Zur Metrik der Gathas
yastā daēuuə̄ṇg aparō maṣ̌iiąscā25.
vácas-: | T(5) | T(6) T(x) | J(5) | J(6) | J(x) | G | |
vácasas: | 1 | 4 | 1 | 2 | |||
vácase: | 2 | 1 | |||||
vácasā: | 5 | 2 | 1 | 1 | |||
vácasi: | 1 |
Vgl. demgegenüber z.B.:
vácas:
5
8
17
vácāṃsi:
8
3
1
mánas-:
T(5)
T(6) T(x)
J(5)
J(6)
J(x)
G
mánasas:
4
8
1
2
3
mánasā:
18
14
7
6
6
mánasi:
1
Vgl. demgegenüber z.B.:
mánāṃsi:
2
3
námas-:
T(5)
T(6) T(x)
J(5)
J(6)
J(x)
G
námasas:
2
1
námasā:
23
36
1
2
13
8
námase:
1
námasi:
1
-ū-Stamm:
tanū́-:27
T(5)
T(6) T(x)
J(5)
J(6)
J(x)
G
tanvàs:
16
5
2
3
4
1
tanvā̀:
11
11
1
tanvàm:
13
13
3
4
tanvè:
3
9
1
3
tanvì:
2
1
Vgl. demgegenüber z.B.:
tanū́ṣu:
6
5
5
-u-Stamm:
krátu-:
T(5)
T(6) T(x)
J(5)
J(6)
J(x)
G
krátavas:
2
3
krátubhis:
3
4
1
1
1
krátave:
1
Vgl. demgegenüber z.B.:
krátvā:
2
1
19
15
20
Die beh. Formen begegnen also nur 9× nicht in der Stellung in M; dabei handelt
es sich in sechs Fällen nicht um Ausnahmen, da M hier durch eine andere Form
derselben Struktur vertreten ist wie z.B. ávasā in 1,152,7b (mit námasā in T(1))
oder kṛṇuṣe in 1,123,11b (mit tanvàm in T(3))28. Nur scheinbare Ausnahmen sind
auch die Belege von tanvàs in 10,51,2b T(3) bzw. 4c T(4), wo die Form offensichtlich trotz des Svarita zweisilbig zu lesen ist29. Einzige echte Ausnahme bleibt der
fin. Dativ námase in 8,25,7c J(8). — Besonders interessant sind in diesem
Zusammenhang Formen mit sandhifähigem Anlaut; vgl. z.B.
ávas-:
T(5)
T(6) T(x)
J(5)
J(6)
J(x)
G
ávasas:
1
2
2
2
ávase:
21
19
5
17
5
27
ávasā:
6
18
3
7
1
8
ávasi:
2
Vgl. demgegenüber z.B.:
ávas:
1
2
9
2
5
3
20
ávāṃsi:
2
2
-a-Stamm:
ásura-:
T(5)
T(6) T(x)
J(5)
J(6)
J(x)
G
ásuras:
2
8
3
4
1
ásura:
5
3
1
1
ásuram:
2
1
ásurā:
23
36
1
2
13
8
ásurais:
1
ásurasya:
1
7
1
9
1
Hier ist M sogar in allen 8 „Ausnahmefällen“ durch andere Wörter repräsentiert,
die zwei Kürzen zeigen wie z.B. jaṭhárād in 3,29,14d (mit ásurasya in J(2)); auffällig
ist dabei die häufige Verwendung von ávase in der Kadenz von J, die jeweils durch
einen Sandhi wie ihā́vase (1,35,1 b) ermöglicht wird30. Insgesamt ist jedoch zu
konstatieren, daß die Wortformen, die mit zwei aufeinanderfolgenden Kurzsilben
beginnen, auch dann die Position M in T (und J) bevorzugen, wenn sie durch
vokalischen Anlaut geeignet wären, unter Sandhi eine andere Stellung
einzunehmen31.
