Achtung!
Dies ist eine Internet-Sonderausgabe des Buches
"Iranica Armeno-Iberica.
Studien zu den iranischen Lehnwörtern im Armenischen und Georgischen [Bd. 1]"
von Jost Gippert (1990).
Sie sollte nicht zitiert werden. Zitate sind der Originalausgabe, veröffentlicht als
"Österreichische Akademie der Wissenschaften,
philosophisch-historische Klasse,
Sitzungsbericht, 606. Band" /
"Veröffentlichungen der Kommission für Iranistik, Nr. 26",
Wien 1993,
zu entnehmen.
Attention!
This is a special internet edition of the book
"Iranica Armeno-Iberica.
Studien zu den iranischen Lehnwörtern im Armenischen und Georgischen [Bd. 1]"
by Jost Gippert (1990).
It should not be quoted as such. For quotations, please refer to the original edition,
published as
"Österreichische Akademie der Wissenschaften,
philosophisch-historische Klasse,
Sitzungsbericht, 606. Band" /
"Veröffentlichungen der Kommission für Iranistik, Nr. 26",
Wien 1993.
Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved:
Jost Gippert, Frankfurt 2002.
Jost Gippert
Iranica
Armeno-Iberica
Studien zu den
iranischen Lehnwörtern
im Armenischen und Georgischen
xoir-:
1. An zwei Belegstellen der AT-Übersetzung (Bar. 5,2 {1.}; Jud. 10,3
{2.}: -i) Bezeichnung einer Kopfbedeckung als Wiedergabe von griech.
μίτρα. Während in Judith der Text der älteren, durch die Ošḳi-Bibel
repräsentierten und der jüngeren, in der Mcxeta-Hs. vorliegenden Redaktion
in der Wortwahl übereinstimmen, verwendet der von Sulxan-Saba
Orbeliani redigierte Text ebenso wie auch die Bakar-Bibel im (apokryphen) Buch Baruch die griech. Entlehnung miṭra-y. Mit dem xoir- der Ošḳi-Bibel stimmt hingegen die Jerusalemer Hs. überein, die dasselbe Wort
allerdings in der Graphie xwr- gebraucht. Diese Schreibweise ist darüber
hinaus selbst wiederum an drei AT-Stellen belegbar, nämlich in 3.Esr. (=
1.Esr. LXX, armen.) 3,6 in der Jerusalemer Bibel ({4.}: -i) sowie in Ex.
36,35 ({7.}: -ni) und 38 ({5.}: -i) in der durch die Hss. A (= H 1207) und
K (= Kut. 28) vertretenen Redaktion. Dabei liefern die übrigen zur Verfügung stehenden Textzeugen im Esra-Buch zwei weitere Graphien desselben Wortes, nämlich xuir- als die Lesart der Ošḳi-Bibel und xor- als die
Lesart der Mcxeta-Bibel; diese beiden Graphien können ansonsten nicht
belegt werden.
Weiter auseinander gehen die georg. Textredaktionen im Falle der genannten Exoduspassage
(36,35-38). Während in 3.Esra sowohl die innergeorg. Überlieferung relativ kohärent ist als
auch, mit κίδαρις "Haube", die griech. Entsprechung eindeutig auszumachen ist, weichen die
beiden einzigen weiteren Zeugen für die beiden Exodusstellen, nämlich die Bakar- und die
Mcxeta-Bibel (BM) in der Wortwahl erheblich ab, womit gleichzeitig auch die Zuordnung zu
den einzelnen Bestandteilen des griech. Textes fragwürdig wird. In der Septuaginta ist zunächst
in Ex. 36,35 {7.}, wo es um die Ausstattung der Priester mit Kleidern geht, je einmal von κιδάρεις und einer μίτρα die Rede, die beide aus βύσσος gefertigt sind; dem stehen in AK
offensichtlich xwr-ni sowie das dunkle varǯis sadgmel-, wtl. etwa "Haaraufsatz", gegenüber,
womit sich zunächst wiederum die Gleichung κίδαρις / xoir- ergeben würde. Dieselben zwei
Termini, xwr- und varǯis sadgmel- verwenden AK auch in Ex. 36,38 {5.}, wo die Septuaginta
von einem "hyazinthfarbigen Saum", λῶμα ὑακίνϑινον spricht, der oben auf einer μίτρα liegen
soll; dabei scheint xwr- dem griech. λῶμα zu entsprechen. Näher zum griech. Wortlaut stellt
sich nun der in BM enthaltene Text, der dem λῶμα ὑακίνϑινον ein stul-i iaḳintisa gegenüberstellt; die μίτρα ist hier durch varšamag-sa (v.l. varšamang-sa B) wiedergegeben, das als
Entsprechung von griech. μίτρα auch sonst sehr häufig anzutreffen ist (s. s.v.). varšama(n)g-
bieten B und M auch an der ersten Exodusstelle in der Position von griech. μίτρα, während die
κιδάρεις offenbar durch naperṭ-eb-i wiedergegeben sind; allerdings weist die Bakar-Version
hier noch ein zusätzliches gareaġmosasxmel-eb-i auf, das als durchsichtige Bildung mit einer
Bedeutung "Außenaufzusetzendes" möglicherweise das seltene naperṭ- als Bezeichung einer
Kopfbedeckung illustrieren sollte.
