Die altgeorgischen
Monatsnamen
Jost Gippert
0.1. In einem kürzlich erschienenen Aufsatz wurde wieder einmal
die seit mehr als 100 Jahren aktuelle Frage nach der Herkunft des
a(lt)arm(enischen) Kalenders, d.h. nach der Etymologie der aarm.
Monatsnamen aufgerollt.
1 Der Autor, dem es v.a. um den Nachweis iranischer Bestandteile ging, versucht zu diesem Zweck
einen »möglichst vollständige(n) Vergleich« mit den »heute
bekannten vorislamischen Kalender(n) Irans«: den aarm. Bezeichnungen werden in einer Übersichtsliste die avestischen, kappadokischen, mittelpersischen, parthischen, xwarezmischen (Inschriften / nach Al Bīrūnī) und sogdischen Namen (Inschriften / manichäische Texte / Al Bīrūnī) gegenübergestellt.
2 Als Ergebnis
wird die iranische Herkunft folgender sechs aarm. Monatsnamen
festgehalten:
nawasardi (1. Monat) als Gen. zu iran. *
naua-sarda-, »Neujahrsmonat«;
trē (4.) als Gen.
*tariai zu
*tiri, »Monat
des Tīr«;
mehekani (7.) als Gen. zu *
miϑrakāna- »Monat des
Miϑra-Festes«;
ahekani (9.) als Gen. zu *
āϑrakāna-, »Monat des
Feuer-Festes«; ferner
mareri (10.) als Gen. zu *
marear <
*maδyār (parth.), »Monat des Mittjahres(festes)«, und
hrotic`
(12.) als Gen. (Pl.) zu *
frōrt- <
*fravart-, »Monat des `Allerseelen'-Festes«.
3
0.2. Alle sechs vorgestellten Etymologien sind nun aber keineswegs neu, sondern gehören seit langem zum Gemeingut der
armen. Sprachwissenschaft.
4 Man fragt sich also, ob durch den
»möglichst vollständigen Vergleich« mit den iran. Monatsnamensystemen überhaupt neue Erkenntnisse gewonnen wurden.
Tatsächlich kann dies nur in einem Fall bejaht werden, nämlich
bei dem Namen
nawasardi, der nunmehr durch die Identifikation
mit den sogdischen Formen
n'wsrδ-, -yč (gegenüber mittelpers.
plwltyn = frawardīn u.ä.) als im Iranischen selbst verankert
nachgewiesen ist.
5 Bei den übrigen fünf Namen bleibt nach wie
vor entweder die genaue Bildeweise unklar (
trē),
6 oder das angenommene Etymon ist im iran. Bereich gerade als Monatsname
nicht nachweisbar (die »Fest«-Namen). Fraglich bleibt weiterhin
auch, wie sich die sechs »iran.« zu den verbleibenden Namen
hor̄i (2. Monat),
sahmi (3.),
k`ałoc` (5.),
arac` (6.),
areg (8.) und
margac` (11.) verhalten, die zumindest teilweise eine innerarm.
Deutung zulassen.
7
0.3. Wie ich meine, sind weiterführende Erkenntnisse in diesem
Zusammenhang eher durch einen anderen »möglichst vollständigen Vergleich« zu erlangen, nämlich den mit dem Monatsnamensystem des Altgeorgischen. Diese Sprache ist bekanntlich
zwar weder mit der armen. noch mit den iran. Sprachen verwandt, sie hat aber durch enge gesellschaftliche und kulturelle
Verbindungen zahlreiche lexikalische Elemente beider in sich
aufgenommen, so daß sie sich oft geradezu als ein »Spiegelbild«
des Altarmenischen darstellt;
8 dies ist a priori auch für die hier
behandelte Problematik zu erwarten. Eine Auseinandersetzung
mit den (alt)georg. Verhältnissen ist im gegebenen Fall umso
mehr geboten, als für zwei der aarm. Monatsnamen eine Etymologie eben aus dem Georgischen vorgeschlagen wurde, nämlich
für
hor̄i als den zweiten und
sahmi als den dritten Monat, die mit
den georg. Zahlwörtern für »zwei« und »drei«,
ori und
sami, in
Verbindung gebracht wurden.
9 Da der hier zur Verfügung stehende Raum begrenzt ist, können noch nicht alle diesbezüglichen
Fragen durchdiskutiert werden. Im folgenden will ich vielmehr
zunächst das zur Verfügung stehende altgeorg. Material selbst
vorstellen und analysieren; für Einzelprobleme im Verhältnis zum
aarm. System sei auf einen in drei Teilen an anderer Stelle erscheinenden Aufsatz verwiesen.
10
1.1. Daß die a(lt)georg(ischen) Monatsnamen bei der Analyse
des aarm. Kalenders in jüngerer Zeit nicht berücksichtigt wurden,
11 ist umso erstaunlicher, als die ersten Formen schon im
Jahre 1832 der europäischen Fachwelt zugänglich gemacht wurden. Es handelt sich zunächst um eine Liste von »dix de ... noms
anciens«, die der georg. Prinz Teimuraz auf Anregung des franz.
Gelehrten Saint-Martin zusammenstellte und die M. Brosset im
Journal asiatique herausgab. Die Namen werden mit ihren franz.
Entsprechungen wie folgt angeführt:
12 mars =
marcani; avril-mai =
igrica; mai-juin =
thibisi; juillet-août =
marili-alisi / mariali; août-septembre =
kwelthoba; octobre =
sthouloba / sthwla;
novembre =
tiris-coni; décembre =
tiris-deni; janvier =
apani;
février =
sourtsqounisi. Als »jünger« werden die Entsprechungen
für den Mai und den September angesehen: mai =
wardoba,
septembre =
akhali-tseli.13
In späterer Zeit seien die christlichen Namen adaptiert worden,
die wiederum »dans les ouvrages profanes« georgische Gegenstücke hatten:
1.
Janwari, gantzkhadebis-thwe, mois de l'Epiphanie;
2.
Pheberwali;
3.
Marti;
4.
Aprili;
5.
Maisi;
6.
Iwnisi, thiba-thwe, iwanobis-thwe;
7.
Iwlisi, mcatha-thwe, cwiricobis-thwe;
8.
Agwisto, mariamobis-thwe;
9.
Secdemberi, encenis-thwe;
10.
Ocdonberi, ghwinobis-thwe;
11.
Noemberi, giorgobis-thwe;
12.
Decemberi, kristichobis-thwe.14
1.1.1. Wie Prinz Teimuraz selbst vermerkt, stammen die von
ihm mitgeteilten Monatsnamen aus dem Lexikon von »Saba
Orbélian (le même que Soulkhan-Saba)«, d.i. das anfangs des
18. Jhs. entstandene Wörterbuch des georg. Mönchs Sulxan-Saba, der der Fürstenfamilie der Orbeliani angehörte. Tatsächlich sind die entsprechenden Formen in dessen »Leksik'oni kartuli« mehrfach verzeichnet; dabei ist vor allem eine Übersichtstabelle bemerkenswert, wo die eigentlich »georg.« Namen
(
kartuli) und die der »georg. Bauern« (
kartuli glexta) nicht
nur ihren »lateinischen« Äquivalenten gegenübergestellt werden
(
lat'inta), sondern auch den »makedonischen, ägyptischen,
(christlich-) arabischen, tatarischen (= türkischen), indischen,
ionischen, syrischen, sarazenischen, (neu)persischen (`nach dem
Nourūz des J̌aġal', d.h. nach der Kalenderreform des 11. Jhs.
durch J̌alāl ad-dīn),
15 (islamisch-) arabischen« sowie den (alt-)
»armenischen« und »anderen armenischen« Monatsnamen.
16
Die hier interessierenden Listen lauten:
»latein.«
| »georg.«
| »georg.-vulg.«
| »armen.«17
|
ianvari
| ap'ani
| gancxadebistve1
| navasart
pebervali
| surc'q'unisi
| pebervali17
| hori dek'enberi
mart'i
| mirk'ani
| mart'i
| sami
ap'rili
| igrik'a
| ap'rili
| t're
maisi
| vardobisa
| maisi
| kaġac
ivnisi
| marialisa
| ivanobistve
| aranc
ivlisi
| tibisa
| k'virik'obistve
| mahek'i
agvist'osi
| kveltobisa
| mariamobistve
| harieki
sek'denberi
| axalc'lisa
| enk'enistve
| aihek'i
ok'donberi
| stvlisa
| gvinobistve
| arier
noenberi
| t'irisk'nisa
| giorgobistve
| margac
dek'enberi
| t'irisdeni
| krist'išobistve
| hrot'ic
|
|
| avelac, met'ni.
| | | | | | | | | | | | |
1.1.2. T(eimuraz) macht in seiner Mitteilung dann auch die
ersten Vorschläge für eine Etymologie der ageorg. Namen, die
ihrerseits von B(rosset) teils ergänzt, teils durch andere Vorschläge ersetzt werden:18
marcani: zu marikh [= marixi] »Mars« (? B);
thibisi: »Ce mot est relatif aux travaux de l'époque, où l'on
recueille les foins ou herbages verts, qui s'appelle thiba, ou
gathiba« (T); dagegen B: »l'herbe s'appelle, en géorgien,
thiwa et non thiba«;
marili-alisi, mariali: »chaleur croissante, ou accroissement de
chaleur« (T); B: marili = participe passé formé de wiarebi, je
vais«;
kwelthoba = »bonté, abondance« (T);
sthouloba, sthwla: »mois de la récolte« (T);
tiris-coni: »à cette époque les charmes du printemps font place à
l'hiver qui s'approche, que les fleurs voient pâlir leurs couleurs riantes, et leurs aimables bouquets [georg. k'ona] se
penchent sur leurs tiges, comme quelqu'un qui pleure [t'irili
`Weinen']« (T);
tiris-deni: »alors le jour semble pleurer... Deni signifie jour
parce qu'il dérive de dena« (T; B: deni zu dena, also »écoulement«, nicht »jour«) [»Tag« = dġe];
apani: zur »interjection apapapa, indicative de la rigueur du
froid« (T);
sourtsqounisi: zu mtsqournebi = »abondance d'eau« (T);
wardoba: »les roses« (T);
akhali-tseli: »nouvel an« (T).
1.2. Noch im selben Jahr (1832) veröffentlichte M. Brosset Auszüge aus einer »concordance entre les mois égyptiens, éthiopiens, athéniens, bithyniens, cappadociens, géorgiens et albaniens«, die in der armen. Hs. Nr. 114 der Pariser Hofbibliothek
enthalten ist und einem Werk des armen. Autors Anania Širakac`i (VII. Jh.) zugehört;
19 Brosset druckte die folgenden Listen
ab
20:
(armen.
| ägypt.
| georg.
| alban.
| »romains«)
Navasardi
| Tovt
| Akhltzéli
| Navasardos
| Août
Horhi
| Tovbir
| Sétéli
| Toulen
| Septembre
Sahmi
| Atovr
| Teriati
| Namotsn
| Octobre
Tré
| Kvac
| Tiristini
| Hile
| Novembre
Kaghots
| Toubil
| Apani
| Bocavon
| Décembre
Arats
| Mékhir
| Noutzcni
| Maré
| Janvier
Mahéci
| Pénéniovt
| Nivncani
| Bodjconé
| Février
Arégi
| Parménophi
| Igacaï
| Tzakhoulé
| Mars
Ahci
| Pagav
| Vardoupaï
| Bontocé
| Avril
Maréri
| Pouni
| Maréli
| Orili
| Mai
Margats
| Epep
| Boubas
| Ikhnaï
| Juin
Hrotits
| Mésouri
| Kouralouba
| Bakhniaï
| Juillet.
| | | | | | | | | | | | |
1.2.1. Trotz der z.Tl. erheblichen lautlichen Divergenzen sah
Brosset eine generelle Übereinstimmung zwischen der hier gegebenen »georg.« Liste und derjenigen des Saba-Lexikons, wie sie
ihm vorlag; lediglich die Namen Noutzcni, Nivncani und Kouralouban wagte er nicht, mit irgendwelchen von Teimuraz übermittelten Formen zu identifizieren.21 Obwohl er sich nicht für die
Priorität der einen oder anderen Überlieferung entschied, fügte er
einige etymologische Betrachtungen an, die von einem engeren
historischen Zusammenhang der armen. und der georg. Monatsnamen ausgingen und weiter auch die der »albaniens« einschlossen, wobei nicht ganz klar ist, ob er dieses Volk bereits mit den
»kaukasischen« Albanern (Avłank`) des Movsēs Xorenac`i
gleichsetzte. Ein bemerkenswertes Ergebnis seiner Betrachtungen
ist z.B. die Identifikation der Namen Maréri/Maréli/Orili für den
jeweiligen 10. Monat.22
1.2.2. Nachdem inzwischen in den kritischen Werkausgaben des
Anania Širakac`i23 sowie des Hovhannes Imastaser (XII. Jh.)24
weitere hss. Varianten der georg. (und anderer) Monatslisten25
in armen. Tradition vorgelegt wurden, läßt sich ermessen, wie
wenig vertrauenswürdig die hierin überlieferten Formen tatsächlich sind. Zur Illustration der teilweise äußerst divergenten Lesarten seien die in den beiden Editionen abgedruckten Aufstellungen einmal synoptisch zusammengestellt:26
1999, 217
| 1973, 34b
| 2001, 41b
|
Axlceli
| [A]xalceri
| Axalceli
Sit`ili
| St`ili
| St`eli
Tirist`i
| Tirisdin
| Tirisdi
Tirisdeni
| Tirisdini
| Tirisdini
Apani
| Apani
| Apani
Nownkni
| Nowkkni
| Nowckni
Nikrani
| Mekrani
| Miarani
Igraka
| Igrika
| Igrikay
Vardowp
| Vardopa
| Zardoba
Marili
| Treli
| Mareli
K`owra
| K`owra
| K`owba
Kowbalowba
| K`owbabalowba
| K`owblowba
| | | | | | | | | | | |
2068, 358b
| 1971, 17b
| 1999, 56
|
Axlaceli
| Axlcéi
| Axalciwili
At`ili
| St`eli
| Zit`oweli
Tiritdi
| Tirisdi
| Trisidisos
Tirissdini
| Tirisdini
| Treakan
Apani
| Apani
| Apani
Nownkini
| Nowckni
| Sackac`
Nikrani
| Nekrani
| Mehikani
Igraka
| Igrakay
| Ekrikani
Zartowpa
| Zardopay
| Zardovban
Marili
| Mareli
| Imareli
K`owba
| K`owbay
| T`ebani
K`owbalowpa
| K`owbalowbay
| Bowint`ora.
| | | | | | | | | | | |
1.2.3. Wie sich zeigt, ist eine Argumentation mit den in armen.
Tradition überlieferten Formen allein kaum möglich: die erhaltenen Listen können zwar durchaus auf einen Archetyp zurückgehen,27 dieser läßt sich aber aus den gegebenen Varianten nicht
eindeutig ermitteln.28 Eine andere Situation scheint sich zu ergeben, wenn man die Listen in ihrer Gesamtheit mit derjenigen des
Sabaschen Lexikons vergleicht: Nun sind auch bei den Namen,
die für Brosset unvereinbar waren, solche Lesarten vorhanden,
die den Entsprechungen bei Saba nahekommen; man vgl. Sackac` und Nowckni (6. Monat nach 1999, 56 bzw. 2001, 41b) mit
Sabas surc'q'uni-si (= Februar; 6. Monat, wenn man von
axalc'lisa = Sept. aus zählt), Mekrani und Miarani (7. M. nach
1973, 34b bzw. 2001, 41b) mit Sabas mirk'ani (= März / 7. M.)
sowie K`owblowba und Bowint`ora (12. M.) mit Sabas kveltob-isa (= Aug. / 12. M.). Der Schluß liegt nahe, daß die in Sabas
Lexikon verzeichneten Formen eine interne georg. Überlieferung repräsentieren, auf die letztlich auch die armen. Lesarten
zurückgehen. Dies ist nun aber nicht selbstverständlich; verschiedene Indizien weisen nämlich darauf hin, daß die übrigen
bei Saba angeführten Monatslisten wiederum einer armen.
Quelle entstammen. So wird z.B. der Begründer der damaligen
persischen Ära, J̌alāl ad-dīn, unter der Namensform ǰaġal notiert
(s.o. 1.1.1.), deren -ġ- sich nur als Wiedergabe eines armen.
<Ղ> in der späteren Lautung [γ] verstehen läßt.29 Um zu entscheiden, ob Sabas georg. Monatsnamen authentisch sind und wie
weit diese argumentativ verwertet werden können, blieb also
ihr Nachweis in anderem, unabhängigem Material erforderlich.
1.3. Dieser Nachweis wurde vor rund 55 Jahren in der ersten
in Georgien selbst erschienenen Untersuchung zum ageorg. Kalender erbracht: Ausgehend von 24 Belegen in ageorg. Textmaterial, nämlich Übersetzungen alttestamentarischer Bücher und
hagiographischer Quellen, konnte P'. Ingoroq'va die in Sabas
Lexikon verzeichnete Liste der Monatsnamen weitgehend verifizieren.30 Der Autor ging noch einen Schritt weiter, indem er
aufgrund der Belege auch den genauen Aufbau des ageorg.
Jahres zu bestimmen versuchte: Nach seiner Analyse war dieses
schon zu Beginn der Überlieferung (anders als z.B. das »vage«
Jahr der Armenier) ein echtes Sonnenjahr. Ursprünglich (4.-6.