1.2.2. Aufschlußreich sind weiter Wortformen, bei denen die etymologische
Herleitung eine zweisilbige Messung geschriebener Langvokale erwarten läßt. Ein
solcher Fall ist z.B. vā́ta- „Wind“ (< uridg. *h2wéh1n̥to-), das bei zweisilbiger
Lesung ebenfalls mit zwei Kurzsilben anlauten würde. Das Wort erscheint im RV
in folgenden Verspositionen:
T(5) | T(6) T(x) | J(5) | J(6) | J(x) | G | ||
vā́tas: | 4 | 4 | 16 | 1 | 4 | 8 | |
vā́tasya: | 3 | 2 | 10 | 2 | 7 | ||
vā́tam: | 1 | 2 | 2 | 1 | |||
vā́tāya: | 2 | ||||||
vā́tas: | 2 | 1 | 6 | ||||
vā́tais: | 1 | ||||||
vā́tā | 1 | ||||||
vā́tān:32 | 3 | 1 |
In M begegnet das Wort also 15×; dabei ist der Vers 10× unterzählig, was eine
Lesung vaata- nahelegt33. Umgekehrt ist unter den Elf- und Zwölfsilblern, wo vā́ta-
nicht in M steht, nur einer, der ebenfalls einer Unterzähligkeit verdächtig wäre,
nämlich 10,158,1b; das ist einer von 46 Belegen34! Auffällig ist weiter, daß in den
fünf Versen, wo vā́ta- in M nicht dreisilbig zu lesen ist, das Wort jeweils mit der
Partikel iva verbunden erscheint wie z.B. in 1,79,1b vā́ta iva. Es drängt sich der
Verdacht auf, daß diese Kombination an den betr. Stellen35 das gleichbedeutende
vā́to ná ersetzt hat, das die zu erwartende Lesung mit zwei Kurzsilben ermöglichen
würde36.
Daß somit gerade die als archaisch erkannte Form die Position M
bevorzugt, weist m.E. eindeutig darauf hin, daß das durch zwei Kürzen
eingeleitete Mittelstück eher alt als jung ist.
1.3. Wenn es sich also wahrscheinlich machen läßt, daß die Folge
zweier Kurzsilben (als Charakteristikum des Mittelstücks) ein integraler
Bestandteil bereits der ältesten Schicht des aind. Metrums gewesen ist, so
wird die Frage aufgeworfen, ob sich evtl. auch in den gath. Versen eine
Sonderbehandlung von Wortformen zeigt, die diese Struktur aufweisen.
Für die hierzu durchzuführende Untersuchung gilt es natürlich, sich auf
Formen zu beschränken, deren Silbenstruktur eindeutig ist. Um einem
zirkulären Verfahren vorzubeugen, müssen also zunächst alle Formen
ausgeklammert werden, bei denen zwei anlautende Kurzsilben nur deshalb
angenommen werden, um die Vollständigkeit eines Verses zu erreichen,
oder deren Messung aus anderen Gründen nicht sicher ist. Das betrifft v.a.
gewisse Konjunktivformen wie z.B. dāitī = /daati/37; weiter dann Nominalformen wie hizuuā, das in 31,3c dreisilbig, in 45,1e jedoch zweisilbig zu
lesen wäre38. Entsprechendes muß ferner für gewisse Ableitungssuffixe
gelten wie z.B. das Gerundivsuffix -iia-, das wie in zəuuīm (31,4a) ≈ aind.
hávya- meist eine zweisilbige Messung zuläßt, zumindest in einem Fall
(aojiiaēšū, 46,12b) jedoch nicht39. Ausgeklammert bleiben außerdem
Wortformen mit -š- < urindoiran. -ćš- (wie z.B. tataša ≈ aind. tatakṣa)
sowie mit -s- < -ść- (jasatā ≈ aind. gacchata), da denkbar wäre, daß sich
die ursprüngliche Konsonantengruppe hier noch durch eine Positionslänge
manifestiert; die gleiche Problematik betrifft letztlich Formen, bei denen
Vokalquantitäten nicht eindeutig sind40. Es werden also ausschließlich
solche Wortformen einbezogen, deren Struktur durch die Erkenntnisse der
vergleichenden Grammatik gesichert erscheint; daß dabei oft v.a. die ved.