Die Übereinstimmung zwischen den beiden jüngeren georg. Textvarianten sind umso bemerkenswerter, als die Mcxeta-Hs. anders als die Bakar-Bibel (und AK) im betreffenden Bereich des Buches Exodus nicht der
Anordnung der Septuaginta folgt, sondern der etwa auch in der Luther-Bibel verwendeten Zählung der hebr. Bibel (39,26-30); obwohl die Passage
in den alten georg. AT-Hss. fehlt, kann deshalb angenommen werden, daß
in M hier keine völlig neue Übersetzung Sabas vorliegt. Bedeutender ist
demgegenüber jedoch die Textgestalt der durch AK repräsentierten Redaktion, die mit der Septuaginta zwar in der Zählung übereinstimmt, im
Wortlaut jedoch kaum. Dazu ist das Zeugnis der armen. Bibel zurate zu
ziehen, die ihrerseits wiederum die "hebr." Zählung gebraucht1. Hier finden
wir in Ex. 39,26 (≈ 36,35 {7.}) die gr. κιδάρεις und μίτρα durch aparawš
bzw. xoyr wiedergegeben, und die Gleichung xoyr / μίτρα läßt sich
unschwer auch für 39,30 (≈ 36,38 {5.}) aufstellen; anstelle des λῶμα
ὑακίνϑινον spricht der armen. Text von einer "hellblauen Schleife" (kapowtak žapawēn). Nun kann arm. xoyr lautlich ohne weiteres mit georg.
xwr- identifiziert werden, wofür auch die graphischen Varianten dieses
Wortes sprechen. So stehen sich an zwei der drei übrigen behandelten
Stellen, nämlich in Bar. 5,2 {1.} und in 3.Esr. 3,6 {4.}, georg. xoir-i und
arm. xoyr unmittelbar gegenüber; lediglich in Jud. 10,3 {2.} hat der armen.
Text statt dessen aparawš. Da aparawš aber gerade auch an einer der
beiden Exodusstellen neben xoyr zu verzeichnen war, ist zu erwägen, ob
das in AK auftretende xwr- möglicherweise ebenfalls das arm. xoyr repräsentiert. Das würde implizieren, daß xwr- und varǯis sadgmel- an beiden
Stellen ursprünglich als Synonyme gestanden hätten; gleichzeitig würde für
Ex. 36,38 {5.} die scheinbare — und nur schwer motivierbare — Identifikation von xwr-i und λῶμα ὑακίνϑινον auseinandergerissen. Dies ist umso
leichter, als im selben Vers mit saolvel- noch ein anderes Wort enthalten
ist, das als Pendant für λῶμα in Frage kommt; tatsächlich wird dieses
Wort, das im Wb. Abulaʒes fehlt, in Sabas Lexikon als ašia samoselta,
i.e. "Kante, Borte, Saum der Kleider" bestimmt. Daß es im gegebenen
Kontext im Dativ steht und damit allenfalls als Lokalobjekt des Aoristprädikats da-dg-e-s "sie setzten" aufgefaßt werden kann, ist dann ebenfalls
im Sinne einer sekundären Textentstellung zu werten. Man vgl. dazu die
folgende synoptische Aufstellung:
| Ex. 36,35 (39,26)
| Ex. 36,38 (39,30)
|
griech.
