Lexikon der Sprachwissenschaft, Metzler, Stuttgart/Weimar (1993) s.v. "Indogermanistik"

Indogermanistik (engl. Indo-European Studies, frz. linguistique indo-europenne) Im dt. Sprachgebiet übl. Bez. für eine Disziplin, die sich der histor.-vergleichenden Erforschung (-> historisch-vergleichende Sprachwissenschaft) der -> indogermanischen Sprachen und der -> Rekonstruktion einer gemeinsamen Grundspr. (Uridg.) für diese Sprachfamilie widmet. Das Aufkommen der I. gegen Ende des 18. Jh. ist im wesentl. mit der Kenntnisnahme des -> Sanskrit und der Aufdeckung systemat. Entsprechungen zwischen diesem und den »klass.« Sprachen Europas, -> Griechisch und -> Latein, verknüpft. Ihre erste Blütezeit hatte die I. in der 2. Hälfte des 19. Jh., als erkannt wurde, daß die histor. Diversifikation einzelner idg. Spr. oder Sprachgruppen durch regelmäßige lautl. Entwicklungen, sog. -> Lautgesetze, charakterisiert ist (z. B. -> Grimmsches Gesetz, -> Vernersches Gesetz für die -> germanischen Sprachen, Palatalgesetz für das -> Altindische). Die I. versteht sich auch als Hilfsdisziplin für die idg. Einzelphilologien, indem sie versucht, sprachhistor. Kriterien für die Bewertung einzelsprachl. Phänomene bereitzustellen. Verschiedene Einzelphilologien wie die -> Slavistik, Baltistik, Keltistik sind überhaupt erst aus der I. entstanden oder bilden bis jetzt einen Teilbereich derselben. Zu den heute meistdiskutierten Gebieten der I. gehören Fragen der histor. Lautlehre (-> Laryngaltheorie, -> Glottaltheorie), der Stratifikation der Grundsprache in dialektaler und temporaler Hinsicht (»Raum-Zeit-Modell«) sowie die Erforschung rudimentär überlieferter idg. Einzelspr. (sog. Restspr.). Lit. K. Brugmann & B. Delbrück, Grundriß der vergleichenden Grammatik der idg. Spr.n. Straßburg 1886-1890. - H. Krahe, Idg. Sprachwiss. Bln. 6. Aufl. 1985 - 0. Szemerényi, Einf. in die Vergleichende Sprachwiss. Darmstadt ²1980. - R. Schmitt-Brandt, Einf. in die Indogermanistik. Tübingen 1988.

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