Verhältnisse die Richtschnur bilden, ist methodisch gerechtfertigt, da die
Untersuchung ja ausdrücklich auf eine Konfrontation mit ved. Material
abzielt. Da der hier zur Verfügung stehende Raum begrenzt ist, beschränken wir die Untersuchung auf dreisilbige Wortformen.
Nach dem o. Gesagten fallen folgende Wortformen des Typs ∪∪× an41:
ahurā, -əm, -ō; aiiaŋhā; aŋhaiti; aparəm; apə̄məm, -ē, -ā; auuaŋhō, -ā, -ē; aurunā;
baraitī, barətū; bauuaitī; caraitī; dadaitī; ə̄mauuat̰; fracinas; fraidiuuā; hacaitē;
huš.haxā; -iiamaitē; jam-, jimaitī; jə̄naiiō; kərədušā42; manaŋhō, -ā; mrauuaitī;
nəmaŋhō, -ā; pourušū; sauuaiiō; sauuaŋhō; srauuaŋhā, -ahī; š́auuaitē; tanuiiē;
təmaŋhō; təuuīšī, -īm; vacaŋhā; vaŋhaouuē; vātāī; vīdušē, -ō; vīcinaot̰; vīcirō;
vīciϑəm, -ōi; xratauuō; xšaiiehī, -aϑā; yazaitē.
1.3.1. Überprüft man nun, in welchen Positionen diese Formen in gath. Versen
erscheinen, so tritt ein verblüffendes Ergebnis zutage: Von den insges. 305 Belegen43 betreffen immerhin 195, das sind ca. 65%, das Ende eines siebensilbigen
Halbverses. Innerhalb der „isosyllabischen“ Verstypen von 4+7 Silben (GU und
GSM) ist das Verhältnis sogar noch eindeutiger: von 134 Belegen sind 110, i.e. ca.
83% in dieser Position vorzufinden. Eine Präferenz für die Endposition zeigt sich
ferner bei den Belegen in den (eher nicht isosyllabischen) zweiten Halbversen der
GA: 43 solchen Fällen stehen nur 23 mit anderer Anordnung gegenüber. Eine
nennenswerte Kumulation ergibt sich ansonsten nur noch für die Anfangsposition
der Siebensilbler: hier sind 27 Belege zu notieren. Tabellarisch kann die Auswertung
wie folgt wiedergegeben werden44:
1. HV | 2. HV | (3.HV in GVI) | ||||||
Verstyp | Anf. | sstg. | Ende | Anf. | sstg. | Ende | Anf. | Ende |
7-9 | 3 | 3 | 62 | 2 | 21 | 43 | ||
4-7 | 3 | 4 | 14 | 3 | 110 | |||
7-7 | 4 | 13 | 5 | 1 | 5 | |||
7-5 | 1 | |||||||
7-7-5 | 3 | 1 | 2 | 1 | 1 |
1.3.2. Bevor aus diesem Befund Rückschlüsse gezogen werden können, ist es
natürlich notwendig, die Gegenprobe zu machen, ob nicht evtl. alle dreisilbigen
Wortformen die Endposition von S in gleichem Maße bevorzugen; eine besonders
starke Repräsentierung dreisilbiger Wörter in dieser Position geht nämlich bereits
aus den Aufstellungen von J. Kuryłowicz hervor45, wonach 503 von 895, also
weit über 50% der S-Verse auf Wörter von drei Silben enden.
Wir überprüfen also zunächst die Wortformen des Typs ∪–×; nach einem
entsprechenden Auswahlverfahren wie oben werden folgende Formen einbezogen46:
acištō, -ā, -əm; aguštā; ahūmbis; aiienī; anaēšō, -əm; auuāmī; bauuaiṇtī; cīcīϑβā;
daibišəṇtī; daibitānā47; dadāitī, -əṇtē, daidītā; əuuīduuå; ə̄nāxštā; əuuistī; fradaxštā;
frasastīm; frāuuaocā; frauuarətā48; frauuaxšiiā; fšuiieṇtē, -aṇtəm; haciṇtē, -aiṇtē;
hanəṇtē; hazaošō, -əm; hucistōiš, -īm; hudābiiō; hudāṇuš, -āuš; humązdrā; huzə̄ṇtuš(ə); jamaētē; magahiiā; mairištō; manaoϑrīš; marəṇtō, -ī; mazištəm; miϑahiiā;
nadəṇtō; nidātəm; pourubiiō; rapaṇtō; razištā; səuuīštō, -āi; spə̄ništō, -ā; spitāmō,
-ā, -əm, -ī; uruuąnō, -āne, -əm; vahištō, -ē, -ā, -əm , -āt̰; vīcidiiāi; vijə̄miiāt̰;
xšaiiaṇtō; xšnəuuīšā; zazəṇtī.