| κιδάρεις
| μίτρα
| λῶμα ὑακίνϑινον
| μίτρα
|
armen.
| aparawš
| xoyr
| kapowtak žapawēn
| xoyr
|
georg.: AK
| xwr-
| varǯis sadgmel-
| saolvel- / xwr-
| varǯis sadgmel-
|
georg.: BM
| naperṭ-ebi
| varšama(n)g-ebi
| stul- iaḳintisa-
| varšama(n)g-
|
Bedenkt man nun weiter die lautliche Nähe zwischen dem varšama(n)g- in BM und der Zusammenrückung varǯis sadgmel- in AK, so drängt sich sogar der Verdacht auf, daß das letztere
nur aufgrund der volksetymologischen Umdeutung eines ursprünglichen varšama(n)g- in den
Text gelangt ist; das Nebeneinander von xwr- und ursprünglichem varšama(n)g- wäre an den
gegebenen Stellen dann im Sinne einer Glossierung zu fassen. Daß varšama(n)g- seinerseits
einer Glossierung bedurfte und einer volksetymologischen Entstellung unterliegen konnte, ist
damit zu begründen, daß es ebenso wie xoir- / xwr- frühzeitig als obsolet gegolten haben dürfte;
s. dazu weiter unter varšamag-.
Festzuhalten bleibt, daß xoir- und seine graphischen Varianten xwr-,
xuir- und xor- an exponierten Stellen der AT-Übersetzung für "Kopfbedeckungen" im Sinne von griech. μίτρα und κίδαρις verwendet werden; die
Gleichsetzung mit griech. λῶμα "Saum", die der Text von Ex. 36,38 AK
{5.} suggeriert, entfällt. Gleichzeitig scheint sich in der Verwendung
von xoir-, xwr- etc. ein Einfluß der armen. Bibelübersetzung zu offenbaren, wobei zu berücksichtigen ist, daß im armen. Text xoyr in der vorliegenden Bedeutung die "normale" Wortwahl repräsentiert (s. dazu weiter
unter varšamag-).
2. Ein armen. Einfluß kommt auch für einen Beleg außerhalb der Bibelübersetzung in Betracht, allerdings ohne daß die entsprechende armen.
Textstelle vorgelegt werden kann. Es handelt sich um eine Passage aus dem
"Edelsteinbuch" des Epiphanius von Zypern (Epiph.Gemm. 169,35-38
{3.}: xoir-ad), das im Šaṭberd-Codex enthalten ist und somit prinzipiell
einer armen. Vorlage verdächtig ist. An der gegebenen Stelle wird zunächst, unter Rückgriff auf Ps. 67,28 {3a}, "der wundervolle Jüngling"
Beniamin mit der christlichen Kirche verglichen und diese dann weiter als
eine xoir-ad mokmnuli sasʒloy, i.e. eine "mit einem xoir- ausgestattete
Braut", beschrieben. Gerade mit der letzteren Aussage, die zu einem aus
Hohel. 7,4-5 {3b} und 4,3-4 {3d} zusammengefügten Bibelzitat2 überleitet,
steht die georg. Version dabei völlig allein da: Die kontextuale Gestaltung
stimmt zwar weitgehend mit der des kopt. Textes überein, der ebenfalls
von Ps. 67,28 zur "ecclesia" und weiter zu Hohel. 7,4 bzw. 4,3-4 übergeht3,
mit einer "Braut" wird die Kirche hier jedoch nicht explizit verglichen.
Obwohl die im georg. Edelsteinbuch auftretende Wendung xoir-ad
mokmnuli sasʒloy auch sonst unbelegbar bleibt, kann das darin enthaltene
xoir- doch ohne Bedenken wieder als Bezeichnung einer Kopfbedeckung
interpretiert werden, wobei man etwa an ein "Diadem" denken könnte;
bemerkenswert bleibt dabei der syntaktische Gebrauch des Kasus Adverbialis auf -ad (sc. "als x."), für den bei der angenommenen Bedeutung eher
ein Instrumental zu erwarten wäre.