Jh.) habe es jeweils mit dem Eintritt der Sonne in das Sternbild
der »Jungfrau« am 23.August begonnen, wobei auch alle weiteren Monatsanfänge mit den Tierkreiszeichen verknüpft gewesen
seien; später (6.-7.Jh.) sei es dann an das byzantin. Jahr mit
julian. Kalender und Beginn am 1.Sept. angepaßt worden, was
letztlich zur Aufgabe der alten Namen und zur Übernahme der
latein. geführt habe.31 Die Annahmen Ingoroq'vas lassen sich
in folgender Tabelle zusammenfassen (zum Kontrast ist die
entsprechende Liste nach Saba hinzugefügt):32
Monatsname:
| Beginn ursprgl.
| / später:
| (vgl.Saba:)
|
1. axal-c'lisay
| (23. agvist'o
| / 1. sekt'emberi)
| axalc'lisa
|
2. stuelisay
| (23. sekt'emberi
| / 1. okt'omberi)
| stvlisa
3. t'irisk'nisisay
| (23. okt'omberi
| / 1. noemberi)
| t'irisk'nisi
|
4. t'irisdenisay
| (22. noemberi
| / 1. dek'emberi)
| t'irisdeni
5. surc'q'unisisay
| (22. dek'emberi
| / 1. ianvari)
| ap'ani
6. ap'nisisay
| (20. ianvari
| / 1. tebervali)
| surc'q'unisi
|
7. mihrak'anisay
| (19. tebervali
| / 1. mart'i)
| mirk'ani
|
8. igrik'isay
| (21. mart'i
| / 1. ap'rili)
| igrik'a
|
9. vardobisay
| (21. ap'rili
| / 1. maisi)
| vardobisa
|
10. (*marcbivis tve)
| (22. maisi
| / 1. ivnisi)
| marialisa
|
11. kueltobisay
| (22. ivnisi
| / 1. ivlisi)
| tibisa
|
12. arda-degisay
| (23. ivlisi
| / 1. agvist'o)
| kveltobisa.
| | | |
1.3.1. Soweit zwischen den Monatsnamen bei Saba und denen,
die Ingoroq'va herausgearbeitet hat, formale Unterschiede bestehen, beruhen diese zunächst meist auf einem rein grammatischen Prinzip: Bei Saba sind nominativische Formen wie
igrik'a und genetivische wie
vardobisa (zu *
vardoba) nebeneinander verzeichnet, während die von Ingoroq'va angesetzten Namen sämtlich Nominative des hypostatischen Genetivparadigmas
darstellen
(vardob-isa-y);33 man vgl. dazu die aarm. Namen, die
ja auch sämtlich als Genetive charakterisiert sind (
-c` etc.), und
zu denen auch jeweils »Monat des/der ...« ergänzt werden
muß.
34 So ist z.B. der 1. Monat,
axal-c'lisay, als »der, sc. Monat, des Neuen Jahres« aufzufassen; der zugrundeliegende Nom.,
axali c'eli »Neues Jahr«, verbirgt sich hinter der von Teimuraz /
Brosset mitgeteilten Form
akhali-tseli, während das bei Saba
notierte
axalc'lisa der einfache Gen. »des Neuen Jahres« ist.
Ein anderer formaler Unterschied betrifft die Synkope von
a
oder
e, die in der Silbe vor der Gen.-Endung eintreten kann; so
erklärt sich z.B. das Nebeneinander von
stuelisay und
stvlisay,
die beide auf einem
stueli »Weinlese« beruhen können.
35 Nach
dem gleichen Prinzip sind auch
mihrak'anisay und
mirk'ani
identifizierbar, da die Synkope in der historischen Entwicklung
des Georg. auch andere Mittelsilben betroffen haben kann und
ferner inlautende
h nicht stabil geblieben sind. Festzuhalten ist
die von Ingoroq'va verfochtene Etymologie, der den Namen
auf mpers.
mihrakān zurückführt.
36
1.3.2. Was die übrigen Unterschiede zwischen Ingoroq'vas und
Sabas Liste angeht, so verlangen vor allem die letzten drei
Monate einen Kommentar. Wie man sieht, ist Sabas 12. Monat,
kveltobisa, bei Ingoroq'va um eine Stelle nach vorn gerückt,
während
marialisa und
tibisa hier ganz fehlen; stattdessen
nimmt Ingoroq'va einen 12. Monat
arda-degisay an, und für den
ihm nicht eruierbaren 10. Monat verwendet er den Ersatznamen
marčbivis tve, i.e. »Monat des (Tierkreiszeichens) Zwilling«.
Dazu ist zunächst zu bemerken, daß ein Monatsname
ardadegisay gar nicht belegt wird; Ingoroq'va hat diesen vielmehr aus
einem Lemma des Sabaschen Lexikons selbst abgeleitet:
ardadegi »mze ra lomši ševa ga(s)lvamdis«, d.h.
a. »(ist die Zeit
vom) Eintritt der Sonne in den `Löwen' bis zum Austritt«.
37
Die Formen
marialisa und
tibisa hingegen sind nach Ingoroq'va
lediglich andere Namen für die Monate
mihrak'anisay und
kueltobisay, was im ersteren Fall durch zwei Belegstellen motiviert
wird:
a)
In dem »Martyrium des hl. Philektimon« wird das Todesdatum des Hl. wie folgt angegeben: aġesrula c'(mida)y igi
pilek't'imon atxutmet'sa mart'isa r(ome)l ars mariali dġesa
šabatsa — »Der hl. Ph. verschied am 15. des Monats März,
welcher der `Mariali' ist, an einem Samstag«.38 Hier sei
der mariali also gleich dem März gesetzt und entspreche
somit dem mihrak'anisay in seiner späteren Funktion.
b)
In dem »Martyrium der hll. Eubulus und Malkamon«
erscheint folgendes Datum: mexutesa marialisa twsasa
mouc'oda mat bč'eman man — »Am 5. des Monats `Mariali'
rief sie der Richter herbei«.39 Da einer der hier angesprochenen Heiligen in diversen Festkalendern der Ostkirche an
Daten zwischen dem 26. Febr. und dem 8. März notiert sei,
sei der mariali hier dem mihrak'anisay in seiner älteren
Fixierung (19. Febr. bis 20. März) äquivalent.40
1.4. Eine neue Interpretation erfuhren die ageorg. Monatsnamen dann noch einmal zehn Jahre später, nämlich in dem Aufsatz »Jveli kartuli c'elic'adi« (»Das alte georg. Jahr«) von
K'. K'ek'elije.
41 Auf der Basis von nunmehr 43 Belegstellen
kommt dieser Autor zu einer Liste, die der Sabaschen wieder
genau entspricht. Dabei nimmt auch K'ek'elije an, daß der
Kalender in einer früheren und einer späteren Phase unterschiedlich strukturiert war: Bis zum 7. Jh. hätten die Georgier
ein Jahr des alexandrinischen Typs gehabt (mit 12 Monaten à
30 Tagen und 5 bzw. 6 Epagomenen); der Jahresbeginn wäre
auf den 6. August (julian.) fixiert gewesen. Im 7. Jh. sei dann das
byzantin. »Indiktions-«Jahr übernommen worden (mit Anfang
1. Sept.), worauf die authentischen Monatsnamen durch die
latein. ersetzt wurden. Auch K'ek'elijes Folgerungen seien tabellarisch zusammengefaßt:
42
Monatsname:
| Beginn ur
| / später:
| (vgl. Saba:)
|
1. axalc'lisay
| 6. agvist'o
| / 1. sekt'emberi
| axalc'lisa
2. stulisay
| 5. sekt'emberi
| / 1. okt'omberi
| stvlisa
3. t'irisk'ani
| 5. okt'omberi
| / 1. noemberi
| t'irisk'nisi
4. t'irisdini
| 4. noemberi
| / 1. dek'emberi
| t'irisdeni
5. ap'nisi
| 4. dek'emberi
| / 1. ianvari
| ap'ani
6. surc'q'nisi
| 3. ianvari
| / 1. tebervali
| surc'q'unisi
7. mihrak'ani
| 2. tebervali
| / 1. mart'i
| mirk'ani
8. igrik'a
| 4. mart'i
| / 1. ap'rili
| igrik'a
9. vardobisay
| 3. ap'rili
| / 1. maisi
| vardobisa
10. mariali
| 3. maisi
| / 1. ivnisi
| marialisa
11. tibisay
| 2. ivnisi
| / 1. ivlisi
| tibisa
12. kueltobisay
| 2. ivlisi
| / 1. agvist'o
| kveltobisa.
(+ Epagomenen
| 1. agvist'o).
|
|
| | | | | | | | | | | | |
1.0.5. Die unterschiedlichen Ergebnisse Ingoroq'vas und K'ek'elijes beruhen vor allem darauf, daß letzterer in größerem
Maße Parallelüberlieferungen der betr. Textstellen außerhalb
des Ageorg. zurate zieht. So kann er z.B. für den angeführten
Beleg aus dem »Martyrium des hl. Philektimon« (1.3.2.a)) auf
die armen. V(er)s(ion) verweisen, aus der die georg. offenbar
übersetzt ist, und wo anstelle des »März« der »Mai« erscheint:
43
katarec`aw sowrbn P`iliktimon, or ōr eōt`n ēr mayisi amsoy, or ē
Mareri, yawowr šabat`ow »Der hl. Ph. verschied am (Tage), der
der 7. des Monats Mai war, der der `Mareri' ist, am Samstag«.
44
Der von Ingoroq'va mit dem
mariali identifizierte »März« sei
also lediglich für den »Mai« verschrieben (
mart'isa / *maisa).
1.0.6. Anders als Ingoroq'va, der seine Monatsnamen noch für
durchweg echt georg. hielt und nur den
mihrak'anisay als entlehnt ansah,
45 leitet K'ek'elije den georg. Kalender zu großen
Teilen aus dem Armen. (und weiter dem Iran.) ab und nimmt
an, daß beide in ältester Zeit, vor Beginn der georg. Überlieferung, völlig synchron gewesen seien, d.h. daß letztlich auch die
Georgier einmal das »vage Jahr« der Annenier gehabt hätten.
Seine Argumentation beruht auf folgenden etymologischen
Überlegungen:
46
axalc'lisay: »Neujahrs(monat)«; entspricht dem »iran. navroz«
und ist eine »Übersetzung« (targmani) des armen. navasardi
»Neues Jahr«;
stulisay: »(Monat) des Einbringens von Früchten, der Lese«;
echt georg.;
t'irisk'ani und t'irisdini: stellen sich zu dem npers. tīr, dem
armen. trē und dem kappadok. Tειρει,47 die einen alten iran.
Monat Tiris (!) voraussetzen; für die beiden Erweiterungen
wird auf iran. *froti-kan und farvar-din (!) sowie auf die syr.
Monate tišri »der erste« und tišri »der zweite« verwiesen [t.
qədēm ≈ Okt. / t. ՚əxərāy ≈ Nov.];
ap'nisi(say): Gen. zu *ap'ani = avest. apam, mpers. avan, npers.
aban;
surc'q'nisay: Gen. zu *surc'q'ani; dieses kontaminiert aus dem
avest. sur »Wasser« (!) in ardavir sur (!) »Quelle himmlischen Wassers« (!)48 und seinem georg. Äquivalent *c'q'ani
≈ c'q'ali »Wasser« (!);
mihrak'ani: entspricht dem armen. mehekan und dem kappadok.
mithrakana sowie, letztlich, dem avest. Mithra-Monat;
igrik'(is)ay: ursprünglich igri, dies eine »Modifikation« des
armen. areg;49
vardobisay: echt georg.; Monat des »Aufblühens der Rosen«
(vardi = Rose);
mariali: »ist der armen. mareri«;
tibisay: echt georg.; Monat der »Mahd« (tibva); entspricht »in
der Bedeutung« dem armen. margac` (von marga [!] »Wiese,
Feld«).
kueltobisay: Gen. von *kueltoba; gehört nicht zu kveli »tapfer,
mutig; freigebig, barmherzig, gütig«, sondern zu kue »unten,
unterhalb« und deckt sich so mit dem armen. hrotic`, da
dieser Name von dem iran. Fest der fravart-frodigan abgeleitet ist und dieses ein Fest der »hingegangenen«, in der
»Unterwelt befindlichen« (kuesk'nelši mq'opta) Seelen ist;50
die angenommene Entwicklung: kueneti / kueleti > kuenetoba
/ kueletoba > kueltobisa.
1.0.6.1. Eine genaue Übereinstimmung zwischen dem armen.
und dem georg. Kalender herrscht für K'ek'elije also zunächst
bei sieben der zwölf Monate:
| armen.
| / georg.
|
1.:
| navasardi
| / axalc'lisay;
|
4.:
| trē
| / t'iris(-dini);
|
7.:
| mehekani
| / mihrak'ani;
|
8.:
| areg
| / igri(-k'a);
|
10.:
| mareri
| / mariali;
|
11.:
| margac`
| / tibisay;
|
12.:
| hrotic`
| / kueltoba.
|
1.0.6.2. Darüber hinaus versucht der Autor jedoch, wahrscheinlich zu machen, daß die Übereinstimmungen ursprünglich noch
weitere Monate betrafen. Er geht von folgenden Beobachtungen
aus: Der georg.
stulisay ist der zweite Monat des Jahres; ihm
entspricht »von der Bedeutung her« der armen.
k`ałoc`, der aber
die fünfte Stelle einnimmt.
51 Andrerseits ist der Name des armen. zweiten Monats,
hor̄i, aus dem georg. Zahlwort
ori herleitbar, das eben »zwei« bedeutet. K'ek'elije nimmt deshalb an, daß
zunächst auch im Georg. der zweite Monat nach dem Zahlwort
»zwei« geheißen habe und
stulisay der fünfte Monat gewesen
sei, dieser dann aber aufgrund seiner etymologischen Durchsichtigkeit an die zweite Stelle gerückt sei, nachdem das »vage«
Jahr durch ein »festes« ersetzt worden und die Zeit der »»Weinlese« eben mit dem zweiten Monat zusammengefallen sei. Für
den fünften Monat habe man daraufhin mit
*ap'ani eine neue,
entlehnte Form eingesetzt, die sich bedeutungsmäßig als ein
»Duplikat« des folgenden Monatsnamens
surc'q'nisay verstehen
lasse.
52 Auf einer entsprechenden »Duplizierung« beruhe auch
das Nebeneinander von
t'irisk'ani und
t'irisdini als dem dritten
und vierten Monat, da der armen. dritte Monat
sahmi auf
das georg. Zahlwort
sami »drei« zurückgehen könne und nach
diesem ursprünglich folglich auch der georg. dritte Monat benannt gewesen sein müßte. K'ek'elije rekonstruiert die folgende
Ausgangsliste:
53
axalc'lisay, ori, sami, t'irisk'ani, stueli, surc'q'ani, mihrak'ani, igri, vardoba, mariali, tibisay, kueltoba.
1.1. Die Argumente und Schlußfolgerungen K'ek'elijes, die den
gegenwärtigen Stand der Forschung darstellen, können nicht in
jedem Punkte überzeugen. Das betrifft nicht nur die von ihm
aufgestellten Etymologien (vor allem im Falle von
t'irisk'ani
und
-dini, igrik'ay sowie
surc'q'nisay), sondern auch seine chronologischen Rückschlüsse aus dem Material. Da sich ferner die
Zahl der zur Verfügung stehenden Belegstellen inzwischen weiter erhöht hat, erscheint es gerechtfertigt, die Diskussion erneut
aufzunehmen.
2. Die folgende Durchsicht der Belege geht von der in Sabas
Lexikon (S) niedergelegten Reihenfolge der Monate aus. Mit J
wird der besprochene Aufsatz von Ingoroq'va bezeichnet,
54 mit
K der von K'ek'elije.
55 W verweist auf das altgeorgische Wörterbuch von I. Abulaje,
56 G auf die häufig herangezogene Arbeit von G. Garitte über die ageorg. Heiligenkalender.
57
2.0.2. axalc'lisay:
a-d) (aus dem unedierten »Martyrium der hll. Sixtus, Laurentius
und Hippolytus«; zitiert nach K, 104, 4., vgl. auch J, 285ff.):
(
ic'amnes c'midani moc'ameni abdon, senen, kswst'o, lavrent'i
da wp'olit'e — »Die hll. Märtyrer Abdon, Sennen, Sixtus, Laurentius und Hippolytus erlitten ihr Martyrium« —)
uc'inarēs
samisa dġisa axalc'lisa / uc'inarēs rvisa dġisa axalc'lisa / uc'inarēs otxisa dġisa axalc'lisa / ttuesa axalc'lisasa.
Nach der röm. Überlieferung wird der hll. Abdon und Sennen, Sixtus, Laurentius und Hippolytus resp. an folgenden Tagen
gedacht: 30.7., 6.8., 10.8. und 13.8.;
58 in der lat. Ausdrucksweise lauten diese Daten
ante diem III Calendas Augustas / ante
diem VIII Idus Aug. / ante diem IV Idus Aug. / Idus Aug. Wie
bereits J (287f.) und K (113) richtig bemerken, lassen sich die
georg. Angaben im Text, die
uc'inarēs »vor« enthalten, als fehlerhafte Umsetzungen der röm. Daten verstehen, bei denen das
Prinzip der
Idus und
Calendae mißverstanden wurde;
uc'inarēs
samisa dġisa axalc'lisa gibt so ein *
ante diem III Augustas wieder,
uc'inarēs rvisa dġisa axalc'lisa ein *
ante diem VIII Aug.,
uc'inarēs otxisa dġisa ax. ein *
ante diem IV Aug.; die Angabe
ttuesa axalc'lisasa, wörtlich »im Monat
axalc'lisay«, dürfte das
einfache
Idus Aug. repräsentieren.
59 Für
axalc'lisay bedeutet
das, daß dieser Monat hier mit dem röm. August gleichgesetzt
ist. Dafür spricht auch, daß das Martyrium in der georg. Hs. der
Bodleiana (fol. 359v) mit dem 10. August überschrieben ist.
