir und dem admirât,
Verse: 6502    
der mich vil beswæret hât.

Verse: 6503    
cleiner frist ich doch ger.
Verse: 6504    
möhte der ieman sîn mîn wer,

Verse: 6505    
der mich lange kunde sparn,
Verse: 6506    
daʒ ich in strîte vor mînen scharn

Verse: 6507    
cleine stunde möhte erschînen;
Verse: 6508    
Darîus und die sînen,

Verse: 6509    
die frechen Persâne,
Verse: 6510    
müesten siges âne

Verse: 6511    
rûmen wal und anger.
Verse: 6512    
ich gerte niht leben langer.

Verse: 6513    
man müeste die vînde sehen verzagen,
Verse: 6514    
nâch in die Kriechen mit fröiden jagen.'

Verse: 6515       
Philippus ein grâve hieʒ,
Verse: 6516    
dem Alexanders vater wirde stieʒ

Verse: 6517    
mit helfe und ouch mit guoter gunst.
Verse: 6518    
von rehter arzenîe kunst

Verse: 6519    
man dem getriuwen grâven jach.
Verse: 6520    
er daʒ volc trûren sach

Verse: 6521    
und den künec mit swære ringen,
Verse: 6522    
er gedâhte im möhte bringen

Verse: 6523    
die sorge siechtuomes ,
Verse: 6524    
der sich gezüge zuo dem .

Verse: 6525    
alzehant sprach er zuo im
Verse: 6526    
'ûf mîn triuwe, hêrre, ich daʒ nim,

Verse: 6527    
wolt ir mir gevolgic wesen,
Verse: 6528    
ich hilf iu daʒ ir mugt genesen.

Verse: 6529    
sît drî tage mit gemache,
Verse: 6530    
siechtuom unde kranke sache

Verse: 6531    
wil ich von iu vertrîben.
Verse: 6532    
welt ir mit gemache blîben?'

Verse: 6533    
er sprach 'ich getriuwe iu wol.
Verse: 6534    
billich ich iu volgen sol.

Verse: 6535    
mînem vater, dem werden man,
Verse: 6536    
wart ir ie triuwen undertân,

Verse: 6537    
des ich ouch gelouben wil
Verse: 6538    
daʒ ir hânt gegen mir triuwen vil.'

Verse: 6539    
Philippô, den triuwe nie vermeit,
Verse: 6540    
was umb sînen hêrren leit.

Verse: 6541    
daʒ beste daʒ er mohte,
Verse: 6542    
daʒ ze sîner sühte tohte,

Verse: 6543    
mit er in bewarte.
Verse: 6544    
der fürste ouch niht ensparte,

Verse: 6545    
daʒ in der wîse mîden hieʒ,
Verse: 6546    
mit senftem muote er daʒ lieʒ.

Verse: 6547    
alsô von sîner meisterschaft
Verse: 6548    
kam der künec ze sîner kraft.

Verse: 6549    
Alexander den grâven het erkorn
Verse: 6550    
ze friunt, daʒ was Permêniô zorn.

Verse: 6551    
den grâven er wolt vertrîben.
Verse: 6552    
einen brief hieʒ er schrîben,

Verse: 6553    
dar an er Alexandrô enbôt
Verse: 6554    
Philippus hete sînen tôt

Verse: 6555    
dem keiser Darîô gesworn.
Verse: 6556    
von sîner arznîe wær er verlorn.

Verse: 6557    
vil heimelîche daʒ geschach.
Verse: 6558    
Alexander den brief besach,

Verse: 6559    
den arzet er dar umbe widersaʒ,
Verse: 6560    
der het im gesaget daʒ,

Verse: 6561    
solt man in gesunden sehen,
Verse: 6562    
daʒ müest von trenken geschehen.

Verse: 6563    
Philippus einen tranc im brâhte.
Verse: 6564    
an den brief der fürst gedâhte,

Verse: 6565    
grôʒe sorge er ûf den arzet het,
Verse: 6566    
dem er doch unrehte tet.

Verse: 6567    
kûme der meister des bekam,
Verse: 6568    
daʒ er den tranc von im nam

Verse: 6569    
er nam in doch mit sorgen.
Verse: 6570    
den brief; den im verborgen

Verse: 6571    
het Permêniô gesant,
Verse: 6572    
gap er Philippô in die hant,

Verse: 6573    
der dar an sînen unwillen sach.
Verse: 6574    
deheines namen der brief verjach.

Verse: 6575    
wer in het gesendet dar,
Verse: 6576    
des kunder ninder werden gewar.