3. Nicht verifizierbar und damit auch nicht argumentativ verwertbar ist
die im Wörterbuch von I. Abulaʒe s.v. xoir-i verzeichnete Stelle Ath. 11,
230r {10.}, die mit xwir- wieder eine neue Graphie des Wortes liefert; als
Bedeutung kommt durchaus wieder die einer Kopfbedeckung in Frage,
ohne daß der bei Abulaʒe verzeichnete Kontext allerdings ausreichen
würde, um dies näher zu begründen. Gemäß den Handschriftenkatalogen,
die die betreffende Athos-Hs. beschreiben, dürfte es sich um eine Passage
aus der Predigt des Bischofs Johannes von Bolnisi über den Palmsonntag
handeln. Leider ist diese Passage nicht in dem Textteil der Predigt enthalten, der in den von M. Ǯanašvili edierten "Kadagebani" des Bischofs
(Ṭpilisi 1911) abgedruckt ist, da die von Ǯanašvili zugrunde gelegte Hs. A
95 gerade innerhalb der Predigt über den Palmsonntag nach zwei Seiten
abbricht. Auch in der Beschreibung des nach Esbroeck, Homél. 113 entsprechenden Textes in Sin. 44, 142v-163v bei Garitte, Cat.Sin. 164 bzw.
Marr, Sinai 44 ist die Stelle nicht enthalten. Sollte die Bestimmung dennoch zutreffen, so würde der Beleg insofern an Bedeutung gewinnen, als
Ioane Bolneli als ein einheimischer Autor gilt4; das Wort wäre damit in
einem genuin-georg. Text belegt.
Georg. xoir- wurde, wenn auch ohne textuale Grundlage, bereits bei Androniḳašvili, Narḳv. 170 (ebenso 199) mit arm. xoyr identifiziert und mit
diesem gemeinsam auf ein miran., und zwar parth. *xōδ zurückgeführt. Die
iran. Etymologie, die für das armen. Wort bereits bei Hübschmann,
Ps.Stud. 201 und AG 160, 280. aufgestellt und unter dem Hinweis auf
apers. *xauda- "Mütze" (im Kompositum tigra-xauda- "spitzmützig"), avest.
*xaoδa- "Helm" (in den Komposita aiiō.xaoδa- "mit eisernem Helm",
zaraniiō.xaoδa- "mit goldenem Helm" und uruui.xaoδa- "mit spitzem
Helm" (?)5) sowie npers. xōd "Helm" (Šāhn.) näher begründet wurde6, soll
hier unbestritten bleiben. Erforderlich ist angesichts der vorgestellten
Beleglage und der variantenreichen Bezeugung des georg. Wortes jedoch
eine erneute Diskussion der bereits bei Androniḳašvili (l.c.) behandelten
Frage, ob es sich bei georg. xoir- und arm. xoyr um unabhängige
Entlehnungen handelt oder ob das iran. Wort, wie es die Beleglage
suggeriert, über das Armenische ins Georgische gedrungen ist.
M. Androniḳašvili entschied sich für die letztere Annahme, wobei sie
folgende Regel aufstellte: "The Middle Iranian (Parthian) long ā, ō are
rendered in Armenian by the diphthongs ay, oy, whereas in Georgian they
are rendered as a, o .. But in later-day borrowings from Armenian we have
Georgian oi, oe" (Narḳv. 557 [Hvhbg. J.G.]; weniger deutlich 169f.).
Außer dem hier behandelten Wort belegte die Autorin ihre Regel noch
durch ein georg. ḳaṗoeṭ-i, das sie über arm. kapoyt auf ein miran. *kapōt
zurückführte (unklar bleibt dabei allerdings, welches georg. Wort gemeint
ist); die "Normalentsprechung" arm. -oy-, georg. -o- wurde z.B. durch die
Doubletten arm. hamboyr / georg. ambor- "Kuß" sowie arm. moyg, moyk
/ georg. mogv- "Stiefel" illustriert (ll.cc.).
Angesichts der unbestrittenen Tatsache, daß im Armenischen neben -oy-
als zweite, jüngere Vertretung für miran. -ō- ebenfalls -o- auftritt, wofür
z.B. auf zoh "Opfer" ≈ georg. zor-v-a- < miran. zōhr verwiesen werden
kann, erscheint Androniḳašvilis Regel jedoch nicht ausreichend begründet: Bei den angeführten "Normalfällen" hamboyr / ambor- und moyg /
mogv- könnten sich im Armenischen und Georgischen Entlehnungen aus
unterschiedlicher Zeit manifestiert haben; georg. xoir- müßte dann ebenso
wie sein armen. Pendant xoyr ein älteres Stratum repräsentieren, brauchte
aber nicht auf diesem zu beruhen.