60
2.0.3. stulisay:
a) (aus dem »Martyrium der hll. Ripsime und Gaiane«; K,
107,36.; W, 388, s.v.
stueli):
da aġesrula ocda ekussa tuesa stulisasa c'miday igi ripsime c'midita mit dasita, ocdacamet'ita axovnebisa mis modgamebiturt. da
masve tuesa ocdaswdsa aġesrula c'miday igi gaiane da orni igi
moq'uasani ... — »Et defuncta est vicesima sexta in mense
stՙulisa
(i.e. vindemiae) sancta Rhipsima (cum) sancto coetu, cum triginta
tribus fortitudinis consociis. Et eodem mense vicesima septima defuncta est sancta Gaiana, et duae sociae ...«.
61
Das »Martyrium« ist der eine Teil der georg. Agathangelos-Übersetzung; es entspricht den §§ 137-210 des armen. Textes.
62 Den Daten eines 26. und 27.
stulisay steht in der armen.
Vs. der 26./27.
hor̄i gegenüber;
63 die griech. Vss. haben den
26./ 27. September,
64 während nur in einer arab. Vs. das Datum
in den Oktober fällt.
65 Da der georg. Text auf dem armen. beruhen dürfte,
66 gibt
stulisay offenbar ebenso »mechanisch« den
armen.
hor̄i wieder wie die griech. Datierungen.
67 Vgl. noch
die spätere metaphrast. Vs. des Georg., die den 26./27.
sek't'emberisay nennt.
68
b) (aus dem uned. »Martyrium des hl. Kallistrates und seiner 49
Gefährten«; zit. n. K, 107, 35., vgl. auch J, 292 und W, l.c.):
(
k'alist'rat'e da mistanani)
ic'amnes ttuesa stulisasa ocsa —
»(Kallistrates und seine Gefährten) erlitten ihr Martyrium am 20.
im Monat
stulisay«.
Dem 20.
stulisay steht in der armen. Überlieferung ein 27.
hor̄i gegenüber,
69 in der griech. ein 27. Sept.;
70 mit dem letzteren Datum (
sek't'enbersa k'z) ist auch der georg. Text in der
Cambridger Hs. Add. I890, 6 überschrieben.
71 J rechnet mit
einer Verschreibung
ocsa = »am 20(ten)« für *
otxsa »am
4(ten)«, um das Datum mit seiner Theorie in Einklang zu bringen (Monatsanfang des
stulisay am 23. Sept.).
c) (aus der uned. Redaktion des »Martyriums des hl. Christophorus und seiner Gefährten« in den Hss. Athos 57 und Tbilisi
H 535; zit. n. K, 107, 34., vgl. auch J, 292):
esret agesrulnes bevrni igi ttuesa stulisasa ocdaxutsa, dġesa
šabatsa — »So gingen diese 10000 (Leute) dahin am 25. im
Monat
stulisay, am Samstag«.
Für die fünf Daten in der uned. georg. Red. der Christophorus-Legende s. weiter unter 2.1.8. j-n).
2.0.4. t'irisk'nisay:
a) (aus dem uned. »Martyrium des hl. Thalelaeus«; K, 107, 38.,
J, 316):
c'elta mat supevisa numerianosista, msaǰulobasa t(e)vdorēsta
tto(w)esa t'irisk'nisasa,72 ocda xutsa ttwsasa, movida tevdore
msaǰuli egea kalakad — »In den Jahren der Herrschaft des Numerianus, unter der Statthalterschaft des Theodorus, im Monat
t'irisk'nisay, am 25. des Monats, kam der Statthalter Theodorus
in die Stadt Aegaea ...«.
73
Die griech. und lat. Vs. notieren an der entsprechenden Stelle:
ante diem nonum Kalendarum Septembrium, Hyperberetæi
mensis die vigesimo tertio bzw. τῇ πρὸ ἐννέα καλανδῶν Σεπτεμβρίου, μηνὸς ῾Υπερβερεταίου εἰκάδι τρίτῃ;
74 die Angabe
ist für sich bemerkenswert, da der Hyperberetaios in den verschiedenen Kalendern, in denen er erscheint, offenbar niemals
mit dem August, sondern immer eher mit Sept., Okt. oder Nov.
übereinstimmt.
75 Die armen. Vs. datiert das Ereignis
yaraǰ k`an
zinn kałandac`n yamseann hor̄i, or ōr IG ēr amsoyn,
76 womit
offenbar eine genaue Wiedergabe des griech. Textes intendiert
ist. In den georg. Heiligenkalendern begegnet der hl. Talele
unter dem 20.5., 20.10 und 19.11.; davon sind das erste und
letzte Datum für die Bestimmung des »25.
t'.« irrelevant: der
20.5. ist das traditionelle Todesdatum des Hl. und ist so auch in
der griech. und lat. Vs. der Legende neben dem oben genannten
Datum verzeichnet;
77 bei dem 19.11. handelt es sich um eine
»lokale Kommemoration« der Jerusalemer Kirche, die die Beisetzung der Reliquien des Hl. zum Hintergrund hat.
78
b) (aus dem uned. »Martyrium der hll. Kyprianus und Justina«;
K, 107,39.):
ikmna c'amebay ... c'elta diok'lit'ianesta nik'omidia kalaksa t'irisk'nisasa xutsa — »Das Martyrium ... vollzog sich in den Jahren des Diokletian in der Stadt Nikomedia am 5.
t'irisk'nisay«.
Die existierenden Parallelüberlieferungen dieses Textes zeigen
deutlich, welchen Entstellungen die in christl. Heiligenlegenden
enthaltenen chronologischen Daten im Laufe der Tradierung ausgesetzt waren. So steht zunächst einem lat.
VI Kal. Octobris79
ein widersprüchliches πρὸ τεσσάρων καλάνδων ᾽Οκτωβρίῳ β'
in einer griech. Vs. gegenüber,
80 die wiederum mit dem traditionellen Synaxardatum der Hll., dem ᾽Οκτωβρίου β' überschrieben ist.
81 In der arab. Vs. wird als Datum der »2.
tišrīn awwal
(≈ Oktober), der 5. Tag ( = Donnerstag), die 6. Stunde« angegeben;
82 in der syr. Vs. ist hingegen von einem »15. Juni, i.e.
xəzirān« die Rede.
83 Lassen wir die letztere Vs. beiseite, so
lassen sich die gegebenen Daten evtl. unter folgenden Annahmen
vereinigen: ursprünglich war die Rede von einem dem 2. Okt.
entsprechenden Tag; das wäre in lat. Ausdrucksweise (
ante
diem)
VI Nonas Oct. Die »Nonen« wurden in der lat. Überlieferung irrtümlich durch die (geläufigeren) »Kalenden« ersetzt,
84
das Datum der griech. Vs. erklärt sich darüber hinaus durch die
Verwechslung der röm. Zahlzeichen VI und IV. In der georg.
Version könnte dann der Monat
t'. so wie der arab.
tišrīn awwal
den griech. Okt. wiedergeben, wobei die Zahl
xut- »fünf« anstelle des zu erwartenden
or- »zwei« auf die (im arab. Text
bewahrte) Angabe des Wochentags zurückgehen würde (Donnerstag =
xutšabati).
2.0.5. *t'irisdinisay:
a) (aus der »Auffindung des Hauptes Johannes des Täufers« des
Marcellus; W 412 s.v.
t'irisden-i*, t'iris-didi):
xolo iq'o dadgomay c'midisa morbedisa da natlis mcemelisay ttuesa ok'dombersa romel ars t'irisdidi k'v indik't'ionsa v — »Und die
Beisetzung des hl. Präcursors und Täufers war im Monat Oktober,
welcher der
t'irisdidi ist, (am) 26., in der 6. Indiktion«.
85
Die Angabe deckt sich genau mit denen der griech. und lat.
Vs. in den Acta Sanctorum:
vigesima sexta mensis Octobris
indictione sexta / μηνὶ ὀκτωβρίῳ εἰκάδι ἕκτῃ ..., ᾽Ινδικτιῶνος
ἕκτης;
86 wie der Text selbst aussagt, ist der
t'. also dem Oktober gleichgesetzt. Die georg. Heiligenkalender kommemorieren
unter dem 26.10. die Auffindung des Hauptes;
87 s. dazu weiter
unter 2.1.7. k).
b) (aus einem Kolophon der Tbilisi-Hs. A 256; K 107,40.):
c'elta dasabamitgan soplisa vidre akamomde švidi atas oras
ormeocda atormet'i da ganqorcielebitgan ġvtisa sit'q'visa atas
švidas ormeoci indik't'ionsa, ttvesa t'irisdeni ri(cxvi ?) ekvsi,
dġesa šabats, kronik'ons otxas ocda cxra — »Im Jahre 7252 seit
Anbeginn der Welt und 1740 seit der Inkarnation des Wortes
Gottes, in der Indiktion (!), im Monat
t'irisdeni Nr. (?) 6, am
Samstag, im Chronikon 429 ...«.
88
Dieses Beispiel ist das einzige bisher bekannte seiner Art; daß
die ageorg. Monatsnamen im 18. Jh. tatsächlich noch in Gebrauch gewesen wären, ist alles andere als wahrscheinlich.
89
Stattdessen dürfte es sich um eine gelehrte Archaisierung handeln, die evtl. auf den Angaben in Sabas Lexikon beruht: Geht
man davon aus, daß das 429. georg. Chronikon am 1. Sept. 1740
begonnen hat,
90 so könnte der »6.
t'.« den 6. Dezember repräsentieren, der im Jahre 1740 (nach julian. Kalender) tatsächlich
ein Samstag =
šabati gewesen ist.
2.0.6. ap'nis(is)ay:
a) (aus dem »Martyrium der hl. Šušanik'« des Jakob von Curt'av; J 436, K 103,1./104,9.; W 7, s.v.
ap'an-i):
da ars dasabami t'anǰvata mat cmidisa šušanik'istay ttuesa
ap'nisisasa, mervesa ttwsasa da dġesa otxšabatsa — »Und der
Anfang der Qualen der hl. Šušanik' ist (war) im Monat
ap'nisisay, am 8. des Monats und am Mittwoch«. — Im gleichen Zusammenhang nennt der Text noch folgende weitere Daten:
da meored guemay misi šemdgomad aġvsebisa zat'ik'sa, dġesa
oršabatsa. da k'ualad t'anǰvay vardobisa ttuesa atcxramet'sa. da
aġsrulebay misi ttuesa ok'dombersa ačwdmet'sa, saqsenebelsa
c'midata mat da sanat'relta moc'ameta k'ozman da damianēsta.
da dġe xutšabati iq'o. — »Und zum zweiten Mal (war) ihre Peinigung nach dem Osterfest, am Montag. Und wieder (war ihre)
Folterung am 19. im Monat
vardobisay. Und ihr Hinscheiden am
17.
Oktober, am Feiertag der hll. und sll. Märtyrer Kosmas und
Damian. Und es war ein Donnerstag.«
91
Für das »Martyrium der hl. Šušanik'«, das als der älteste
georg. Originaltext überhaupt gilt, gibt es nur im Armen. eine
Parallelüberlieferung; der betr. Text enthält von den genannten
Daten jedoch nur das letzte, und zwar wird der »Tag des Hinscheidens der hl. Š.« hier als der »17. des Monats
k`aloc`« angegeben.
92 Für die beiden alten Monatsnamen,
ap'nisisay und
vardobisay, besagt die Gleichsetzung 17.
ok'domberi / 17.
k`aloc`
nichts, zumal man davon ausgehen muß, daß dieses Datum ein
späterer Zusatz im Text ist.
93 Aus der georg. Legende selbst
geht allenfalls für den
ap'nisisay hervor, daß dieser Monat vor
der Zeit der »großen Fasten« gelegen haben muß, d.h. vor dem
Februar anzusetzen ist,
94 und daß der
vardobisay in die Zeit
nach Ostern fiel. Festzuhalten bleibt, daß das »Martyrium der hl.
Šušanik'« sowie das »Martyrium des Königs Arčil«
95 die einzigen georg. Originaltexte sind, die noch alte Monatsnamen
aufweisen; schon das »Martyrium des Habo von T'pilisi«, das
im ausgehenden 8.Jh. von dem Augenzeugen lovane Sabanisje
niedergeschrieben wurde, enthält ausschließlich lat. Monatsnamen.
96
b) (aus der Legende der »Erscheinung des Kreuzes vor Konstantin«; J 436; K 103,2.; W l.c.):
mešwdesa (c'elsa) supevasa k'ost'ant'ine didisa mepisasa, ttuesa
ap'nisasa šek'rba eri didjali c'armarttay mdinaresa z(ed)a, r(ome)lsa hrkwan danub — »Im siebten Jahre unter der Herrschaft
des Konstantin, des großen Kaisers, im Monat
ap'nisay, versammelte sich eine große Menge Heiden an dem Flusse, welchen
man Donau nennt.«
97
Dem »Monat
ap'nisay« der georg. Überlieferung steht in der
griech. Vs. der Legende ein μηνὶ ᾽Ιανουαρίῳ gegenüber;
98 eine
einfache Monatsangabe haben auch die armen. Vs. (»im Monat
arac`«)
99 und die syr. Vs. (»im Monat
kānūn ՚əxərāy«).
100 Zu
dem griech. »Januar« paßt die Notierung der Kreuzeserscheinung am 29.1. in den georg. Heiligenkalendern,
101 ferner, daß
der Text in den Hss. teilweise mit dem »29. ianvari« überschrieben ist.
102
c) (aus dem Bericht des Priesters Lucianus über die »Auffindung
der Reliquien des hl. Stephanus«; J, 437; K, 104, 3.):
mejina ...
dġē romeli ganteneboda p'arask'evad, ap'nisa ttuesa samsa,
žamsa mas meatxutmet'esa indik't'ionisasa, meatesa mas wp'at'ionsa (onoris k'eisrisa) da meekusesa mas c'elsa tevdosissa ..
— »Ich schlief ... (am) Tag, der zum Freitag hin anbrach, im
Monat
ap'nisay, am 3. (Tage), in der 15. (Zeit der) Indiktion (!),
im 10. Jahr der Herrschaft des Honorius und im 6. Jahr des
Theodosius ..
103
Auch hier findet sich wieder eine weitgehende Übereinstimmung mit den übrigen Vss.: der »Freitag, 3.
ap'nisay« entspricht dem griech. Παρασκευῆς ... τρίτης μηνὸς δεκεμβρίου,
104 dem lat.
sexta feria, tertio Nonas Decembres105 sowie
dem syr. »
ՙərūḇā 3. kānūn qədēm«;
106 die armen. Vs. verlegt
das Ereignis auf den Samstag (
yawowr šabat`ow... or awr g ēr
k`ałoc` amsoy).
107 Unhaltbar ist die Argumentation von J (437),
der das Datum des »3.
ap'nisay« mit dem 22. Januar identifizieren will, da dieser Tag in den Lektionarien mit dem hl. Stephanus verbunden sei; tatsächlich wird an diesem Tag jedoch »in
(der Jerusalemer Kirche) St. Stephan das Gedächtnis aller Märtyrer
seit dem hl. Stephanus« begangen, cf. G, 138f.
2.0.7. surc'q'nisay:
a) (aus dem »Martyrium des hl. Stephanus«; J 433f.; K, 107,
37.):
da aġesrula c'miday st'epane ttuesa su(r)c'q'nisasa meekusesa,
dġēsa p'arask'evsa, žamsa mešwdesa — »Und der hl. Stephanus
verschied im Monat
surc'q'nisay, am 6. Tage, am Freitag, um die
siebte Stunde.«
108
Das Gedächtnis des hl. Stephanus wird meist am 26. oder
27. Dezember gefeiert; das letztere Datum gilt auch in der georg.
Kirche, was nicht zuletzt aus den Überschriften in diversen Hss.
hervorgeht, wo das »Martyrium« unter dem
dek'embersa k'z
notiert ist.
109 J (434) setzt dieses Datum mit dem »6.
surc'q'nisay« gleich und kommt so auf einen Monatsanfang am 22. Dezember; K (117) hingegen geht davon aus, daß in der Ostkirche
als Feiertag des hl. Stephanus daneben der 8. Januar geläufig
ist,
110 der sich mit dem 6.
surc'q'nisay decken würde, wenn
dieser Monat seinen Anfang am 2. Januar gehabt hätte. Obwohl
offenbar keine Parallelüberlieferung unserer Textstelle existiert,
111 ist eine andere Lösung des Problems denkbar: In der
lat. Diktion wird der Hl.
ante diem VII Kal. Ianuarii gefeiert,
112
was dem 26. Dez. entspricht. Dem 27. Dez. würde ein *
(ante
diem) VI Kal. Ian. gleichkommen, das sich nach dem oben zu
2.1.1.a) gesagten hinter dem »6.
surc'q'nisay« verbergen könnte;
der
surc'q'nisay wäre dann mit dem Januar äquivalent.
b) (aus dem uned. Apokryphon über die »Geburt Johannes des
Täufers«; W, 406 s.v.
surc'q'unis-i):
da aġesrula srbay twsi twesa surc'q'nisasa mešwdesa dġesa
šabatsa — »Und er beschloß seinen Lebenswandel im Monat
surc'q'nisay am 7., am Samstag.«
113
Auch für diese Textstelle, die den Abschluß des Apokryphons
bildet, findet sich offenbar keine direkte Parallelüberlieferung.
114 Das Datum des 7.
surc'q'nisay könnte aber mit dem
7.Januar identisch sein, unter dem ein vergleichbarer slav. Text in
einer Moskauer Hs. erscheint.
115 Als das Todesdatum des Täufers gilt ansonsten, auch in der georg. Überlieferung, meist der
29. August;
116 jedoch ist der Hl. im georg. wie im griech. Synaxarkalender auch unter dem 7. Januar notiert.