Wie zu erwarten war, zeigt sich auch bei diesen Formen eine Präferenz für die
Endstellung in S, die jedoch bei weitem nicht so ausgeprägt ist wie bei dem Typ
∪∪×: Von 145 Belegen gehören hierher 58, also ca. 40%; bei den elfsilbigen Versen
ist das Verhältnis 57:28, also ca. 50%. Weniger stark repräsentiert ist auch die
Endposition in A, wo nur noch 8 gegenüber 31 sonstigen Belegen in A begegnen.
Demgegenüber fällt auf, daß immerhin 14× die Endposition von V besetzt ist
(Silben 2-4)49. Tabellarisch:
1. HV | 2. HV | (3.HV in GVI) | ||||||
Verstyp | Anf. | sstg. | Ende | Anf. | sstg. | Ende | Anf. | Ende |
7-9 | 5 | 5 | 25 | 8 | 23 | 8 | ||
4-7 | 14 | 10 | 5 | 28 | ||||
7-7 | 3 | 6 | ||||||
7-5 | 1 | 1 | ||||||
7-7-5 | 1 | 1 | 1 |
1.3.3. Ein ähnliches Resultat erbringt die Überprüfung folgender Wortformen des
Typs –∪×:
aēnaŋhō, -ē; airiiamā; ākərətiš; aṇgraiiā; aojaŋhā; astaiiō; astuuaitō, -ē; auruuatō;
bāxšaiti; caxrāiiō; cašmainī; cinuuatō; cixšnušō, -ā; cōiϑaitē; daibišuuatō; darəsatā;
dāraiiat̰, -iiō; drəguuatō, -āitē, -ātā; duuaēšaŋhā; dužazōbå; ərəž.jiiōi; frasrūtā; hauruuātā, -atō; hə̄ṇkərətā; huuō.guuā; huxratuš; mārədaiti; marəxšaitē; maniietē;
mə̄hmaidī; mīždauuąn; nərəfšaitī; p(a)ouruiiō, -ē, -āiš, -ruuīm; rādaŋhō, -ā; raēxənaŋhō; råŋhaiiən; rātaiiō; šaocaiiat̰; ϑβaxšaŋhā; uruuādaŋhā; usə̄mahī; uxšiieitī;
vaēnāŋhē, -ahī; vaocaŋhē; varədaitī; varəmaidī48; vaš́iietē; vāvərəzōi; vazdaŋhā;
vəṇŋhaitī; vīduuanōi; xraodaitī; xsmāuuatō, -sū; zastaiiō; zastauuat̰.