Daß die Entsprechung georg. -oi- / arm. -oy- dennoch als ein Indiz für
die Übernahme eines Wortes aus dem Armenischen zu werten ist, kann
anhand der bereits bei Abulaʒe, Urt. 0114 behandelten — und bei Androniḳašvili, o.c. 170 nur beiläufig notierten — Personennamen Vnonin-
und Vroin- gezeigt werden, die in einem der vom Autor herausgegebenen
Übersetzungstexte des 9. Jhs. bezeugt sind (Mart. Osḳ. 14,3 {11.}), und
die die Namensformen Vnoyn und Vroyn des armen. Paralleltexts wiedergeben: Abgesehen von der leicht durch eine Perseveration des -n- erklärbaren graphischen Entstellung des ersten Namens zeigt sich hier exakt
dieselbe Wiedergabe von arm. -oy- durch georg. -oi- wie bei xoyr und
xoir-. Da die beiden Personennamen im georg. Schrifttum ansonsten unbekannt sind und folglich als textgebundene Übernahmen aus dem Armenischen gelten müssen, scheidet die Annahme einer besonders frühen Lautgestalt aus; statt dessen wird die Wiedergabe von arm. -oy- durch georg. -oi-
als sprachliches Charakteristikum des 9. Jhs. greifbar.
Androniḳašvilis Regel ist also grundsätzlich zuzustimmen; das verfügbare Material gestattet aber einige weitergehende Schlüsse. Dies betrifft
zunächst die graphischen Varianten, in denen das georg. Wort auftritt.
Bekanntlich hat der altarmen. Diphthong -oy- auf dem Wege zum Neuarmen. hin eine Entwicklung von [oi̯] über [ui̯] bis hin zu [u] durchgemacht; die lautliche Zwischenstufe wird dabei dem Mittelarmenischen zugerechnet7. Für das hier behandelte Wort ist in mittelarmen. Zeit also
eine Lautung [xui̯r] anzusetzen. Genau diese Lautung dürfte sich nun hinter
den georg. Graphien <xuir->, <xwr-> und <xwir-> verbergen, woraus sich
nicht nur ein weiteres deutliches Indiz für die Herkunft des Wortes aus dem
Armenischen ergibt, sondern auch eine chronologisch relevante Feststellung: Mit dem ersten Auftreten dieser Graphien, innerhalb des vorliegen den Materials in 3.Esr. 3,6 {4.} in der Ošḳi-Bibel, die auf AD 978
datierbar ist, ist ein terminus ante quem für den armen. Lautwandel von
[-oi̯-] zu [-ui̯-] gegeben. Die einmalige georg. Graphie xor- dürfte demgegenüber auf einer defektiven Schreibung für xoir- oder sogar xuir- =
<xowir-> beruhen.
Darüber hinaus ergeben sich im Zusammenhang mit georg. xoir- interessante Schlußfolgerungen im Hinblick auf eine dritte Lautentsprechung,
die bei Androniḳašvili unberücksichtigt geblieben ist. Neben -oi- (mit
seinen Varianten) und -o- steht dem arm. -oy- in georg. Wortdoubletten
bisweilen -u- gegenüber wie z.B. im Falle von ṭaḳuḳ- "Trinkgefäß" ≈ arm.
tՙakoyk "id." oder maḳuḳ- "Boot, kleines Schiff" ≈ arm. makoyk "id."
(s.d.). Bei Androniḳašvili (Narḳv. 189) wird lediglich das erstere Wort,
das sie auf ein miran. takōk zurückführt, als Beispiel für eine Lautvertretung iran. -ō-, georg. -u- angeführt, das armen. Pendant bleibt jedoch
unbeachtet. Es wäre nun denkbar, daß die beiden Wortformen im Armenischen und Georgischen tatsächlich zwei verschiedenen chronologischen
Strata angehören, wobei für die georg. Formen mit -u- bereits an die
neupers. Lautung (mit -ū- < -ō-) gedacht werden könnte. Dagegen spricht
allerdings, zumindest im Falle von ṭaḳuḳ-, die Beleglage, da das Wort
bereits zum Bestand der älteren Bibelübersetzung zu rechnen ist. Statt
dessen deutet die Beleglage sowohl bei ṭaḳuḳ- als auch bei maḳuḳ- eher auf
einen armen. Einfluß hin (s. dazu weiter s.vv.). So erhebt sich der Verdacht, daß die georg. Wortformen die armen. "oblique" Stammgestalt (vor
vokalhaltiger Endung) reflektieren könnten, bei der entsprechend der
allgemeinen Regel das in unbetonte Stellung tretende -oy- durch <-ow-> =
/u/ ersetzt ist (z.B. G.Pl. tՙakowkacՙ, G.Sg. makowki).