117
2.0.8. mihrak'nisay:
a) (2. Mos. 40, 2 nach der Mcxeta-Hs.; S 1, 488 s.v.
mirk'ani):
ertsa dġesa ttwssa mis mirk'anisasa, twstavsa aġmarto k'aravi
igi sac'amebelisa. — »Am 1. Tage des Monats
mirk'anisay, am
Monatsanfang, sollst du das Zelt des `Martyrions' aufrichten.«
118
Die Mcxeta-Hs. steht hier nicht nur den anderen georg. Bibel-Hss. entgegen, sondern auch, soweit ich sie übersehe, den in
Frage kommenden Vorlagen (Septuaginta; armen., evtl. auch
hebr. und syr. AT), wo überall nur von dem »1. Tag des ersten
Monats« die Rede ist.
119 An den übrigen Stellen, wo im Bibeltext ein Monat nur durch sein Ordinale bestimmt ist, weicht die
Mcxeta-Hs. nicht ab.
120 Es dürfte sich also um eine in den Text
geratene Glosse handeln, wobei allerdings fraglich bleibt, warum
dies gerade an der vorl. Stelle geschehen ist und warum mit dem
ersten bibl. Monat gerade der
mirk'anisay identifiziert wurde;
vgl. dazu weiter die folgenden Belege sowie unter 2.1.7. e/i),
2.1.8. a-f) und 2.1.9. b-c).
121
b) (1 Esra 6, 14-15 nach den Hss. A 570 und H 646; J, 4374; K,
106, 28.):
romelsa dġesa sami iq'o adar ttwsay c'elsa meekusesa šaravandedobasa darehisasa, mihrak'nisa ttuesa oc-da-samsa, aġesrula
t'ajari igi — »Am Tage, der der 3. des Monats Adar war, im
sechsten Jahre der Herrschaft des Darius, am 23. des Monats
mihrak'nisay, wurde der Tempel fertiggestellt.«
Mit der hier vorliegenden Glossierung des bibl. »3. Adar«
durch eine autochthone Datumsangabe nimmt der georg. Text
erneut eine Sonderstellung ein.
122 Die Gleichsetzung der Monate ist auch schon in der ältesten georg. Bibelhandschrift, der
Ošk'i-Bibel enthalten (Athos 1, AD 978; W, 255 s.v.
mihrak'(a)n-i ...):
romelsa dġesa sam iq'o adar ttwsay ... mehrak'nisa
ttuesa aġesrula t'ajari igi — »Am 3. Adar ... im Monat
mehrak'nisa ...«; nach K (106) bietet die Hs. Tb. A 471, die als Abschrift der Ošk'i-Bibel gilt, das Datum
mihrak'nisa ocdaxutsa
»am 25.
m.«. Lediglich die Mcxeta-Hs. (A 51) weist den Einschub nicht auf:
romelsa dġesa sami iq'o adarisa ttwsa, c'elsa
mas meekusesa šaravandobisa darehisasa, aġesrula t'ajari
igi.123 — J (437) und K (116) halten die Identifikation des »3.
Adar« mit dem »23.
mihrak'nisay«, offenbar im Sinne einer
lectio difficilior, für authentisch und benutzen sie als einen gewichtigen Zeugen für ihre chronologischen Schlußfolgerungen.
Auf eine ganz andere Lösung weist jedoch der folgende Beleg:
c) (3 Esra 7, 5 nach der Jerusalemer Bibel-Hs.; W, l.c.):
aġesrula t'ajari igi c'miday mirak'nisasa meotxesa mesamisa
adar twsasa — »Der hl. Tempel wurde vollendet am 4. im
mirak'nisay, des 3. Monats Adar«.
Hier scheint zunächst eine andere chronologische Gleichsetzung vorzuliegen, nämlich zwischen dem 3. Adar und dem 4.
m.
Auch hier ist es jedoch angebracht, die anderen Bibel-Hss. heranzuziehen. In der Ošk'i-Bibel lautet die Stelle:
124 aġesrula t'ajari igi c'miday mirak'nisasa meocesa, mesamisa adar twsasa,
meekusesa c'elsa šaravandebasa darelissa — »Der hl. Tempel
wurde vollendet am 20.
mirak'nisay, des 3. Monats Adar ...«.
Die Mcxeta-Hs. bietet den folgenden Text:
aġesrula t'ajari igi
c'miday mirak'nisasa, meocesa ttwsa adarisasa, meekusesa c'elsa
.. — »... wurde vollendet im
mirak'nisay, am 20. des Monats
Adar ...«.
125 Was von den drei unterschiedlichen Angaben zu
halten ist, lehrt uns ein Blick in die Septuaginta: danach wurde
der Tempel vollendet ἕως τρίτης καὶ εἰκάδος μηνὸς Αδαρ τοῦ
ἕκτου ἔτους βασιλέως Δαρείου, also »bis zum drei-und-zwanzigsten des Monats Adar«. Genau dies dürfte auch in der georg.
Urfassung gestanden haben: das
mirak'nisasa meocesa, mesamisa
adar twsasa der Ošk'i-Bibel führt zurück auf ein
*k'g (= 23)
adar twsasa, das durch eine in den Text geratene Glosse des
Monatsnamens, nämlich
mi(h)rak'nisasa, mißdeutbar wurde.
Unter diesem Urtext lassen sich auch die beiden anderen Fassungen vereinigen, wobei für die Jerusalemer Bibel eine Ersetzung des (nunmehr ausgeschriebenen) Ordinale
meocesa durch
meotxesa »4.« anzunehmen ist, für die Mcxeta-Hs. der Ausfall
des zweiten Ordinale,
mesamesa.126 — Eine Schlußfolgerung für
den Beleg aus dem 1. Esra-Buch ergibt sich nun daraus, daß
die beiden besprochenen Stellen denselben Sachverhalt zum
Inhalt haben: Es spricht alles dafür, daß die Glosse, die in 1 Esra
6,15 in den Text geriet, eben der »23. Adar =
mihrak'nisay«
ist, der für die »Parallelstelle« 3 Esra 7,5 vorauszusetzen war; es
handelt sich also um so etwas wie einen »Querverweis«. Für den
Monatsnamen
mihrak'nisay gilt demnach festzuhalten, daß er an
beiden behandelten Stellen mit dem bibl. »Adar« gleichgesetzt
wurde.
d) (aus dem »Martyrium des Königs Arčil« von Leont'i Mroveli,
Teiltext der »Georgischen Chronik«
Kartlis cxovreba; J, 438; K,
106, 31.):
da mohk'uetes tavi (misi) tuesa mirk'anissa romel ars mart'i,
ocsa mis twsasa »Und sie schlugen ihm seinen Kopf ab im Monat
mirk'anisi, der der März ist, am 20. des Monats«.
127
Dem Text entsprechend gilt der 20. März in Georgien generell
als der Gedenktag des Hl.; in den ältesten liturgischen Kalendern
begegnen jedoch auch die Daten 8. und 15. Januar.
128 Eine Parallelüberlieferung existiert offenbar nicht.
e) (aus dem »Physiologus«; J, 438f.; K, 106, 30. / 104, 5.; W,
l.c.):
da movidis aregd kalakad ttuesa mihrak'nisasa, gina tu vardobisasa — »Und er kommt nach Helioupolis im Monat
mihrak'nisay
oder aber
vardobisay«.
129
Wie allein schon der Name
areg- kalak- für die Stadt Helioupolis zeigt, ist der georg. Text aus einer armen. Vorlage übersetzt. Für die Ankunft des Vogels Phönix in »Aregk`ałak`«
werden nun auch in verschiedenen armen. Fassungen des Physiologus je zwei alternative Monate genannt; man vgl. die beiden
folgenden Varianten: (
ert`ay azd ar̄nē k`rmin Areg k`ałak `i)
yamseann p`asnowd kam i parmop`i, aysink`n y areg kam i
k`ałoc`130 /
yamseann paremodi kam p`armowt`i aysink`n aregi
kam ahki.131 Hier werden also die beiden alexandrinischen Monate
Pharmouthi und
Phamenoth mit den armen.
areg und
k`ałoc` bzw.
areg und
ahki resp. identifiziert. Dabei ist bemerkenswert, daß die beiden alexandrin. Monate im Kalender direkt
benachbart sind und ungefähr dem April und März entsprechen,
während die armen.
areg und
k`ałoc` durch zwei andere Monate
getrennt sind und
areg und
ahki die umgekehrte Reihenfolge
aufweisen. Wie zunächst die alexandrin. »Datierung« entstanden
ist, kann man an der griech. Vs. ablesen; hier heißt es: ἐν τῷ
μηνὶ τῷ νέῳ, Νησὰν ἢ ᾽Αδάρ, τουτέστι τῷ Φαμενωϑὶ ἢ τῷ
Φαρμουϑί.
132 Ausgangspunkt war also die Angabe ἐν μηνὶ τῷ
νέῳ, die im älteren bibl. Sprachgebrauch verankert ist.
133 Diese
wurde durch eine Glosse mit den jüngeren bibl. Monatsnamen
erläutert, wobei die Gleichsetzung des »neuen Monats« mit dem
»Nisan« oder »Adar« dem Glossator nicht eindeutig möglich
war. Die beiden letzteren Monatsnamen wurden dann selbst
wieder durch die alexandrin. glossiert, die tatsächlich in dieser
Reihenfolge dem »Nisan« und »Adar« entsprechen. Fraglich ist
nun, ob in den gen. armen. Varianten überhaupt eine Identifizierung mit den alexandrin. Monaten vorliegt, oder ob
areg und
ahki bzw.
k`aloc` nicht vielmehr die Monate Nisan und Adar
selbst wiedergeben, wobei die Divergenzen darauf beruhen könnten, daß die Gleichsetzungen aus verschiedenen Bibelübersetzungen geschöpft wurden.
134 Für die georg.
mihrak'nisay und
vardobisay läßt sich aus der gegebenen Stelle nach allem gesagten
nur schließen, daß sie nicht zwei benachbarte Monate gewesen zu
sein brauchen; da die genaue Vorlage nicht bekannt ist, kann
nicht einmal gesagt werden, welche armen. Monate sie übersetzen.
135
f-g) (aus der uned. zweiten Red. der »Christophoruslegende«; K,
106, 26. f):
da aġesrula c'amebay mati (ak'wlina — k'alenik'esi) ttuesa mehrak'nisasa ocdaxutsa — »Und ihr (der Aquilina und der Kallinike) Martyrium vollzog sich im Monat
mehrak'nisay, am 25. ...«
da mohk'uetes tavi misi (krist'epores) ttuesa mihrak'nisasa xutsa,
dġesa k'wriak'esa — »Und sie schlugen ihm (Christophorus)
seinen Kopf ab im Monat
mihrak'nisay, am 5., am Sonntag.«
Für die Daten in der uned. Red. der Christophoruslegende s.
unter 2.1.8. j-n).
h) (aus dem »Martyrium des hl. Philektimon«; K, 107, 33; W,
l.c.):
xolo c'(mi)day teodosia aġesrula meatormet'esa pebrvalisa ttuesa
r(ome)l ars mihrak'ni, dġesa k'wriak'esa žamsa mesamesa —
»Und die hl. Theodosia verstarb am 12. im Monat Februar, der
der
mihrak'ni ist, am Sonntag, zur 3. Stunde«.
136
Das Martyrium, das außer in der georg. offenbar nur noch in
einer armen. Vs. vorliegt,
137 enthält noch drei weitere Datierungen:
miicvala c'(mida)y grigori ... da anat'olia coli misi atxutmet'sa
ianvarisasa r(ome)l ars [ap'nisi] dġesa šabatsa zamsa meotxesa
— »Es verstarb(en) der hl. Gregor ... und seine Frau Anatolia am
15. Januar, welcher der *
ap'nisi ist, am Samstag, um 4 Uhr«;
sebast'iane jmaman teodosiaysaman . . . aġesrula mešwdesa
ap'rilis ttuesa r(omel) ars igrik'ay dġesa otxšabatsa — »Sebastian, der Bruder der Theodosia, ... verschied am 7. im Monat
April, welcher der
igrik'ay ist, am Mittwoch.«
šemdgomad amat q'oveltasa aġesrula c'(mida)y igi pilek't'imon
atxutmet'sa mart'isa ttwsasa r(ome)l ars mariali dġesa šabatsa,
r(omel)i ganteneboda šemdgomad gantenebisa dġesa c'(midi)sa
aġdgomisasa — »Nach allen diesen verstarb der hl. Philektimon
am 15. des Monats März, welcher der
mariali ist, am Samstag,
der nach dem Anbruch des Tages der hl. Auferstehung heraufdämmerte«.
138
Die Daten der armen. Vs. lauten wie folgt:
139
Gregor-Anatolia: 15.Januar (yownowar) = arac`, Freitag (owrbat`), 4 Uhr;
Theodosia: 12. Februar (p`etrowar) = mehekan, Sonntag (kiwriakē), 2 Uhr;
Sebastian: 7. April (aprieli) = ahekani, Mittwoch (č`orek`šabat`),
5 Uhr;
Philektimon: 7. Mai (mayisi) = mareri, Samstag (šabat`).140
Daß für den im georg. Text mit dem
mariali identifizierten
mart'isa = März aufgrund der armen. Vs. ein
maisa = Mai zu
konjizieren ist, wurde bereits von K (l.c.) angenommen;
141 die
Konjektur wird ja auch durch den Kontext selbst nahegelegt,
wonach der »15.
marial-« nach dem »7. April« und nach Ostern
gewesen sein muß.
142 Für die Divergenzen zwischen den georg.
und den armen. Daten läßt sich folgende Lösung denken: Alle
gen. Ereignisse fanden laut dem Text in éinem Jahr, nämlich
dem »7. Jahr des Kaisers Gordian« statt (
da ikmna ese mešwdesa
c'elsa gordiane mepisa ...);
143 unter einem Jahr vereinigen sich
aber Freitag (
owrbat`), 15. Januar; Sonntag (
k'wriak'e), 14.
Februar;
Mittwoch (
otxšabati), 7. April und Samstag (
šabat`ow / -ti),
15. Mai.
Als Übertragungsfehler wäre also die Verwechslung der armen.
owrbat` und
šabat` im georg. Text anzunehmen;
144 in der
vorl. armen. Hs. wäre die Zahl »7» vom dritten auf das vierte
Ereignis perseveriert. Problematisch bleibt bei dieser Lösung,
daß die gen. Datenliste nicht für das präsumptive 7. (= Todes-)
Jahr des Kaisers Gordian (III.), nämlich AD 244 zutrifft, sondern nur für 241 oder 247.
145 — Für die gen. georg. Monatsnamen bleiben folgende Äquivalenzen:
mihrak'ni = mehekan =
Februar;
igrik'ay = ahekani = April;
mariali = mareri =
Mai.
146
i) (aus der Schrift »Über die Auferstehung Christi« des Kyrill
von Jerusalem; W, l.c.):
mihrak'nisa mas tuesa moc'evnitgan zapxuli arn; merme rametu
amas tuesa ebraelebr nisan saxel-edebis, romelsa-igi dġesasc'auli vnebisay mis aġesrulebis »Im Monat
mihrak'nisay, von (dessen) Erreichen an (?) ist Frühling; denn dieser Monat heißt auf
hebräisch Nisan, in dem der Feiertag der Passion vollzogen
wird«.
147
Der georg. Text deckt sich weitestgehend mit dem griech.:
Ξανϑικοῦ γὰρ τούτου τοῦ μηνὸς ἐνεστῶτος, ἔαρ ἐστὶ λοιπόν.
῾Ο δὲ καιρὸς ἐστιν οὗτος, ὁ μὴν ὁ παρ' ῾Εβραίοις πρῶτος, ἐν
ᾧ ἡ ἑορτὴ τοῦ Πάσχα ...
148 Zur Wiedergabe des hebr. »ersten
Monats Nisan« durch den
mihrak'nisay vgl. auch oben unter e)
sowie 2.1.8. a) und 2.1.9. b).
j) (aus dem »Martyrium der hll. Speusippes, Eleusippes, Melasippes«; K, 106, 32.):
xolo c'ames c'midata mat ttuesa mihrak'nisasa atekusmet'sa
»Und die Hll. erlitten ihr Martyrium im Monat
mihrak'nisay, am
16.«
149
Das Datum, unter dem die drei Hll. gemeinhin gefeiert werden, ist der 17. Januar;
150 dieses Datum nennen, auf die »röm.«
Art, auch die griech. und lat. Vss. des Martyriums: Μαρτυροῦσι
δὲ τῇ πρὸ δεκαὲξ καλανδῶν ϕεβρουαρίων
151 /
Passi sunt autem hi qui supra XVI Kal. Februarias.152 Da der
mihrak'nisay
sonst nirgends mit dem Januar gleichgesetzt ist, wohl aber mit
dem Februar, dürfte die Angabe des georg. Texts wieder auf der
mißverstandenen »Kalenden«-Formel beruhen. Bemerkenswert ist
noch, daß der Text in der Bodleiana-Hs. unter der Überschrift
eines »16. April« erscheint,
153 in der Athos-Hs. 57 jedoch unter
dem »20.Januar«.
154
k) (aus der »Auffindung des Hauptes Johannes des Täufers« des
Marcellus):
ganzogebasa mas šwdeulta c'midata marxvatasa twesa mihrak'nisasa dġesa meatrvamet'esa c'elsa sameocdasamsa žamsa
indik't'ionsa meekusesa mepobasa ... valent'inessa da mark'ianesa — »In der Mitte der Wochen der hl. Fasten im Monat
mihrak'nisay am 18. Tage im 63. Jahr in der Zeit der 6. Indiktion
unter der Herrschaft des Valentianus und Marcianus ...«
155
Auch diese Angabe deckt sich wieder mit der in der griech.
und lat. Vs.: ἐν τῇ μέσῃ ἑβδομάδι τῶν ἁγίων νηστειῶν περὶ
τοῦ Φεβρουαρίου μηνὸς ὀκτωκαιδεκάτην ... /...
octavo decimo
die mensis Peritii, id est, ad XII Kal. Martias ...156 Der »24.