Es handelt sich um 136 Belege, von denen 67, also ca. 49% in die Endposition
von S fallen; bei den elfsilb. Versen ist das Verhältnis 70:40, also ca. 57%. Die
Stellung im Ausgang von A ist stark unterrepräsentiert; hier stehen nur 5 von 31
Belegen. Tabellarisch:
1. HV | 2. HV | (3.HV in GVI) | ||||||
Verstyp | Anf. | sstg. | Ende | Anf. | sstg. | Ende | Anf. | Ende |
7-9 | 1 | 3 | 19 | 2 | 24 | 5 | ||
4-7 | 2 | 2 | 20 | 6 | 40 | |||
7-7 | 1 | 7 | 1 | 1 | 1 | |||
7-5 | ||||||||
7-7-5 | 1 |
1.3.4. Zuletzt50 ist hier die Struktur des Typs ––× zu untersuchen. Folgende
Wortformen kommen in Betracht:
aduuānəm; aduuaēšō; ahmākə̄ṇg; ahuuāhū; aniiaϑā; aojištō; aojōṇghuuat̰;
arəϑahiiā; asrūdūm; ašruštā, -ōiš; astuuaṇtəm; aṣ̌ahiiā; aṣ̌auuā, aṣ̌āunō, -ē51;
āiiaptā; ābūštiš; ādištiš; aēšəm.mahiiā; āzūtōiš; baodaṇtō; bə̄ṇduuahiiā;
carəkarəϑrā; dahmahiiā; darəgahiiā; dātārəm; dāϑaēibiiō; dəbənaotā52; diβžaidiiāi;
drəguuaṇtō, -təm, -uuōdəbiiō,-bīš; dūtåŋhō; duš.sastiš; dušx�arəϑəm; dušə.xšaϑrā,
-ə̄ṇg; fərasrūidiiāi; frajiiāitiš; gaēϑāhū; haoząϑβāt̰; huxšaϑrā, -āi; kāmahiiā;
mainiiaṇtā; marətaēibiiō, -aēšū; marətānō; maraxtārō; mazdāϑā; mąϑrānō, -ē;
mərəždikā; nasiiantō; nazdištąm; pišiieiṇtī: rafəδrahiiā; raocə̄bīš; rādəṇtī;
saošiiaṇtō; sāstārō: sə̄ṇghahiiā, -åŋhō; -āni; spəṇtahiiā; ϑrāiiōidiiāi; ufiiānī;
ustānāiš; vaēdōdūm, -ištō; vahmahiiā; vaxəδrahiiā; vāzištō; vərəziieidiiāi; vīspåŋhō,
-ōibiiō; xraoždištə̄ṇg; xšaϑrahiiā; xšmākahiiā; yaojaṇtē; yasnahiiā; yūšmaibiiā;
yūšmākāi,-əm; zarazdāitiš; -dištō; zastōibiiå.
Bei diesen Wortformen kommt der Endposition in S offenbar keine besondere
Bedeutung mehr zu: von insges. 148 Belegen sind nur 35, d.h. ca. 24% hier zu
finden, und auch bei den elfsilb. Versen beträgt die Relation nur mehr 68 : 20, d.h.
30%. Man vgl. die dem gegenüberstehenden 10 Belege in den Silhen 2-4 von V.
Tabellarisch:
1. HV | 2. HV | (3.HV in GVI) | ||||||
Verstyp | Anf. | sstg. | Ende | Anf. | sstg. | Ende | Anf. | Ende |
7-9 | 4 | 11 | 10 | 8 | 18 | 12 | ||
4-7 | 5 | 10 | 17 | 16 | 20 | |||
7-7 | 1 | 2 | 5 | 1 | ||||
7-5 | 2 | 1 | ||||||
7-7-5 | 4 | 1 |
1.4. Die hier mitgeteilten Beobachtungen können kaum zufällig sein.
Selbst wenn man das Auswahlverfahren der Wortformen — das, wohlgemerkt, ja nicht auf den gegebenen Belegen, sondern vielmehr auf der
Sicherheit ihrer strukturellen Analyse beruhte — als arbiträr ansieht, kann
man die aufgezeigte Tendenz wohl doch nicht verkennen: die „leichtestmöglichen“ dreisilb. Wörter (∪∪×) bevorzugen in den gath. Versen den
Ausgang der 7(+n)silbigen Versteile, je „schwerer“ die Wortformen werden (bis hin zum Typ ––×), desto mehr rücken sie von dieser Position
ab.
Gegen dieses Ergebnis könnte der Einwand erhoben werden, daß unter
den Formen der Struktur ∪∪× gerade zwei Wörter zu finden sind, die zu
den häufigstbelegten in den Gathas zählen, nämlich ahura- und manah-,
so daß z.B. die häufige Verwendung best. Formeln die Existenz metr.
Strukturen vortäuschen könnte. Dazu ist zunächst zu sagen, daß sich auch
bei diesen Wörtern die dreisilb. Formen durchaus im Rahmen des
Üblichen verhalten. So beträgt die Relation der Gesamtbelege zu denen
in Endposition S bei Formen von ahura-:
ahurō: 35:30; ahurā: 59:55; ahurəm: 8:453;
bei manah-:
manaŋhō: 55:26; manaŋhā: 66:46.