Argumente für genau diese Annahme ergeben sich nun auch im Zusammenhang mit dem Wort xoir-. Ein dem armen. "obliquen" Stamm
xowr- entsprechendes xur- ist nämlich möglicherweise ebenfalls ins
Georgische gelangt, und zwar als Grundlage des Verbums
-xur-v-a-:
Dieses Verbum tritt uns mit einigen Belegen aus der jüngeren Redaktion
der AT-Übersetzung (Num. 4,5-6 GM {12.}: da-(h-)xur-o-n; 3.Kön. 20,38
M {13.}: da-i-xur-n-a; Lev. 13,45 M {16.}: da-i-xur-e-n; Num. 4,14-15 GM
{17.}: še-xur-o-di-a-n / še-xur-o-n) sowie der klass. Dichtung (Vepx. 1379d
{14.}: da-e-xur-a; 1413d {15.}: da-i-xur-n-e-s) entgegen, wobei sich seine
Bedeutung insgesamt grob mit "bedecken" umfassen läßt. Besonderes
Augenmerk verdienen dabei solche Stellen, wo es um das "Bedecken" des
Kopfes, konkret das "Aufsetzen" einer "Kopfbedeckung" geht. Dies gilt
zunächst für die beiden Belege aus dem Vepxisṭq̇aosani, wo als Objekte
zarad-eb-i und muzarad-ni, beides etwa "Helme", zu verzeichnen sind. Es
gilt aber auch für einige der Bibelstellen, wobei v.a. 3.Kön. 20,38 {13.} zu
erwähnen ist, da hier durch da-i-xur-n-a tualni misni, wtl. etwa "er bedeckte
seine Augen", in kompakter Weise das κατεδήσατο τελαμῶνι τοὺς
ὀϕϑαλμοὺς αὐτοῦ des griech. Textes wiedergegeben ist, wobei da-i-xur-n-a
gleichsam das Mittel des Bedeckens, gr. τελαμών, in sich trägt. Der
Wortlaut der Mcxeta-Bibel stellt sich damit dem der älteren Redaktion8 entgegen, die dem griech. Text näher steht und dabei bezeichnenderweise die
Kopfbedeckung wieder durch varšamag- benennt, das bereits oben als
Synonym von xoir- erwähnt wurde. Als Mittel der Bedeckung erscheint
neben da-xur-v-a- einmal (Num. 4,6 G {12.}; M hat statt dessen da-d-v-a-
"aufsetzen") das Wort sa-bur-v-el-, das im Sinne von "Kopfbedeckung"
ebenfalls als Konkurrent von xoir- in der Bibelübersetzung auftritt (Jud.
16,10 M {18.}). sa-bur-v-el- gibt daneben eine exakte Bildungsparallele für
eine deverbale Weiterbildung von -xur-v-a- ab, nämlich das Gerundivum
sa-xur-v-el-:
Auch diese Bildung ist in der jüngeren AT-Übersetzung belegbar, und
zwar in der durch die Mcxeta-Hs. und die Bakar-Bibel vertretenen Redaktion des Buches Exodus (35,11 {19.}: -eb-sa). Sie entspricht dabei offenbar
dem gr. καλύμματα, so wie auch die finiten Formen des zugrundeliegenden Verbs -xur-v-a- mehrfach Formen des griech. Verbums καλύπτω
(κατακαλύψουσιν Num. 4,5 {12.}; συγκαλύψουσιν 4,15 {17.}) gegenüberstehen; als Bedeutung von sa-xur-v-el- kann somit etwa "Decke,
Bedeckung" (wtl. "(Darüber-)zu-deckendes") angegeben werden. Daß
sa-xur-v-el- mit sa-bur-v-el- nicht nur in der Bildeweise, sondern auch in
der Bedeutung übereinstimmt, zeigt sich daran, daß an den beiden Stellen
in Numeri das letztere ebenfalls griech. κάλυμμα (bzw. κατακάλυμμα)
wiedergibt; außerdem ist auch das von sa-bur-v-el- vorausgesetzte Verb in
der Form da-bur-v-a-y in Num. 4,15 M {17.} als Entsprechung von griech.