Februar«, unter dem die Synaxarien die Auffindung kommemorieren
157 und mit dem auch der georg. Text in der Athos-Hs. 11
überschrieben ist,
158 ist nach Ausweis des lat. Texts der Tag, an
dem die »Offenbarung« des Ereignisses stattfand.
159
l) (aus dem »Martyrium des hl. Izidbozid«; W, l.c.):
da iq'o žamsa zamtrisasa, (ttuesa) mehek'anisasa, c'esisaebr
sp'arstaysa dasabami ttuetay, da čueulebisaebr matisa zorvasa
mas bilc'ebisasa aġasrulebdes (msaxurebasa) cecxlisasa ap'aranta sina hama(r)k'arisata — »Und es war in der Zeit des Winters,
im Monat
mehek'anisay, nach der Sitte der Perser der Anfang der
Monate, und sie vollzogen gemäß ihrer Gewohnheit (ihr) Opfer
(voller) Unreinheit, im Dienste des Feuers, in dem Palast des
Präfekten«.
160
Das vorl. Martyrium gehört zu einer Gruppe von Texten, die
nur in der Athos-Hs. Nr. 57 enthalten sind und als wortgetreue
Übersetzungen armen. Vorlagen gelten.
161 Die entsprechende
Stelle lautet im armen. Text:
Ew linēr i jmerayin žamanaki, i
mehekanin, əst Parskac` amsoy skizbn, ew əst sovorowt`eann
iwreanc` zohs ałtełis matowc`anēin hroyn yaparans hama(r)karin.162 Daß der Name
mehek'anisay im georg. Text auf einer
direkten Übernahme des armen.
mehekanin beruht, erweist sich
bereits an der Form, die sich von den bisher besprochenen Varianten des Namens v.a. durch das fehlende
-r- auszeichnet. In
den übrigen Texten der gleichen Kategorie werden die armen.
Monatsnamen nun konsequent durch die röm. wiedergegeben,
und auch im vorl. Martyrium begegnet noch die Entsprechung
erkow k`ałoc` amsoy — ttuesa ivlissa orsa;163 es ist also davon
auszugehen, daß
mehek'anisay an der gegebenen Stelle nicht eine
Variante des georg. Monatsnamens
mihrak'nisay ist, sondern als
armen. Fremdwort in der Bedeutung »Jahresanfang der Perser«
neu übernommen wurde.
164
m) (aus dem »Martyrium der hll. Tarachus, Probus und Andronikus«; K, 105, 18. und 106, 29.): s. unter 2.1.8. i).
2.0.9. igri(k'ay), igri(k'i)say:
a) (aus den apokryphen Stücken des Buchs Esther: 11, l; J, 440
und K 105f., 21. nach den Hss. A 570 und H 646):
c'elsa meoresa mepobasa aswreosisa didisasa, romel ars art'axšeni, ertsa mas ttuesa nisanisasa, ese ars ttue igrik'isay — »Im
2. Jahr der Herrschaft von Ahašveroš dem Großen, der Artaxerxes ist, am 1. im Monat Nisan, das ist der Monat
igrik'isay (hatte
Mardochai einen Traum)«.
In der Mcxeta-Hs. ist der »1. Nisan« durch einen anderen
Monatsnamen glossiert:
ertsa mas ttvesa nisanisasa, ese ars ttve
vardobisa — »Am ersten im Monat Nisan, das ist der Monat
vardobisay«.
165 Eine verbindende Stellung zwischen beiden Varianten scheint die Ošk'i-Bibel einzunehmen, die nach W (188
s.v.
igrik'a bzw. 153 s.v.
vardoba, -isa) folgenden Text aufweist:
p'irvelsa mas dġesa tuesa adar da nesasa, romel ars igrik'ay da
vardobay — »Am ersten Tage im Monat Adar und Nesa, welches
ist
igrik'ay und
vardobay«. Diese erstaunliche Angabe erklärt
sich am ehesten als ein Vermittlungsversuch zwischen dem Text
der Septuaginta, die nur vom ersten Nisan spricht,
166 und der
armen. Bibel, die stattdessen den ersten Adar nennt und diesen
ebenfalls glossiert:
yaraǰnowm awowr amsoyn adaray, or ē hayerēn areg.167 Da, wie die folgenden Belege zeigen, der
igrik'ay
in der georg. Bibel ansonsten immer mit dem Adar gleichgesetzt
ist, läßt sich annehmen, daß die erstgen. Fassung (in den Hss. A
570 und H 646) auf einen ähnlichen Urtext zurückgeht, wie ihn
die Ošk'i-Bibel repräsentiert, wobei von den zwei bibl. Namen
der
adaray und von den beiden georg. Namen der
vardobay
wegredigiert wurde. Der Eintrag der Mcxeta-Bibel ist im Zusammenhang mit den Belegen 2.1.9. b) und c) zu sehen.
b) (Esther 3, 13 nach den Hss. A 570 und 646; J, 439; K, 105,
19.):
meatormet'e dġe ttwsa mis adarisay, romel ars igrik'ay — »Am
12. Tage des Monats Adar, welcher der
igrik'ay ist«.
Mit dem »12. Adar« steht die hier vorliegende Fassung zunächst einmal sowohl der Septuaginta als auch dem kanonischen
Bibeltext entgegen: nach der ersteren soll die Vernichtung der
Juden »an einem Tage des zwölften Monats Adar« geschehen,
168 nach dem letzteren »an einem Tag, (nämlich) dem 13.
des 12. Monats, der der Adar ist«.
169 Die georg. Formulierung
läßt sich aber ohne weiteres auf ein Mißverständnis der Septuaginta-Version zurückführen, zumal dieser auch die armen. Bibel
folgt.
170 Etwas anders ist die Sachlage wiederum bei der Mcxeta-Hs.; hier lautet der Aufruf des Ahašveroš:
... ganrq'vnad q'oveli natesavi huriata meatotxmet'esa ttvesa adarisasa, romel ars
igrik'a — »... zu vernichten den ganzen Stamm der Juden am 14.
im Monat Adar, welcher der
igrik'a ist«.
171 Auf eine Erklärungsmöglichkeit für die Zahl 14, die an der gegebenen Stelle
m.W in keiner anderen Tradition erscheint, weist der folgende
Beleg:
c) (Esther 3, 7 nach der Mcxeta-Hs.):
da ganhqda c'ili meatotxmet'esa ttvesa mis adarisasa, romel ars
igrik'isa — »Und das Los fiel auf den 14. im Monat Adar, der
der
igrik'isay ist«.
172
Das hier gegebene Datum stimmt mit dem »14. Adar« der
Septuaginta (und der armen. Bibel) überein;
173 es ist wahrscheinlich, daß die Redaktion des Textes beide behandelten Esther-Stellen in Übereinstimmung zu bringen versuchte, zumal
diese nahe beieinander liegen.
174
d) (Esther 8, 12 nach den Hss. A 570 und 646; S, 327 s.v.
igrik'a; J, 439; K, 105, 20.):
meatsamet'esa dġesa ttwsa mis meatormet'isasa, ttuesa adarsa,
romel ars igrik'ay — »Am 13. des 12. Monats, im Monat Adar,
der der
igrik'ay ist«.
175
Vgl. den Text der Septuaginta: τῇ τρισκαιδεκάτῃ τοῦ δωδεκάτου μηνός, ὅς ἐστιν Αδαρ; erstaunlicherweise nennt bei diesem wie auch bei dem folgenden Beleg die Mcxeta-Hs. den Adar
den »elften« Monat:
meatsamet'esa dġesa ttwsa mis meatertmet'isasa, ttwesa adarsa, romel ars igrik'a ...176
e) (Esther 9, 1 nach der Mcxeta-Hs.):
meatertmet'esa ttvesa, atsamet'sa adarisasa, romel ars igrik'a,
miic'ia c'ignebi igi mic'erili mepisagan — »Im elften Monat, am
13. des Adar, welcher der
igrik'ay ist, gingen die Briefe, vom
König geschrieben, hinaus«.
177
Vgl. die Septuaginta: ᾽Εν γὰρ τῷ δωδεκάτῳ μηνὶ τρισκαιδεκάτῃ τοῦ μηνός, ὅς ἐστιν Αδαρ, παρῆν τὰ γράμματα τὰ
γραϕέντα ὑπὸ τοῦ βασιλέως.
f) (Esther 9, 20-22 nach der Mcxeta-Hs.):
da dac'era mardoke sit'q'uani ese... da miujġvanes q'ovelta
huriata ... dac'esebad c'esni ese sagalobelad... q'opad meatotxmet'e da meatxutmet'e dġe ttwsa mis adarisa. dġesasc'aulad
uplisa, rametu amat dġeta šina ganisuenes mt'ertagan matta. da
ttvesa, romelsa mic'era adarsa, romel ars igrik'a, da ubrjana
q'ovlad q'opa k'etilisa — »Und Mardochai schrieb diese Worte
auf ... und sie sandten sie aus an alle Juden..., damit sie als Regel
bestimmten, den 14. und den 15. Adar zum Freuden(tag) ... zu
machen, zum Feiertag des Herrn; denn an diesen Tagen waren sie
zur Ruhe gekommen vor ihren Feinden, und in (diesem) Monat,
in dem er (es) geschrieben hat(te), im Adar, welcher der
igrik'ay
ist. Und er befahl ihnen, (die Tage) ganz zu (solchen) des Wohls
zu machen«.
178
Die Monatsangabe steht folgendem Text der Septuaginta gegenüber: καὶ τὸν μῆνα, ἐν ᾧ ἐστράϕη αὐτοῖς (ὃς ἦν Αδαρ) ἀπὸ
πένϑους εἰς χαρὰν ... »und den Monat, in dem es sich ihnen
gewendet hatte (welches der Adar ist) vom Leid zur Freude«.
Das bemerkenswerte
mic'era »er hat geschrieben« in der georg.
Fassung erklärt sich vermutlich daraus, daß dem Redakteur eine
Sept.-Hs. wie der Sinaiticus vorlag, der anstelle von ἐστράϕη
ἐγράϕη bietet und dem die auf die Parenthese folgenden Worte
fehlen.
179
g) (aus dem »Martyrium der hll. Viktor und Stephania«; J, 441;
K, 106, 22.):
ic'amnes bik't'or da st'epanoz ocdarvasa ttuesa igrik'isasa —
»Viktor und Stephania erlitten ihr Martyrium am 28. im Monat
igrik'isay«.
In der griech. Überlieferung gilt als der Todestag der Hll.
meist der 11.November;
180 mit diesem Datum ist auch der vorl.
georg. Text in der Hs. Tbilisi H 341 überschrieben.
181 Der im
Text enthaltene »28.
igrik'isay« gesellt sich demgegenüber zu
einer Gruppe von Bezeugungen, bei denen die Hll. zwischen dem
18. und 30. April erwähnt werden, und die ihren Ursprung verschiedenen Varianten einer Angabe nach röm. Stil verdanken
dürften: man vgl.
VIII Kal. Maias (= 24. April),
XIII Kal. Maias
(= 18.April) etc.
182 So findet sich z.B. auch in der georg. Sinai-Hs. 62 der Eintrag
t(tues)a ap'rilsa iē qseneb(a)y c'(mi)disa
bik't'orisi ... »Im Monat April, (am) 18.: Gedächtnis des hl.
Viktor«,
183 während den Hll. in den bei G besprochenen Kalendern u.a. der 22. April gewidmet ist.
184 Der 28.
igrik'isay könnte also ein (griech. ? armen. ?) Datum wiedergeben, das selbst
aus einem
IIII Kal. Maias umgesetzt wäre.
185 Allerdings darf
man der Zahl »28« an der gegebenen Stelle nicht allzu viel
Vertrauen schenken, wie die zweite existierende georg. Fassung
des Textes zeigt, nach der der hl. Viktor »am 25. des achten
Monats« verstarb:
ic'ama c'(mida)y bik't'ur ttu(e)sa mervesa
ocdaxutsa;186 die »28« könnte aus dieser »25« und der Nummer des Monats kontaminiert worden sein. Ob der
igrik'isay
dabei selbst als der achte Monat (des georg. Jahres) eingesetzt
wurde oder einen armen. oder griech. Namen übersetzt (z.B.
Ξάνϑικος / Απρίλιος) als achten Monat des byzantin. Jahres),
bleibt mangels einer exakten Parallelversion unklar.
h) (aus dem »Martyrium des hl. Philektimon«; J, 440; K, 106,
23.): s. dazu unter 2.1.7. h).
i) (aus dem uned. »Martyrium der hll. Tarachus, Probus und
Andronikus«; K, 106, 29. und 105, 18.):
supevasa diok'let'ianēssa da maksimianēssa mepetasa, uc'inarēs
cxrisa dġisa igrisa, romel ars mecxramet'esa mihrak'nisasa,
mtavrobasa numerianozissa da maksimossa k'ilik'ias — »Unter
der Herrschaft der Kaiser Diokletian und Maximian, neun Tage
vor dem
igri, welches ist der 19.
mihrak'nisay, unter der Statthalterschaft des Numerianus und Maximus in Kilikien ....
187«
Der georg. Text stellt sich mit der hier angegebenen Datumsangabe zunächst in die Nähe der ed. griech. Vs., in der das Verhör der Hll. τῇ πρὸ ὀκτῶ (!) καλανδῶν ᾽Απριλίου stattfindet;
188 eine entsprechende Angabe, bei der lediglich die Zahl 8
durch die 9 ersetzt war (VIII/VIIII?), dürfte sich hinter dem
uc'inarēs cxrisa dġisa igrisa der georg. Fassung verbergen. Unklar bleiben Herkunft und Ausgestaltung der Glosse eines »19.
mihrak'nisay«. Nach allem bisher gesagten ist kaum anzunehmen, daß hier tatsächlich eine Anpassung an das georg. Jahr
angestrebt ist (24. März ≈ 19.
mihrak'nisay?); verantwortlich
könnte auch eine armen. Vorlage sein,
189 wenn die Zahl 19
nicht überhaupt wieder auf einer Entstellung beruht. Festzuhalten
bleibt, daß aus dem Beleg immerhin die Aufeinanderfolge der
Monate
mihrak'nisay und
igri(k'i)say hervorgeht.
j-n) (aus dem »Martyrium des hl. Christophorus und der 10203
Märtyrer mit ihm und der beiden Mütter Kallinike und Aquilina,
die in den Tagen des Königs Decius ihr Martyrium erlitten«; J,
325; K, 105, 13.-17.; W, l.c.):
da gwrgwnosan ikmna ak'wlina p'irvelsa mas dġesa, ttuesa
igrik'isasa — »Und Aquilina wurde bekränzt am ersten Tage, im
Monat
igrik'isay«;
k'alinik'e ... daijina meoresa dġesa ttuesa igrik'isasa — »Kallinike entschlief am zweiten Tage im Monat
igrik'isay«;
mas žamsa sek'rnes orasni igi brjanebita mepisayta da mohk'uetes tavebi. da aġesrulnes c'midani mešwdesa dġesa ttuesa
igrik'isasa — »Da fesselte man die zweihundert (Soldaten) auf
Befehl des Königs und schlug ihnen die Köpfe ab. Und die Hll.
gingen dahin am 7. Tage im Monat
igrik'isay«;
da gwrgwnosan ikmnnes ertbamad bevrni igi da orasni mervesa dġesa ttuesa igrik'isasa — »Und bekränzt wurden die 10000
und die 200 gemeinsam am 8. Tage im Monat
igrik'isay«;
iq'o aġsrulebay net'arisay mis (krist'eporesi) meatotxmet'esa
dġesa ttuesa igrik'isasa, dġesa k'wriak'esa — »Und das Hinscheiden des hl. (Christophorus) war am 14. Tage im Monat
igrik'isay, am Sonntag«.
Die Christophlegende liegt in der georg. Überlieferung in zwei
Redaktionen vor, deren erste in den Tbilisi-Hss. A 95 und H 341
enthalten ist und von K'. K'ek'elije herausgegeben wurde.
190
Dieser Redaktion sind die obigen fünf Stellen entnommen, wobei
der angeführte Text dem der Hs. H 341 entspricht; für die Todesdaten der »10000 und 200« sowie des hl. Christophorus selbst
bietet A 95 folgende Lesarten:
da gwrgwnosan ikmnnes orasni
igi p'irvelsa dġesa da bevrni meoresa dġesa ttwesa igrik'isasa —
»Und die 200 wurden bekränzt am ersten Tage und die 10000
am zweiten Tage im Monat
igrik'isay«;
iq'o aġsrulebay net'arisay mis meatormet'esa dġesa ttuesa igrik'isasa, dġesa k'wriak'esa — »Das Hinscheiden des Hl. war am 12. Tag ...«.
191
Ganz andere Daten für die genannten Ereignisse bietet demgegenüber die uned. zweite Redaktion der Legende, die in insgesamt fünf Hss. überliefert ist;
192 nach der Aufstellung bei K'ek'elije begegnet uns hier als Todesdatum
- der Aquilina (und Kallinike ?):
193 der 25.
mehrak'nisay;
- der 200 Soldaten: der 28.
kueltobisay;
- der 10000 Gläubigen: der 25.
stulisay und
- des hl. Christophorus: der 5.
mihrak'nisay.194
Wie schon K'ek'elije richtig bemerkt, steht die erste georg. Redaktion mit ihren Datierungen einer der ed. griech. Vss. recht
nahe; diese nennt als Todestag
- der Aquilina: τῇ πρώτῃ τοῦ ἀπριλλίου μηνός;
- der Kallinike: μηνὶ ἀπριλλίου δευτέρᾳ;
- der διακόσιοι: μηνὶ ἀπριλλίου ζ;
- der χιλίων: μηνὸς ἰουλίου ἐννάτῃ;
- des Christophorus:
μηνὶ μαίω ἐννάτῃ, ἡμέρᾳ τετάρτῃ.195
Unter der Annahme einer »mechanischen« Übersetzung des
ἀπριλλίου durch den
igrik'isay deckt sich diese Vs. in den ersten
drei Angaben also genau mit der ersten georg. Redaktion, deren
Hss. ja gerade in diesen drei Angaben nicht auseinandergehen.