Verse: 6577    
Philippus unschuldic was.
Verse: 6578    
den brief er unervorht las.

Verse: 6579    
vil wol der fürste daʒ merkte,
Verse: 6580    
sîn hoffenunge daʒ sterkte.

Verse: 6581    
Philippus lachen begunde,
Verse: 6582    
zühtic gebærd er kunde.

Verse: 6583    
er sprach 'fürhtent iuch niht.
Verse: 6584    
des tages, mir geschiht

Verse: 6585    
daʒ ich gegen iu wenke
Verse: 6586    
und mîn triuwe an iu krenke,

Verse: 6587    
müeʒe daʒ leit an mir geschehen,
Verse: 6588    
daz man an mir muge jâmer sehen

Verse: 6589    
und an mir nimmer zergê.
Verse: 6590    
drîer dinge ich mich verstê,

Verse: 6591    
der eineʒ an dem manne muoʒ sîn,
Verse: 6592    
der alsô wirbet den schaden mîn.

Verse: 6593    
als ich mich reht versinne,
Verse: 6594    
ich wæn iuch der selbe minne

Verse: 6595    
mêr dann ieman der mit iu ,
Verse: 6596    
in lât umb iuch niht sorgen frî;

Verse: 6597    
oder im ist vil lîhte leit
Verse: 6598    
daʒ iuch mîn rât niht vermeit,

Verse: 6599    
von ir ze kreften kumt
Verse: 6600    
und iuch vor tôdes nœten frumt,

Verse: 6601    
wann er vil gerne sæhe
Verse: 6602    
daʒ ein sterben an iu geschæhe;

Verse: 6603    
oder bediutet daʒ
Verse: 6604    
er treit mir alsô grôʒen haʒ,

Verse: 6605    
daʒ er mit lügelîchen dingen
Verse: 6606    
mich von iuwern hulden wolde bringen.

Verse: 6607    
ist dicke alsô komen,
Verse: 6608    
daʒ der schaden hât genomen,

Verse: 6609    
dem ie untriuwe was verspart.
Verse: 6610    
von lügen jener unschuldic wart,

Verse: 6611    
als uns dicke ist geseit,
Verse: 6612    
des herze untriuwe nie vermeit;

Verse: 6613    
den vindet man in solichem site,
Verse: 6614    
er sich kan beschœnen mite:

Verse: 6615    
sîn herze lügen entwirfet,
Verse: 6616    
die sîn untriuwe wirfet

Verse: 6617    
mit sage ûf unschuldigen man,
Verse: 6618    
der sîner rede nie schult gewan;

Verse: 6619    
er füeget im sînes hêrren zorn
Verse: 6620    
von jener wirt verlorn.

Verse: 6621    
alsô mit untriuwen gnist
Verse: 6622    
der untriuwen meister ist.'

Verse: 6623    
Der meister sîn mit triuwen phlac.
Verse: 6624    
kam ouch vür sîn dirter tac.

Verse: 6625    
er het im siechtuom gar benomen.
Verse: 6626    
ze sîner kraft was er komen.

Verse: 6627    
bleiche begunde im entwîchen,
Verse: 6628    
minniclîch varwe wolde rîchen

Verse: 6629    
sîn antlitze, des jungen.
Verse: 6630    
was im ê misselungen,

Verse: 6631    
ob im von siechtuom iht geschach,
Verse: 6632    
dem gelîch man in niht sach.

Verse: 6633    
er wolde die hêrren sich lâʒen sehen,
Verse: 6634    
den an im leide was geschehen.

Verse: 6635    
mit er sie wol trôste
Verse: 6636    
und ouch von sorgen lôste.

Verse: 6637    
der herze fröide umbevienc,
Verse: 6638    
der fürste zuo in gienc

Verse: 6639    
und sie in gesunden sâhen.
Verse: 6640    
Philippô sie dienstes jâhen,

Verse: 6641    
des sie im wolden sîn bereit
Verse: 6642    
durch triuwe und sîn werdikeit,

Verse: 6643    
die er an dem hêrren het erzeiget.
Verse: 6644    
mit umberanke wart geneiget

Verse: 6645    
gegen ietslîchem, der im küssen bôt,
Verse: 6646    
umb daʒ er dem hêrren half von nôt.

Verse: 6647    
man sagt wære fröiden vil,
Verse: 6648    
des ich vil wol gelouben wil.




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This text is part of the TITUS edition of Ulrich von Eschenbach, Alexander.

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