καλύπτω zu belegen. Es deutet sich also an, daß -xur-v-a- bzw. seine
Weiterbildung sa-xur-v-el- überhaupt erst unter dem Vorbild des reimenden
Synonyms -bur-v-a- zustande gekommen sind, dessen Priorität durch Belege
in der älteren Redaktion der Bibelübersetzung wie z.B. Lev. 8,9 O
{20.} (da-h-bur-a varšamag-i) gesichert ist.
Fraglich bleibt allerdings, ob -xur-v-a- direkt auf arm. xoyr bzw. seinen
obliquen Stamm beruhen kann oder ob vielmehr eine entsprechende armen.
Verbalbildung vorauszusetzen ist. Durch die vorliegenden Belege wird eine
solche Annahme nicht bestätigt, da die armen. Bibel hier mit cackel "bedecken" (Num. 4,5-6 {12.} und 14-15 {17.}), patel "zudecken" (Lev.
13,45 {16.}) oder sogar kapel "verbinden" (patanaw "mit einem Tuch"
3.Kön. 20,38 {13.}) durchweg andere Verben verwendet; auch die regelmäßige Entsprechung von sa-xur-v-el- und sa-bur-v-el-, nowartan (Num.
4,6 {12.}; 14 {17.}; Ex. 35,11 {19.}9), gibt keinen weiteren Aufschluß. Daß
eine vorauszusetzende Verbalbildung wie *xowr-e-m im Armenischen
jedoch einmal existiert haben kann, erweist sich an dem auch in der Bibelübersetzung belegbaren Kompositalverb apa-xowr-e-m, das als alleinige
Wiedergabe des zweimal in Lev. auftretenden gr. ἀποκιδαρόω (10,6
{21.}; 21,10 {22.}) dient; die georg. Bibel gibt den so bezeichneten Vorgang des "Abnehmens einer Kopfbedeckung" allerdings nicht durch ein
Kompositum von -xur-v-a-, sondern gleichsam analytisch durch die Verben
aġ-ʒarc-v-a- bzw. aġ-qd-a- "abnehmen, ausziehen" mit dem Objekt varšamag- wieder (s. dort). Unabhängig davon, wie man sich zu der Annahme
eines armen. Zwischengliedes *xowr-e-m stellen mag, muß das Verbum
-xur-v-a- im Georgischen aufgrund der Beleglage auf jeden Fall als sekundäre Bildung gewertet werden, die das Nomen xoir- (bzw. arm. xoyr)
voraussetzt. Wenig glaubhaft scheint demgegenüber die von Androniḳašvili, Narḳv. 119 fragend vorgeschlagene direkte Herleitung der Verbalwurzel -xur- aus miran. *xōδ, da das Wort bei dieser Herleitung gleichzeitig die Lautsubstitution von -r- für parth. *-δ- und die erst für frühneupers. Zeit annehmbare Vertretung von *-ō- durch -u- zeigen müßte.
Die gleiche Problematik betrifft noch ein weiteres altgeorg. Wort, das
bisher in der Diskussion um xoir- offenbar unberücksichtigt geblieben ist,
unter Berücksichtigung der semantischen Gegebenheiten jedoch ebenfalls zu
der vorgestellten Sippe gehören kann. Es handelt sich um das -o-stämmige
Substantivum
xuro-:
Mit zahlreichen Belegen aus der NT- und AT-Übersetzung, deren ältester
bereits in einer Xanmeṭi- Variante vorliegt (Mt. 13,55 XDEC {23.}:
-ysa-(y)), tritt uns dieses Wort als Normalwiedergabe von griech. τέκτων
bzw. arm. hiwsn entgegen (z.B. noch Jes. 40,19 IM {24.}; 3.Esr. 5,53 O ≈
5,54-55 M ≈ 1.Esr. 5,53 LXX ≈ 5,54-55 armen. {25.}). Die gleiche Verwendung liegt auch in der Zusammenrückung xuro-t moʒġuar-, wtl. "Anführer der xuro-", vor, die regelmäßig griech. ἀρχιτέκτων wiedergibt
(z.B. Jes. 3,3 I {28.}). Daneben erscheint xuro- bisweilen auch für gr.