Für die beiden divergierenden Daten in der ersten Redaktion
bleiben hingegen alle Erklärungsversuche spekulativ: Während
der Wechsel
meatormet'e / meatotxmet'e noch im Rahmen üblicher Abschriftfehler bleibt, reflektieren die Angaben zu den
»10000 und 200« wohl beide unterschiedliche Versuche, Widersprüchlichkeiten der Vorlage zu beseitigen; mit den Daten der
genannten griech. Vs. läßt sich jedoch keine Übereinstimmung
erzielen. Immerhin steht die erste georg. Redaktion mit der Überlieferung, daß alle beteiligten Personen ihr Martyrium innerhalb
des einen Monats
igrik'isay erlitten, nicht völlig vereinzelt da; sie
kommt so einer anderen griech. Vs. nahe, wonach alle μύριοι
διακόσιοι τρεῖς μηνὸς ἀπριλλίου ἐ(ννά)τῃ, ἡμέρᾳ κυριακῇ
starben,
196 sowie einer syr. Vs., die das Martyrium der 40203
(!) auf den »9. Nīsān, einen Sonntag« fixiert.
197
Spekulativ sind auch alle Versuche, die Angaben der zweiten
georg. Redaktion zu motivieren. Da diese Redaktion u.a. auch
in der Athos-Hs. 57 enthalten ist, die bekanntlich eine starke
Affinität zur armen. Tradition zeigt,
198 liegt die Annahme nahe
daß diese Redaktion aus einer armen. Vorlage übersetzt ist.
Tatsächlich nennt die ed. armen. Fassung der Legende als das
Todesdatum des hl. Christophorus einen 5.
mehekan,199 der
durchaus das Vorbild für den 5.
mihrak'nisay des georg. Texts
sein könnte; für die anderen Daten sind aber keine Entsprechungen enthalten. Verweisen könnte man für diese allenfalls auf
gewisse ähnlich anmutende außergeorg. Synaxardaten; so v.a. auf
den 25. Juli im Martyrologium Hieronymianum, dem in der
ältesten Überlieferung desselben auch ein 24. September gegenübersteht (an beiden Tagen wird allerdings der hl. Christophorus
selbst kommemoriert),
200 sowie evtl. auf den 26. März, unter
dem im Synaxar von Konstantinopel ein(e?) Kallinike erwähnt
wird.
201
2.0.10. vardobisay:
a) (2. Mos. 34,18 nach der Hs. Tbil. H 1207; J, 442; K, 104, 7.):
žamsa mas ttwsa vardobisasa, rametu ttuesa mas q'uavilobisasa
gamoxued šen kueq'anit egwp't'it — »In der Zeit des Monats
vardobisay, denn in dem Monat
q'uavilobisay bist du aus dem
Lande Ägypten ausgezogen«.
Die beiden Namen
vardobisay und
q'uavilobisay geben hier
den bibl. Monat
hā āḇīḇ wieder, für den in der georg. Bibel
ansonsten die Bezeichnung
ttuē axaltay (oder
axali) »Monat
der Neuen« (oder »neuer Monat«) als Lehnübersetzung des
griech. μὴν τῶν νέων in Gebrauch ist;
202 vgl. z.B. die gegebene Stelle nach der Mcxeta-Hs.:
žamsa mas oden ttuesa mas axalsa, rametu ttuesa mas axalsa ...203 oder die Parallelstelle 2.
Mos 23,15, wo offenbar auch die Hs. H 1207 ein
ttuesa axaltaysa hat.
204 — Während der
vardobisay als Glosse für den »Nisan«,
der ja der spätere Name des Monats
hā āḇīḇ ist, in der Bibel
auch sonst vorkommt (s. die beiden folgenden Stellen), ist der
»Monatsname«
q'uavilobisay offenbar ein hapax legomenon; es
ist anzunehmen, daß das Wort an der vorliegenden Stelle für
einen redaktionellen Einschub momentan gebildet wurde, um
einen Zusammenhang zwischen dem bibl. Monatsnamen »der
Ähren« und dem georg.
vardobisay herzustellen: Der Name ist in
derselben Weise von
q'uavili »Blüte« abgeleitet wie
vardobay
von
vardi »Rose«.
205
b) (Esther 11,1 bzw. 2 nach der Ošk'i- und der Mcxeta-Bibel: W,
153, s.v.
vardoba, vardobisa); s. dazu bereits oben 2.1.8. a).
c) (Esther 8,9 nach der Mcxeta-Hs.; S, 258 s.v.
vardobisa; J,
442; K, 104, 6.; W, l.c.):
da mouc'odes mc'ignobarsa p'irvelsa mas ttvesa nisansa, romel
ars vardobisa, ocdasamsa mis ttwsasa — »Und sie riefen den
Schreiber herbei im ersten Monat, im Nisan, welches der
vardobisay ist, am 23. des Monats«.
206
Bei diesem Beispiel zeigt sich erneut die Abhängigkeit der
georg. Bibel vom Septuaginta-Text, der mit seinem πρώτῳ μηνὶ,
ὅς ἐστι Νισα dem »3. Monat, dem Monat
Sīwān« der kanonischen Bibel gegenübersteht. Für die Glossierung durch den
vardobisay ist von Bedeutung, daß auch der armen. Text den
Nisan glossiert, und zwar durch den
areg: yaraǰnowm awowrn
yamseann nisan or ē areg ...207
d) (aus dem »Physiologus«; W, l.c.); s. dazu unter 2.1.7. e).
e) (aus dem »Martyrium der hl. Šušanik'«); s. dazu u. 2.1.5.a).
f-g) (aus der Legende über die »Kreuzesauffindung in Jerusalem«; J, 443f.; K, 104, 10.; W, l.c.):
da ġmrtis moq'uareman dedopalman amcno mamata da dedata
aġsrulebad dġesasc'auli p'at'iosnisa ǰuarisay tuesa vardobisasa,
meatesa dġesa ... xolo aġesrulebis saqsenebeli p'at'iosnisa ǰuarisay ttuesa vardobisasa oras da sam c'lisa šemdgomad amaġlebisa ... — »Und die von Gott geliebte Königin (Helena) wies
Väter und Mütter an, den Feiertag des ehrwürdigen Kreuzes zu
begehen im Monat
vardobisa, am 10. Tage ... Und der Gedenktag des ehrwürdigen Kreuzes wird begangen im Monat
vardobisay (seit) dem Jahre 203 nach der Erhöhung (unseres Herrn Jesus
Christus)«.
208
Als der Gedenktag der Kreuzeserscheinung in Jerusalem gilt
in Georgien wie in der griech. Kirche allgemein der 7. Mai;
dieses Datum ist nicht nur in den Heiligenkalendern verzeichnet,
209 sondern bildet offenbar auch den Hintergrund dafür, daß
die Errichtung des »Kreuzes von Mcxeta« in der Legende über
die »Bekehrung Georgiens« auf ebendenselben Termin fällt.
210
Dem 7. Mai steht zunächst ein
quinto nonarum Maiarum gegenüber, an dem nach der lat. Vs. der Kreuzesauffindungslegende
der Feiertag begangen wird;
211 als Bindeglied zwischen diesen
beiden Daten kann das Νόνναις Μαίαις gelten, das Kyrill von
Jerusalem in seinem Brief an den Kaiser Konstantin als Termin
des Ereignisses nennt.
212 Ein ganz anderes Datum hat demgegenüber wieder die griech. Vs. der Legende: ...
διαστειλαμένη
πᾶσιν ... ἐπιτελεῖν τὴν μνήμην τοῦ σταυροῦ, μηνὶ Σεπτεμβρίῳ
τεσσαρεσκαιδεκάτῃ, κατὰ δὲ ᾽Ασιανους εἰκάδι ᾽Αρτεμησίου.
213 Dabei ist zunächst festzuhalten, daß der 14. September,
der auch in der syr. Vs. erscheint,
214 aus einem ganz anderen
Zusammenhang genommen sein dürfte.
215 Bedeutender ist für
unsere Fragestellung der 20. Artemisiou, der keinesfalls denselben Tag meinen kann wie der 14. September. Der Artemisios fiel
bei den verschiedenen Völkern, dïe sich hinter den »Asianoi«
verbergen können, in die Zeit von April bis Juni;
216 die Angabe
steht also vielmehr im Zusammenhang mit den anderen aufgeführten Daten, wie auch eine Variante der griech. Vs. zeigt, die
den Festtag im μηνὶ ἀπριλίῳ fixiert.
217 Da nun nicht auszuschließen ist, daß es auch einen griech. Text mit der »röm.«
Datierung gegeben hat, bleibt jeglicher Versuch, den »10.
vardobisay« der georg. Vs. zu motivieren, a priori spekulativ,
218 zumal letztlich auch noch auf die armen. Tradition hinzuweisen
bleibt, in der die Legende zwar nicht erhalten ist,
219 die aber
immerhin den Feiertag der Kreuzesauffindung kennt: während in
den jüngeren Synaxarien auch hier der 7. Mai gilt, ist in dem
ältesten Kalender der »10. mareri« vorgesehen.
220 Man beachte
letztlich, daß der vorliegende Beleg im Zusammenhang mit dem
oben unter 2.1.5. b) behandelten zu sehen ist, da beide ein und
derselben Legende entstammen.
221
h) (Randglosse im »Kalender des Johannes Zosimos«, Sin. 34;
K, 104, 8.):
ese tuē ars vardobisay maisi, da maissa k'e ars c'(a)m(e)b(a)y
c'(mid)isa g(iorg)isi da dġes(a)sc'(au)l(o)b(a)y ars didi saberjnets — »Hic mensis est
vardobisa maius, et maii 25 est martyrium sancti Georgii, et festivitas est magna in Graecia«.
222
Für den Synaxarkalender Sinai 34, dessen Niederschrift durch
den georg. Mönch Johannes Zosimos in das 10. Jh. fallen dürfte,
223 ist dies der einzige Beleg eines ageorg. Monatsnamens.
Da die Marginalie zum Monat Mai offenbar ebenfalls von der
Hand des Johannes Zosimos stammt,
224 ergibt sich die Folgerung, daß der Monatsname
vardobisay im 10. Jh. noch geläufig
war und mit dem Mai gleichgesetzt wurde. Bemerkenswert ist die
Syntax der Identifikationsformel, da sowohl
vardobisay als auch
maisi Nominative sind (»dieser Monat ist der
vardobisay der
Mai«!); s. dazu weiter unter 2.2.1.
2.0.11. marialisay:
a) (aus dem »Martyrium des hl. Philektimon«; J, 328; K, 106,
25.; W, 217, s.v.
marial-i); s. bereits unter 2.1.7. h).
b) (aus dem »Martyrium der hll. Eubulus und Malkamos«; J,
329; K, 106, 24.; W, l.c.):
mexutesa marialisa twsasa mouc'oda mat bč'eman man — »Am
5. des Monats
marialisay rief sie der Richter herbei«.
225
Zu dem Text, der nach den in ihm auftretenden Märtyrern
besser »Passio sanctorum martyrum Theodori, Iuliani, Eubuli,
Malcamonis, Mocimi et Salamanis« genannt werden sollte,
226
existiert offenbar keinerlei Parallelüberlieferung.
227 Die von J
(329) vorgeschlagene Verbindung mit den griech. Synaxardaten
eines hl. Eubulus, die zwischen dem 26. Februar und dem 8.
März liegen,
228 ist fragwürdig, da es sich hier um einen anderen Hl. gleichen Namens handeln dürfte, der zu den »Palästinensischen Märtyrern« des Eusebius zählt.
229 Die Identifikation des
»5.
marialisay« im vorl. Text bleibt also offen.
2.0.12. tibisay:
a-c) (aus dem »Martyrium des Apostels Paulus«, Anhang zum
»Prolog zu den Paulus-Briefen« des Euthalius; K, 105, 12.):
neronis ze, k'eisrisa hromtaysa, c'ama p'avle mocikulman da
maxwlita tavi moek'ueta, oc da meatekusmet'esa c'elsa macxovrisa vnebitgan k'etili ġuac'li moiġuac'a hromes šina mexutesa dġesa
p'anemossa ttuesa, romelsa hrkwan hromaebr uc'inarēs samta
k'alandata ivliosisata, romel ars tibisay ... da ars uk'ue q'oveli
žami, vinaytgan c'ama, samas oc da atxutmet' c'el, vidre amis
ac'indelisa moc'evnulisa wp'at'ionisa ... mecxresa indik't'ionsa,
xuteulisa c'lisa gare-mokcevasa ttuesa ivnissa, romel ars tibisay,
oc da mecxresa dġesa — »Unter Nero, dem Kaiser der Römer,
erlitt Paulus der Apostel sein Martyrium, und mit einem
Schwert wurde ihm der Kopf abgeschlagen, im 36. Jahre seit
dem Leiden des Herrn kämpfte er seinen guten Kampf in Rom
am 5. Tage im Monat Panemos, was man auf römisch `drei
Tage vor den Kalenden des Juli' nennt, welches der
tibisay ist
... Und die ganze Zeit, seitdem er sein Martyrium erlitt, beträgt
335 Jahre, bis zu der jetzt eingetretenen Herrschaft ..., in der
neunten Indiktion nach dem fünfjährigen (!) Jahreszyklus, im
Monat Juni, welcher der
tibisay ist, am 29. Tage ...«.
230
Außer mit diesen beiden Datierungen nennt der Prolog den
Todestag des hl. Paulus noch in einer dritten Variante:
da c'liti c'lad qsenebisa misisasa dġesa k'rebas hq'open, uc'inarēs mesamisa k'alandisa tibisasa, romel ars p'anemosi ttuē,
amissa mart'wrobasa dġesasc'auloben — »Und von Jahr zu Jahr
begehen sie eine Festversammlung am Tage seines Gedächtnisses,
drei Tage vor den Kalenden des
tibisay, welches der Monat Panemos ist, feiern sie sein Martyrium«.
231
Mit allen drei Angaben, bei denen die vier vorhandenen Hss.
nicht nennenswert auseinandergehen, stellt sich die georg. Vs. der
Euthalius-Materialien nahe zu dem Text einer der zahlreichen
griech. Redaktionen; die Daten lauten hier resp.: πέμπτῃ ἡμέρᾳ
Πανέμου μηνός, ἥτις λέγοιτ' ἂν παρὰ ῾Ρωμαίοις ἡ πρὸ τριῶν
καλανδῶν ᾽Ιουλίου / μηνὸς ᾽Ιουνίου, εἰκοστῇ ἐννάτῃ ἡμέρᾳ /
τῇ πρὸ τριῶν καλανδῶν ᾽Ιουλίων, πέμπτῃ Πανέμου μηνός.
232
Bemerkenswert ist dabei zunächst, daß der georg. Monatsname
tibisay im »Martyrium« an beiden Stellen in der Form einer
Glosse zusätzlich eingefügt ist, während er im »Prolog« selbst
den griech. Juli ersetzt; dies scheint — zusammen mit anderen
syntaktischen Unterschieden in der
uc'inarēs-Formel — darauf
hinzudeuten, daß beide Textteile nicht zur gleichen Zeit und von
derselben Hand übertragen wurden.
233 Daß der
tibisay ferner
einmal den Juli, beim zweiten Mal aber den Juni glossiert,
dürfte auf das Bemühen zurückzuführen sein, die Datumsangabe,
die ja immer denselben Tag meint, zu vereinheitlichen; der georg.
Text steht damit z.B. dem armen. gegenüber, der mit zwei
verschiedenen Monatsnamen arbeitet:
or awr hing ēr panemos
amsoy, or koč`i hrovmayec`woc` yaraǰ k`an zeris kałandac`n
yowlis amsoyn, or ē margac` amis / yamseann yowni, or ē mareri,
or awr k`san ew inn ēr amsoyn / yaraǰ k`an zeris kałandac`n
yowleay, or awr vec` ē noomon amsoy, or ē mareri.234 Fraglich
bleibt, ob der georg.
tibisay an der (primären) Prologstelle mit
dem röm. Juli gleichgesetzt ist, oder ob sich die Identifikation an
den »Panemos« knüpfte.
235
2.0.13. kueltobisay:
a-b) (aus dem »Martyrium des hl. Prokopius«; J, 262; K, 107 f.,
42.; W, 457 s.v.
kueltoba):
c'elsa p'irvelsa devnulebisa čuenisasa uc'inares rvisa dġisa
kueltobisasa k'esarias p'irveli moc'ametay p'alest'ines gamočnda
p'rok'op'i — »Im ersten Jahre unserer Unterdrückung, acht Tage
vor dem
kueltobisay, erschien in Caesarea Procopius als der erste
der Märtyrer in Palästina«.
So das Inc. des Texts; im Des. finden wir folgende Datierung:
da tavi mohk'uetes net'arsa mas ... ese iq'o rvasa kueltobisasa,
dġesa otxšabatsa uc'inares rvisa ivlisisasa hromaebr, p'irvelsa
c'elsa cuenisa devnulebisasa — »Und sie schlugen ihm den Kopf
ab ... Dies war am 8.
kueltobisay, einem Mittwoch,
ante VIII Jul.
auf römisch(e Art), im ersten Jahre unserer Unterdrückung«.