Dabei fällt besonders im Falle des Vokativs ahurā auf, mit welcher Konstanz er im Ausgang des Siebensilblers anzutreffen ist; es ist ja zu bedenken, daß die Form in der GA somit beständig in der Versmitte erscheint,
während sie in GU und GSM ebenso regelmäßig das Versende einnimmt.
1.4.1. Diese Feststellung wirft ein interessantes Licht auf die oft behandelte Frage
nach der authentischen Reihenfolge der Namensglieder mazdā- und ahura- im Gath.54: Sämtliche Belege mit der „unüblichen“, umgekehrten Reihenfolge
ahura- mazdā- treten in der GA auf! Man braucht nach den hier gemachten
Beobachtungen wohl kaum mehr an eine textuell bedingte „contrastive word
order“55 zu denken, sondern kann einfach davon ausgehen, daß die Stellung
metrische Gründe hat, insofern für die Form ahurā aufgrund ihrer Silbenstruktur die
Position im Vers präjudiziert war. Daß die Reihenfolge mazdā- ahura- die häufigstbezeugte ist, kann umgekehrt darauf zurückzuführen sein, daß in der gesamten
Masse der elfsilbigen Verse das Wort ahura- primär für die Endposition geeignet
war, und daß eine zwei- oder dreisilb. Form von mazdā- leichter Platz in den Silben
1-8 eines Elfsilblers finden konnte als in den Silben 1-4 eines GA-Verses.
1.4.2. Interessant ist ferner, die Belege zu untersuchen, wo ahura- nicht die
Endposition S einnimmt. Hier fällt zunächst Y.43,16a ins Auge, einer von zwei
Fällen, wo der Vok. ahurā im viersilb. Eingang eines Eifsilblers auftritt: at̰ ahurā.
Da die betr. Strophe die letzte des Lieds ist, drängt sich die Vermutung auf, daß
hier ein beabsichtigter Verstoß gegen das Metrum vorliegt, der im Sinne einer
stilistischen Variation eingesetzt wurde. Dazu paßt, daß auch die einzige Strophe
der GA, in der ahurā innerhalb des siebensilb. Versteils nicht in der Endposition
erscheint, die letzte Strophe eines Liedes ist, nämlich Y. 29,11 (c). — Bemerkenswert
sind weiter die Ausnahmebelege des Nom. ahurō: Diese Form begegnet innerhalb
der Elfsilbler nur einmal im Eingang von S, nämlich in Y. 48,6d. Dieselbe Strophe
weist nun noch zwei weitere Besonderheiten auf: sie enthält mit təuuīšīm in Vers
b auch einen von nur vier Belegen für Wörter der Struktur ∪∪× in der Stellung
2-4 des Elfsilblers, und mit manaŋhō (ebenfalls in b) ist hier sogar der einzige Fall
zu notieren, wo eine entsprechende Wortform die Silben 2-4 im siebensilb. zweiten
Teil dieses Verstyps einnimmt. Offenbar liegt dieser Strophe — wie auch den
flankierenden 48,5 und 7 — ein grundsätzlich anderes metr. Schema zugrunde;
bezeichnenderweise besteht gerade hier mehrfach die Notwendigkeit, den Eingangsteil fünfsilbig zu messen56.
2. Welche Schlußfolgerungen ergeben sich nun aus der Tatsache, daß
Wortformen mit der Silbenstruktur ∪∪× in den gath. Versen offenbar eine
best. Stellung bevorzugen, nämlich die Endposition der in allen Verstypen
vertretenen siebensilbigen Halbverse? Diese Erscheinung ist weder mit
der Annahme eines rein silbenzählenden Metrums vereinbar, noch läßt sie
sich aus dem von Kuryłowicz angenommenen akzentuierenden
Versbau heraus motivieren, nach dem ja bei allen dreisilb. Wörtern der
Akzent auf die gleiche, nämlich vorletzte Silbe fallen sollte57.