236
Da das »Martyrium« in den betr. Hss. mit dem
ttuesa ivlissa
ē, i.e. dem »8.Juli« überschrieben ist
237 und dieser Tag darüber
hinaus generell, auch außerhalb der georg. Kirche, als Gedenktag
des Hl. gilt,
238 liegt es nahe, hinter der »röm.« Angabe die eines
ante diem VIII Idus Iulii zu vermuten; tatsächlich ist dieser
Tag ja mit dem »8. Juli« identisch. Diese Annahme wird weiter
durch eine varia lectio der zweiten Stelle gestützt, die wie folgt
lautet:
ese dġē otxšabati iq'o, mervē kueltobisay, uc'inarēs rvata
žamta iulisata, romelsa hrkwan hromaebr;239 das hier auftretende
žamta, wörtl. »der Zeiten«, könnte eine direkte Wiedergabe
der lat. Idus darstellen.
240 Problematisch bleibt allerdings, daß
unter den übrigen Vss. der Passio keine ist, die dasselbe Datum
enthält. Die in der griech. Tradition allein bewahrte kürzere Redaktion läßt den Tod des Märtyrers bereits im Juni eintreten: Δεσίου μηνὸς ὀγδόῃ (πρὸ ἑπτὰ Εἰδῶν ᾽Ιουνίων λέγοιτ' ἂν παρὰ
῾Ρωμαίοις), ἡμέρᾳ τετράδι σαββάτου;
241 die lat. Vs. kommt
der georg. demgegenüber immerhin insofern näher, als sie das Ereignis nur um einen Tag früher datiert:
Desii septima Julii mensis,
quae Nonas Julias dicitur apud Latinos.242 Nimmt man die Überlieferungen zusammen, so läßt sich der präsumptive Vorlagetext
des Georg. durchaus wahrscheinlich machen: *Δαισίου μηνὸς
ὀγδόῃ (πρὸ ὀκτὼ εἰδῶν ᾽Ιουλίων λέγοιτ' ἂν παρὰ ῾Ρωμαίοις),
ἡμέρᾳ τετράδι σαββάτου.
243 — Einen Kommentar verlangt
letztlich auch die im Eingang des Texts enthaltene Formel. Da
eine solche Vorwegnahme der Datierung in keiner der anderen
Vss. auftritt,
244 dürfte es sich um einen Zusatz des georg.
Schreibers handeln. Bemerkenswert ist, daß dabei die glossenartige Struktur der ursprünglichen Formel aufgegeben wurde; vgl.
dazu 2.1.11. a-c).
c) (aus der uned. Red. der Christophoruslegende; J, 274; K, 108,
43.):
mašin mohk'uetes tavebi orasta mat ttuesa kueltobisasa ocdarvasa, dġesa k'wriak'esa, žamsa mesamesa — »Dann schlugen sie
den 200 die Köpfe ab, im Monat
kueltobisay, am 28., am Sonntag, um die dritte Stunde«.
S. dazu weiter unter 2.1.8. j-n).
d) (aus dem »Martyrium der hl. Gulanduxt«; K, 107, 41.):
aġesrula c'miday igi krist'ēs moc'amē ttuesa iuniossa, romel ars
paltobisay (!), mecxrēsa indik't'ionsa; ic'ama mepobasa juel
xuasroysa da ormizdissa da axlisa mepisa xuasroysa... — »Die hl.
Märtyrerin Christi verschied im Monat Juni, welcher der
paltobisay ist (!), in der 9. Indiktion; sie erlitt ihr Martyrium unter der
Herrschaft des älteren Xuasro und des Ohrmizd und des jüngeren
Xuasro ...«.
245
Der vorliegenden Fassung der Legende, die so lediglich in der
Athos-Hs. 57 erhalten ist, steht in der Hs. A 95 (Tbilisi) folgender Text gegenüber:
aġesrula c'miday ese moc'amē krist'ēsi ttwesa ivnissa cxrasa mepobasa juelisa xuasroysa ...;246 hier fehlt
also gerade die Glosse, die den ageorg. Monatsnamen enthält, so
daß die allgemein vorgenommene »Korrektur« des handschriftlichen
paltobisay zu
kueltobisay247 nicht überprüfbar ist. Außerdem existiert in der georg. Überlieferung nur noch eine metaphrastische Version, die als Todestag einen »13. Juli« verzeichnet;
248 diese steht in Übereinstimmung mit der griech. Passio:
᾽Ετελειώϑη ἡ ἁγία μάρτυς τοῦ Χριστοῦ Μαρία (d.i. der Taufname der Hl.) ἰνδικτιόνος ϑ' μηνὶ ἰουλίῳ ιγ'.
249 Da offenbar
keine weiteren Vss. vorliegen, kann nicht einmal entschieden
werden, ob das Martyrium im Juli erfolgt ist, wie der griech.
Text angibt,
250 oder eher im Juni, den die beiden älteren georg.
Fassungen nennen.
251 Nachdem sich der georg. Text entgegen
früherer Auffassung
252 doch als ein ernstzunehmender Zeuge
herausgestellt hat,
253 hängt die Datierung nunmehr gerade von
dem georg. Monatsnamen ab; dieser kann nach allem gesagten
jedoch kaum die Beweislast tragen, die ihm im gegebenen Zusammenhang bereits aufgebürdet wurde.
254
2.0.3. Untersucht man die Belege zunächst auf ihre grammatische
Struktur hin, so zeigt sich in der überwiegenden Mehrheit der
Fälle, daß der jeweilige ageorg. Monatsname in der Form eines
Genetivs (Endung
-isa) von dem Wort
ttuē »Monat« abhängt;
dabei verhält sich der Genetiv entsprechend den Regeln der
altgeorg. Grammatik, insofern er in der Stellung nach seinem
Bezugswort mit diesem in zusätzliche Kasuskongruenz tritt, d.h.
die Endung des Bezugsworts zusätzlich erhält. So erklären sich
die Dativformen
ttue-sa axalc'l-isa-sa (2.1.1.d),
ttue-sa stul-isa-sa (2.1.2.a),
ttue-sa ap'n-isa-sa (2.1.5.b) etc. gegenüber
ap'n-isa
ttue-sa (2.1.5.c),
mihrak'n-isa ttue-sa (2.1.7.b) etc. mit Voranstellung des Genetivs. Entsprechend finden wir bei nominativischem
Bezugswort die kongruente Nachstellung in
ttue (<
ttuē <
*ttue-y)
igrik'-isa-y (2.1.8.a); Voranstellung bei genetivischem
Bezugswort ist in
mexutesa marial-isa t(t)wsa-sa belegbar (»am
fünften des `des-
mariali' Monats«; 2.1.10.b).
Den Regeln der ageorg. Grammatik entsprechend finden wir
zusätzlich kasuell markierte Genetivformen auch dann, wenn das
Bezugswort
ttue- selbst fehlt; so z.B. die Dative
t'irisk'nisa-sa
xutsa »im (sc. Monat) des
t'irisk'(a)ni, am fünf(ten Tage)«
255
(2.1.3.b) und
mihrak'n-isa-sa meotxesa »im (sc. Monat) des
mihrak'(a)ni, am vierten (Tage)« (2.1.7.c), ferner aber auch, in
als Glossen fungierenden Relativsätzen, die Nominative
romel
ars tib-isa-y »welcher der (sc. Monat) des
tib(a)- ist« (2.1.11.a/b)
und
romel ars paltob-isa-y »welcher der (sc. Monat) des
paltob(a)- ist«
256 (2.1.12.d). Ingoroq'va ist also recht zu geben,
wenn er diese letzteren Formen (Nominative des »hypostatischen« Genetivparadigmas) als Normalformen der Monatsnamen
anführt (s.o. unter 1.3.). In der Reihenfolge der Nennung ergibt
sich nunmehr folgende Liste:
axalc'lisay, stulisay, t'irisk'nisay, *t'irisdinisay,257 ap'nisay,258 surc'q'nisay, mihrak'nisay,259 igri(k'i)say, vardobisay, marialisay, tibisay, kueltobisay/paltobisay.
2.0.4. In den Glossensätzen begegnen darüber hinaus aber auch
noch solche Nominative, die als die Ausgangsformen für das
Genetivparadigma selbst angesehen werden können; so z.B.
romel ars igrik'ay »welcher der (sc. Monat)
igrik'a-y ist« (2.1.8.
b und d; vgl.
igrik'-isa-) und
romel ars marial-i »welches der
(sc. Monat)
marial-i ist« (2.1.10. a; vgl.
marial-isa-). Ob dies
eine gleichberechtigte Konstruktionsweise ist oder eine jüngere
Neuerung darstellt, kann bei der gegebenen Beleglage nicht
endgültig entschieden werden. Immerhin haben die so bezeugten
Formen einen gewissen Aussagewert für die Etymologie der
Namen, da aus dem Genetiv allein der Rückschluß auf den zugrundeliegenden Wortstamm nicht möglich ist: Die Form auf
-isa- kann ja sowohl zu einem Stamm auf Konsonant gehören
(vgl.
marial-i / marial-isa-) als auch zu einem Stamm auf
-e-
oder
-a- (vgl.
igrik'a-y / igrik'-isa-), und vor der Genetivendung
kann die Synkope eines Stammvokals eingetreten sein (vgl.
bereits oben unter 1.3.1. zu
stul-isa-y / stuel-i).
Bevor die Namen nun noch einmal im einzelnen beleuchtet
werden sollen, bedarf es zunächst noch einer Auswertung der
chronologischen Daten, die sich aus den Belegen gewinnen
lassen.
2.0.5. Wie anläßlich der betr. Textstellen schon ausgeführt wurde, wird durch das Material weder der Ansatz Ingoroq'vas bestätigt, der von einer Orientierung der Monatsanfänge an den Tierkreiszeichen ausging, noch derjenige K'ek'elijes, der ein Jahr
»alexandrinischen Stils« mit Beginn am 6. August annahm. Je
mehr Vergleichsmaterial man heranzieht, desto mehr verdichtet
sich der Eindruck, daß Rückschlüsse auf die interne Struktur
des ageorg. Jahres im Verhältnis zum julianischen aus den Texten gar nicht möglich sind; zumindest deutet kein Beleg unzweifelhaft darauf hin, daß die genaue Umrechnung eines in einer
Vorlage enthaltenen Datums angestrebt gewesen wäre. Stattdessen dürfen die in übersetzten Texten vorzufindenden georg. Monatsnamen prinzipiell als
mechanische Umsetzungen der fremden
Namen im jeweiligen Vorlagetext gelten. Dabei ergeben sich
allerdings keine strikten »Äquivalenzen«. Vergleicht man zunächst die Daten der hagiographischen Texte mit dem zur Verfügung stehenden griech. Material, so scheinen manche georg.
Namen unterschiedliche griech. Monate wiederzugeben und
manche griech. Monatsnamen durch unterschiedliche georg.
Monate repräsentiert zu sein; summarisch ergibt sich folgendes
Bild:
(georg.
| für griech.
| aber auch
| non liquet)
|
axalc'lisay
| August (a-d)
|
|
|
stulisay
| September (a,b)
| (c)
|
|
t'irisk'nisay
| September (a)
| Oktober (b)
|
|
t'irisdinisay
| Oktober (a)
|
|
|
ap'nisay
| Dezember (c)
| Januar (b)
| (a)
|
surc'q'nisay
| Januar (a,b)
|
|
|
mihrak'nisay
| Februar (h,j,k)
| März (d,m)
| (e,f g)
|
igrik'isay
| April (g,h,i,j-n)
|
|
|
vardobisay
| Mai (h)
|
| (d,e,f g)
|
marialisay
| Mai (a)
|
| (b)
|
tibisay
| Juli ? (a-c)
|
|
|
kueltobisay
| Juli (a-b)
|
| (c-d).260
|
Ähnliches gilt auch für die Bibelübersetzung, wo z.B. der
»Adar« als der 12. Monat teils durch den mihrak'nisay glossiert
wird (2.1.7. b,c), teils aber auch durch den igrik'isay (2.1.8. b-f),
während dieser seinerseits wieder zur Glossierung des »Nisan«
als des 1. Monats dient (2.1.8. a) usw.
Dabei fällt auf, daß die Abweichungen jeweils nur »benachbarte«
Monate betreffen, wenn man die aus Sabas Lexikon stammende
Reihenfolge voraussetzt. Dies könnte dahingehend gedeutet werden, daß das ageorg. Jahr wie das armen. ein »vages Jahr« von
365 Tagen gewesen sei, bei dem sich der Jahresanfang innerhalb
von 120 Jahren um einen Monat gegenüber dem julian. Kalender
verschieben mußte; die unterschiedlichen Umsetzungen würden
dann auf unterschiedliche Übersetzungszeiträume weisen. Dieser
Schluß ist aber bereits deshalb problematisch, weil in vielen
Fällen das Armen. selbst die Sprache der Vorlage gewesen sein
dürfte; Divergenzen zwischen einer gegebenen griech. (oder bibl.)
Datierung und der eines georg. Übersetzungstexts könnten damit
auch dem armen. Zwischenglied in der Übertragungskette anzulasten sein. Die Frage kann also erst dann entschieden werden,
wenn die genaue Vorlage aller betr. georg. Texte feststeht und
wenn die Wiedergabe fremder Daten im Armen., dessen »vages
Jahr« ja durch Kalendertraktate u.ä. gesichert ist, selbst einmal
überprüft worden ist.261
Ein Ergebnis läßt sich aus der obigen Aufstellung dennoch
entnehmen: die in Sabas Lexikon niedergelegte relative Reihenfolge der ageorg. Monate wird durch das Material weitgehend
bestätigt; auf ihr können also die folgenden etymologischen
Betrachtungen aufbauen.
3.1. Daß die Monatsliste im Sabaschen Lexikon mit dem axalc'lisay beginnt, dürfte selbst aufeiner etymologischen Überlegung
beruhen: der Name ist innerhalb des Georg. als »(Monat) des
Neuen Jahres, Neujahrsmonat« deutbar. Das Wort enthält die beiden Elemente axal-i »neu« und c'el-i »Jahr«,262 wobei letzteres
Substantiv auch sonst die Synkope des Stammvokals aufweist
(Gen. c'lisa). Das anzusetzende Kompositum *axalc'eli mit dem
Adjektiv axal- im Vorderglied findet seine Parallelen z.B. in den
Ortsnamen axalkalaki »Neustadt« und axalcixe »Neuenburg«.
3.2. Auch der zweite Monat der Liste, stulisay, ist etymologisch
einwandfrei gedeutet: zugrunde liegt das Appellativum stueli
»Weinlese; Ernte; Herbst«, das heute nurmehr dialektal begegnet263 und für das in der Normalsprache die Variante rtveli gebräuchlich ist.264 Daß das Wort im Ageorg. den Stammvokal
synkopierte, zeigt z.B. der Beleg des Genetivs stulisa- ≈ griech.
τρυγήτου in der Bibelübersetzung (Amos 4,7).265 Die Annahme
eines »(Monats) der Weinlese« deckt sich mit den Belegen, wo
der stulisay dem griech. September äquivalent gebraucht ist.
3.3. Ähnliches gilt weiter für den 11. Monat der Liste, tibisay:
auch dieser ist als »(Monat) der Heumahd« innergeorg. deutbar,
und auch diese Etymologie stimmt mit den Belegen überein,
wonach der tibisay dem Juni oder Juli entspricht. Das zugrundeliegende Appellativ dürfte das ebenfalls nur dialektal zu belegende tiba für normalsprachliches tiva »Gras, Heu« sein,266 wobei
die Priorität des inlautenden -b- durch die Verbindung mit der
Verbalwurzel tib- in tib-va »mähen« und durch die Entsprechungen der Schwestersprachen gesichert ist.267
3.4. Eine aus georg. Wortmaterial ableitbare Etymologie hat
letztlich der 9. Monat der Liste, vardobisay; man vgl. die Angabe
des Prinzen Teimuraz, der den Namen mit »les roses« übersetzte
(s.o. 1.1.2.) und offensichtlich ebenso von vard-i »Rose« ausging
wie K'. K'ek'elije (s.o. 1.4.2.). Nun ist allerdings die vorauszusetzende Bildung vardoba weder in der Bedeutung eines Kollektivs »die (Gesamtheit der) Rosen« noch als Verbalnomen eines
Zustandsverbs (»das Blühen der Rosen«) belegbar. Stattdessen
dürfte mit vardoba hier etwas ganz anderes gemeint sein, nämlich einer der sog. »Rosenfeiertage«; der Monat vardobisay wäre
demnach der »Monat des Rosenfests«.
3.4.1. Im Ageorg. sind offenbar zweierlei »Rosenfeiertage« unter
dem Namen vardobay belegt. Der erste, der mit dem Marienkult
assoziiert ist, fällt auf den 15. Mai; die Menäen-Hss. Sinai 59
und 64 verzeichnen unter diesem Datum ein v(a)rd(o)b(a)y c'(mid)isa ġ(mr)tis mš(o)blisay.268 Von diesem Tag ausgehend dürfte
der Name vardoba im imeret. Dialekt des Georg. auf das Pfingstfest übertragen worden sein.269 Die Datierung des zweiten vardobay geht aus der Überschrift zu der apokryphen »Passio Petri«
hervor, die nach dem Sinai-Polykephalon wie folgt lautet: c'amebay c'midisa p'et're mocikulisay hromes šina uc'inarēs rvisa
dġisa vardobisa — »Martyrium des hl. Apostels Petrus in Rom
acht Tage vor vardoba«.270 Daß hier weder der Monatsname
vardobisay gemeint sein kann noch das vardoba-Fest am 15.5.,
hat N. Marr dargelegt; nach ihm liegt vielmehr eine Übereinstimmung mit dem aarm. vardavar-Fest am 7.Juli vor, und das
Datum ist somit letztlich identisch mit dem 29.Juni, der allgemein als der Feiertag der hl. Apostel gilt.271 Dieses zweite vardoba-Fest dürfte sich auch hinter dem dġesa vardobisa verbergen, mit dem in der Hs. Tbilisi A 144 das »Martyrium des hl.
Athenagenes« überschrieben ist.272 Da der Monatsname vardobisay nun aber — zumindest in dem einen sicheren Beleg — mit
dem griech. Mai äquivalent gebraucht ist, dürfte er sich eher von
dem erstgenannten »Rosenfest« am 15.5. ableiten.273
3.4.2. Um die Bildungsweise des Namens vardobisay zu motivieren, ist es letztlich angebracht, kurz einen Blick auf den neugeorg. »Kalender der Bauern« zu werfen, wie er ebenfalls bei
Saba aufgeführt ist. Neben den lat. Monatsnamen pebervali,
mart'i, ap'rili und maisi enthält dieser Kalender sechs, die von
Wörtern auf -oba abgeleitet sind, nämlich ivanobistve, k'virik'obistve, mariamobistve, gvinobistve, giorgobistve und krist'išobistve (s.u. 1.1.1.). Über die Bedeutung der Namen klärt uns wiederum bereits Prinz Teimuraz auf: Fünf von ihnen leiten sich von
kirchlichen Feiertagen ab; dies sind ivanoba, das Fest der Geburt
Johannes des Täufers am 24.Juni, k'virik'oba, das Fest der
hll. Kyriakos und Julitta am 15.Juli, mariamoba, das Fest der
Gottesmutter Maria am 15.August, ferner die »für sich selbst
sprechenden« giorgoba, das Fest des georg. Nationalheiligen, des
hl. Georg am 23.November und krist'išoba, das Fest der
Geburt Christi.274 Auch die »vulgären« Namen des Januar und
des September haben kirchliche Festtage zum Hintergrund:
gancxadebistve ist der »Monat der Epiphanie« (gancxadeba),
enk'enistve der »Monat der Kirchweihe« (enk'eni < griech. ᾽Εγκαίνια). Aufschlußreich ist dabei nicht nur das Benennungsprinzip der Monate, sondern auch das Ableitungsschema der -oba-Bildungen, die aus dem jeweiligen Namen eines Hl. den dazugehörenden Feiertag bilden (ivane > ivanoba etc.).275 Nach demselben Schema dürfte dann auch der ġvinobistve nicht direkt von
ġvino »Wein« abgeleitet sein, sondern ein ġvinoba »Weinfest«
voraussetzen.276
3.5. Daß der vardobisay nicht der einzige ageorg. Monat ist,
der nach dem für den Volkskalender so charakteristischen Benennungsprinzip gebildet ist, sondern daß dieses Prinzip auch
schon den altgeorg. Kalender geprägt hat, läßt sich nunmehr
durch einen Rekurs auf außergeorg. Material zeigen. Eingangs
der vorl. Untersuchung waren die gängigen iran. Etymologien
der aarm. Monatsnamen rekapituliert worden. Dabei hatte sich
herausgestellt, daß vier der Namen, nämlich mehekani, ahekani,
mareri und hrotic`, zwar iran. Etyma aufwiesen, die im Iran.
aber selbst nicht als Monatsnamen, sondern nur als Bezeichnungen für Festtage belegbar sind. Zweckmäßigerweise seien noch
einmal die armen. und die georg. Monatsliste miteinander konfrontiert:
armen.
|
1.
| navasardi
| (»Neujahrsmonat«)
|
2.
| hor̄i
| ?
|
3.
| sahmi
| ?
|
4.
| trē
| (»M.d. Tīr«)
|
5.
| k`ałoc`
| ?
|
6.
| arac`
| ?
|
7.
| mehekani
| (»M.d. Mithra-Fests«)
|
8.
| areg
| (»Sonnen-M.«)
|
9.
| ahekani
| (»M.d. Feuer-Fests«)
|
10.
| mareri
| (»M.d. Mittjahresfests«)
|
11.
| margac`
| (»Wiesen-M.«)
|
12.
| hrotic`
| (»M.d. Allerseelenfests«)
|
georg.
|
1.
| axalc'lisay
| (»Neujahrsmonat«)
|
2.
| stulisay
| (»M.d. Weinlese«)
|
3.
| t'irisk'nisay
| ?
|
4.
| t'irisdinisay
| ?
|
5.
| ap'nisay
| ?
|
6.
| surc'q'nisay
| ?
|
7.
| mihrak'nisay
| ?
|
8.
| igrik'isay
| ?
|
9.
| vardobisay
| (»M.d. Rosenfests«)
|
10.
| marialisay
| ?
|
11.
| tibisay
| (»M.d. Heumahd«)
|
12.
| kueltobisay
| ?
|
Greift man nun die armen. »Fest«-Monate heraus, so fällt auf,
daß unter ihnen die beiden Namen zu finden sind, für die bereits
eine Identität mit ihrem georg. Gegenstück angenommen
wurde, nämlich mehekani / mihrak'nisay und mareri / marialisay.277 Dem Monat des »Feuer-Festes«, ahekani, steht der
georg. vardobisay gegenüber, der ebenfalls ein »Fest-Monat« ist.
Und dem Monat des »Allerseelenfestes«, hrotic`, entspricht der
georg. kueltobisay, der zwar keine palmare Etymologie hat, der
aber ebenfalls das »Festtagssuffix« -oba- enthält. Eine weitere
Gemeinsamkeit besteht darin, daß der erste Monat in beiden
Kalendern als »Neujahrsmonat« benannt ist. Berücksichtigt man
auch hier die iran. Verhältnisse, so läßt sich auch dieser Monat
als ein »Festtagsmonat« auffassen; gerade das NeujahrsFest spielt
ja in der iran. Welt eine zentrale Rolle. Faßt man diese Beobachtungen zusammen, so ergibt sich folgender Schluß: Der iran.
Festtagskalender ist das gemeinsame Gerippe der aarm. und
der ageorg. Monatsnamenliste.
3.5.1. Unter dieser Annahme lassen sich zunächst zwei bereits
vorgeschlagene Etymologien verifizieren: Der georg. Name
mihrak'nisay geht zurück auf ein
*mihrak'an-, das sich nicht nur
mit dem armen.
mehekan- deckt, sondern das dessen anzunehmender iran. Vorform
*mihrakān-, dem Namen des »Mithra-Fests« sogar noch näher steht.
278 Das gleiche gilt für die Ausgangsform des georg. Monats
marialisay, nämlich
marial-:
279
Da die Dissimilation eines zweiten
r im Wort für das Georg.
obligatorisch ist, ist auch dieser Name mit dem armen.
marer- zu
identifizieren, und im Bereich des Vokalismus steht auch hier die
georg. Form dem anzunehmenden iran. Etymon
maδyār- näher.
280
3.5.2. Bei den übrigen drei »Festmonaten« müßte man im Georg.
von Substitutionen ausgehen. Dies gilt zunächst für den Namen
des »Neujahrsmonats«,
axalc'lisay, der sich als eine Lehnübersetzung des iran.
navasard erweist. Anders liegen die Verhältnisse bei
vardobisay: Hier wäre anzunehmen, daß das iran.
»Feuerfest«,
*āhrakān-, selbst durch einen christlichen Feiertag,
nämlich das »Rosenfest«, abgelöst worden ist.
281 Auch der Name
kueltobisay läßt sich als ein Substitut auffassen, nämlich
wenn man die von K'. K'ek'elije vorgeschlagene Etymologie
zugrundelegt, der von einem »Allerseelenmonat« ausging (s.o.
1.4.2); solange ein
*kueltobay als Name eines Festtags »Allerseelen« aber nicht belegt worden ist und für den angenommenen
Wortbildungsprozeß keine Parallelen beigebracht worden sind,
bleibt diese Herleitung fragwürdig.
282
3.6. Auch für die beiden Monate
t'irisk'nisay und
t'irisdinisay
ist die etymologische Verknüpfung mit einem armen. Namen
vorgeschlagen worden, nämlich mit dem des vierten Monats,
trē, der selbst als »Monat des Gottes Tīr« mit dem vierten
Monat der verschiedenen mitteliran. Kalender identifiziert
wird.
283 Die Verknüpfung erscheint zunächst für den
t'irisdinisay gerechtfertigt, der in der georg. Monatsliste ebenfalls die
vierte Stelle einnimmt. Sie kann sich jedoch nur auf das Element
t'iri- stützen, das beiden Namen gemein ist und das sich mit iran.
Formen wie
tīrī etc. deckt;
284 unklar bleiben die »Erweiterungen«, die für
t'irisk'nisay und
t'irisdinisay anzunehmen wären.
285 Auf eine mögliche Lösung weist nun noch einmal der
Blick auf den iran. Festkalender. Auch in den iran. vierten Monat
fiel nämlich eines der Hauptfeste, und zwar das sog.
tīragān oder
»Fest des Tīr«, das eben dem Namenspatron des Monats geweihtwar.
286 Auch ohne daß alle entstehenden Probleme hier
geklärt werden können, sei im folgenden vorgeschlagen, den
Namen des Monats
t'irisk'nisay mit dem des »Tīr-Festes« zu
identifizieren.
3.6.1. Eine solche Identifizierung hätte zunächst zur Folge, daß
die bisher angenommene Reihenfolge der georg. Monate geändert werden müßte, da die Position des
tīragān im Verhältnis
zu den übrigen iran. Festen, eben auch zu jenen, die ihren eindeutigen Widerhall im ageorg. Kalender gefunden haben, eindeutig fixiert ist; man vgl. die folgende Aufstellung:
287
iran. Monat:
| Tag:
| Fest:
| georg. Monat:
|
1 fravardīn
| 1. nō rōz
| = »Neujahrsfest«
| 1 axalc'lisay
|
4 tir
| 13. tīragān
| = »Fest des Tīr«
| 4 ?
|
7 mihr
| 16. mihragān
| = »Fest des Mihr«
| 7 mihrak'nisay
|
9 ādar
| 9. *āhragān
| = »Feuerfest«
| 9 vardobisay
|
10 dai
| 15.-20. *maδyār
| = »Mittjahresfest«
| 10 marialisay
|
12 spandārmad
| 26.-30. fravardīgān
| = »Allerseelenfest«
| 12 kueltobisay.
|
Nun bietet das angeführte Material gerade für die Position der
Monate t'irisk'nisay und t'irisdinisay keine sehr gute Evidenz;
für beide sind nur je zwei Belege vorhanden, und diese sind
nicht eindeutig.288 Für die Annahme, daß die Reihenfolge beider Monate umzukehren ist, gibt es aber evtl. einen außergeorg.
Zeugen. Unter den oben (1.2.2.) vorgestellten georg. Monatslisten der armen. Schriftsteller Anania Širakac`i und Hovhannes
Imastaser hebt sich eine durch zahlreiche Besonderheiten von
den anderen ab, nämlich die Liste der Hs. Erevan 1999, f. 56; sie
ist z.B. die einzige Liste, die den Anlaut des 6. Monats
(surc'q'nisay) und des 11. Monats (tibisay) so bietet, wie er auch
im Georg. selbst belegbar ist: vgl. sackac` gegenüber nowckni
etc. bzw. t`ebani gegenüber k`owba etc. Eine Sonderstellung
nimmt die Hs. nun auch gerade beim dritten und vierten Monat
der Liste ein: Während die übrigen Hss. jeweils zwei fast identische Formen haben wie z.B. tirisdi und tirisdini, werden uns
hier die Namen trisidisos und treakan genannt, die sich zweifellos weniger mit der bisher angenommenen Reihenfolge t'irisk'nisay — t'irisdinisay in Einklang bringen lassen als mit der umgekehrten.
3.6.2. Größere Bedeutung als der Monatsliste kommt einem
anderen, ebenfalls armen. Zeugnis zu. Für den vierten Monat
des aarm. Kalenders ist nämlich selbst auch eine Namensvariante
belegbar, die auf das »Fest des Tīr« zurückgeführt werden kann:
Es handelt sich um die Form
trekani, die im »Achten Brief des
(Bischofs) Petrus an (den Bischof) Akakius« in der Sammlung
Girk` T`łt`oc` erscheint. Die Stelle lautet:
i tasn ew hing amsoyn
P`opi, ew əst hrovmayec`woc`n i tasn hoktember, ew Asorerēn
T`šrin ktim, ew əst Hayoc` Trekani — »am 15. des Monats
P`opi,
und bei den Römern am 10.Oktober, und auf syrisch (im)
T`šrin ktim, und bei den Armeniern (im)
Trekani«.
289 Man
kann nun davon ausgehen, daß dieser Brief um 485 verfaßt
worden ist
290 und daß zu dieser Zeit tatsächlich der armen.
vierte Monat ungefähr mit dem alexandrin.
Phaophi, dem röm.
Oktober und dem syr.
təšrīn qədēm übereinstimmte.
291 Für eine
Identifikation des
trekani würde dies nach dem oben unter 2.2.3.
gesagten allein jedoch wohl noch nicht ausreichen. Eine zusätzliche Evidenz ergibt sich aber aus einem zweiten in dem Brief
enthaltenen Datum:
i tasn ew inn amsoyn or koč`i P`iron ew əst
hrovmayec`woc` hamaroy i tasn ew č`ork` amsoyn Miayis, or
koč`i asorerēn Iyar, ew əst hayerēn barbaroy koč`i Margac` amis
— »Am 19. des Monats, der
P`iron heißt, und nach der Zählung
der Römer am 14. des Monats Mai, der auf syr.
Iyar heißt, und
in der armen. Sprache Monat
Margac` (heißt)«.
292 Durch die
Äquivalenz des elften armen. Monats,
margac`, mit dem alexandrin.
Pachon, dem röm. Mai und dem syr.
Iyār erscheint die
Gleichsetzung des
trekani mit dem vierten Monat, der sonst
trē
genannt wird, gewährleistet.
3.6.3. Fraglich bleibt trotz der Parallele des armen.
trekani, wie
das iran.
tīragān mit der für den georg.
t'irisk'nisay vorauszusetzenden Vorform
t'irisk'an- lautlich zu vermitteln ist. Denkbar
wäre immerhin, daß die Form durch den benachbarten Monatsnamen
t'irisdinisay beeinflußt worden wäre.
293 Dabei kommt
auch die Lösung in Betracht, daß beide Namen so wie die armen.
Varianten
trē und
trekani ein und denselben Monat bezeichnet
haben, was die Annahme einer gegenseitigen Beeinftussung
natürlich erleichtern würde. Auch für diese Lösung scheint sich
eine Evidenz zu ergeben, und zwar wiederum aus einer Stelle im
gen. Brief des armen. Girk` T`łt`oc`; hier heißt es:
əst mer hamaroy i vec`erord awowr amsoyn or koč`i T`ovt` ew əst hrovmayec`woc` i yA amsoyn erek`n or koč`i September ew Asorerēn
Iyowl ew hayerēn Kt`oc` — »Nach unserer Zählung am 6. Tage
des Monats
T`ovt` und nach der der Römer am 3. des ersten
Monats, der September heißt, und auf syr.
Iyowl und auf armen.
Kt`oc`«.
294 Dieser letztere Monat, der mit dem alexandrin.
Thoth, dem griech. September und dem syr.
Elūl identifiziert
wird, muß nach dem oben gesagten der dritte des armen. Jahres
sein, der sonst als
sahmi bekannt ist. Der Name
kt`oc` läßt sich
nun als eine genaue Entsprechung des georg.
stulisay, des Monats
der »Weinlese« auffassen, da er ohne weiteres von dem Verbum
kt`el ableitbar ist, das u.a. τρυγάω,
vindemio bedeutet.
295
Man könnte also folgern, daß auch der georg.
stulisay nicht der
zweite, sondern der dritte Monat des georg. Jahres gewesen
wäre und die bisher für den
t'irisdinisay vorgesehene Stelle
eingenommen hätte; die Übereinstimmung zwischen dem
kt`oc`
und dem
stulisay läge dabei auf derselben — semantischen — Ebene wie die zwischen den jeweiligen elften Monaten, dem
tibisay als »Gras- oder Heumonat« und dem
margac` als »Monat
der Wiesen«. Diese Annahme hätte allerdings zur Folge, daß nun
wiederum der Name für den zweiten georg. Monat als unbekannt
einzustufen wäre.
Für die Lösung, daß
t'irisk'nisay und
t'irisdinisay beide denselben, vierten Monat bezeichnet haben, spricht letztlich auch ein
neuer Deutungsvorschlag, für den ich auf meinen Beitrag im
Annual of Armenian Linguistics 8, 1987, verweise.
3.7. Mit einem non liquet muß man sich vorerst bei den drei
restlichen ageorg. Monatsnamen begnügen. Dies gilt zunächst für
den
ap'nisay: Die früher vorgeschlagene Etymologie, die ihn mit
dem mittelpers. Namen
ābān < avest.
apąm identifiziert, ließe
sich zwar wiederum durch die Belege in den armen. Monatslisten stützen, die auf eine Grundform
*ap'an-i weisen. Der
Identifikation steht jedoch entgegen, daß der iran.
ābān die achte
Stelle im Kalender einnimmt, während der georg.
ap'nisay der
fünfte Monat ist. Man könnte nun damit argumentieren, daß der
ābān ja nicht nach einem »Fest« benannt ist wie die bisher
besprochenen, und daß Verschiebungen des Festkalenders im
Verhältnis zu den Monaten im iran. Bereich auch sonst anzunehmen sind.
296 Im gegebenen Fall würde das voraussetzen daß
das »Neujahrsfest« in den Monat
tīr gefallen wäre, wodurch der
ursprüngliche achte Monat
ābān in die fünfte Position gelangt
wäre. Für eine solche Verschiebung gibt es aber meines Wissens
bisher keine Evidenz. — Noch weitaus unsicherer ist die vorgeschlagene Verbindung des Namens
igrik'isay mit dem armen.
areg, da für die anzunehmenden lautlichen Entsprechungen
keinerlei Parallelen existieren. Eine neue Lösung habe ich ebenso wenig anzubieten
297 wie für den Namen
surc'q'nisay.
Anmerkungen