Die einzig mögliche Deutung scheint nach dem oben (0.5.) Gesagten
eben die zu sein, daß in der Neigung einer quantitativ definierten Wortstruktur zu einer bestimmten metrischen Position noch die Reminiszenz
an eine ererbte, aber als Regel bereits aufgegebene metrische Struktur
durchschimmert. Bezogen auf das Gath. würde das bedeuten, daß der
durch diese Präferenz charakterisierte siebensilbige Halbvers einen Vorläufer gehabt haben müßte, dessen Struktur im Sinne einer quantitierenden Metrik definiert gewesen wäre und als dessen (eines) Merkmal ein
Ausgang der Form ∪∪× anzunehmen wäre; schematisch: ∣××××∪∪×∣.
2.1. Akzeptiert man diese Lösung, so erhebt sich die Frage nach dem gegenseitigen Verhältnis der einzelnen gath. Verstypen, die ja alle mindestens einen siebensilbigen Teilvers enthalten. Dabei ist zunächst auf eine Besonderheit des in der
GVX verwendeten Schemas (7-7) hinzuweisen: Nach den o. angeführten Tabellen
begegnen hier die Wortformen der Struktur ∪∪× nämlich überdurchschnittlich
häufig in der Anfangsstellung eines der Halbverse; während das Verhältnis von
Anfangs- zu Endstellung in den Siebensilblern der GU und GSM (4-7) 14:110, also
rund 1:8 beträgt, liegt es hier bei 9:18 = 1:2. Auch wenn man sich der Problematik
bewußt ist, daß die GVX für eine statistische Auswertung eine vergleichsweise
geringe Masse bietet, muß man das Ergebnis doch als signifikant werten; z.B. ist
gerade auch einer von zwei Belegen des Vok. ahurā in der Anfangsposition des
7silb. Halbverses in Y. 51 zu finden58. Die Folgerung liegt nahe, daß in diesem
Verstyp nicht einfach zwei der ererbten Siebensilbler zu einer Einheit verschmolzen
sind, sondern daß sich hier zwei ursprünglich „spiegelbildlich“ angeordnete Verse
gegenüberstehen; schematisch:
∣ × × × × ∪ ∪ × ∣ ∪ ∪ × × × × × ∣ (oder umgekehrt).
2.2. Für die Verstypen der GA (überwiegend 7-9) sowie der GU und der GSM (4-7) ist zunächst noch einmal festzuhalten, daß sich auch hier die siebensilb. Halbverse weitgehend gleich verhalten, obwohl sie im einen Fall den Vers einleiten, im anderen Fall beschließen; es spricht also nichts dagegen, beide auf eine Verskontamination zurückzuführen, die auf demselben „Urtyp“ des Siebensilblers aufbaut59. Hinzuweisen ist aber gleichzeitig auf den strukturellen Unterschied, der den jeweiligen anderen Versbestandteil betrifft: für den zweiten Halbvers der GA-Strophen läßt sich auch unter größten Anstrengungen wohl keine feste Silbenanzahl ermitteln, und bei Annahme eines akzentuierenden Aufbaus ergibt sich nicht a priori eine gleiche Menge von Ikten (s. dazu oben unter 0.4.3.); hier herrscht also weder die Isosyllabizität noch das „innere Gleichgewicht“, das die übrigen gath. Versschemata auszeichnet. Man könnte deshslb schließen, daß dieser Halbvers anders als der mit ihm verbundene Siebensilbler nicht aus einem ererbten quantitierenden Schema hervorgegangen ist, sondern einen erst neugeschaffenen Typus vertritt. Dagegen spricht jedoch, daß sich auch hier Anzeichen für eine ererbte quantitierende Struktur finden lassen: Auch hier neigen die „leichteren“ Wortformen eher zur Endposition, die „schwereren“ weniger60. Es wäre also denkbar, daß der Vers der GA aus einer Kombination des Siebensilblers „mit sich selbst“ hervorgegangen ist, wobei sich die höhere Silbenanzahl des zweiten Teilverses durchaus als eine „Anakruse“ im Sinne Kuryłowiczs erklären ließe./xšmākahiiā ā manaŋhā // ərəš vīcidiiāi /
yaϑā ī šrāuuaiiaēmā.
Jost Gippert
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