τεχνίτης bzw. arm. čartarapet (z.B. Weish.Sal. 13,1 O {27.}), womit der
gegebene semantische Bereich aber ebensowenig verlassen wird wie bei der
Verwendung des abgeleiteten Verbalnomens xuro-eb-a- für gr. (ἔργον)
τεκτονικόν (Ex. 31,5 O {29.}; der armen. Text hat hier genau entsprechendes hiwsnowtՙiwn) oder für gr. τέχνη (z.B. Weish.Sal. 14,19 O {30.};
arm. arowestagitowtՙiwn10, wtl. etwa "Kunstfertigkeit").
Eine genauere Eingrenzung der Bedeutung von xuro- wird durch 2.Kön. 5,11 {26.} möglich,
wo der griech. Text zweimal τέκτων gebraucht, der georg. (M) jedoch nur das erstere von
beiden durch xuro- wiedergibt. Der Grund dürfte in den beiden durch ein Genetivattribut
angegebenen Bereichsbestimmungen (τέκτων) ξύλων bzw. λίϑων, georg. ʒel-is-a- bzw. kv-is-a-
liegen: Die Arbeit eines xuro- war offenbar mit der Holzverarbeitung verbunden, nicht jedoch
mit Steinen, wofür statt dessen nur ein einfacher mokmed-, wtl. "Macher", zuständig war. Die
gleiche Schlußfolgerung gestatten auch 1.Kön. 13,19 M {32.}, wo ein τέκτων σιδήρου nicht
durch xuro-, sondern durch mč̣edel- rḳin-isa-, wtl. "Schmied des Eisens" wiedergegeben ist; und
der τέκτων χαλκοῦ in 3.Kön. 7,2 LXX (7,13-14 M, armen. {33.}) wird durch qelovan-t
moʒġuar- sṗilenʒ-is-a-, wtl. "Künstler-Anführer der Bronze" übersetzt. Daß xuro- andererseits
auch nicht jede mit Holz verbundene Arbeit bezeichnet hat, deutet sich in Weish.Sal. 13,11 O
{27.} an, wo der ὑλοτόμος τέκτων des griech. Textes explizit durch ṭq̇-is-mḳatel-, wtl. etwa
"Wald-Schnitter" benannt ist.
Aus der Bibelübersetzung läßt sich für georg. xuro- somit eine Grundbedeutung "Zimmermann" ableiten. Diese tritt dann auch in den ältesten
hagiographischen Texten zutage, wobei v.a. eine Passage aus der "Bekehrung Georgiens" instruktiv ist (Mokc.A 354,16 ≈ B 159,13 {35.}, ähnlich
A 350,13-16; B 83,13 {35a}), da es hier um die Herstellung des Kreuzes
von Mcxeta aus einem Baum geht. Auch die Zusammenrückung xuro-t moʒġuar- ist in der georg. Hagiographie mehrfach belegbar. Dabei ist v.a. eine
auffällige Übereinstimmung zwischen den Viten des hl. Johannes von
Zedazaden (Io.Zed.A 202,22-30 {36.}) und des hl. Serapion von Zarzma
(320,24-26 {36a}) zu erwähnen, wo in beiden Fällen von der "himmlischen
Stadt, deren Architekt und Erbauer Gott ist" (zecisa kalaki, romlisa xurot-moʒġuar da šemokmed ġmerti ars) gesprochen wird. Hier liegt offenbar
eine stehende Wendung vor, deren Quelle allerdings noch unbekannt ist.
Es wäre nun verlockend, das Substantivum xuro- mit dem oben behandelten Verbum -xur-av- in Verbindung zu bringen, wobei das stammbildende -o- als Suffix aufgefaßt werden müßte; xur-o- könnte dann als Nomen
agentis von dem Verb der Bedeutung "decken" etwa im Sinne von "Dachdecker" motiviert werden. Eine solche Interpretation hätte weitreichende
Konsequenzen, insofern sie auch für griech. τέκτων, das im Zusammenhang
mit dem Ansatz eines uridg. Lautes þ ("Thorn") viel diskutiert wurde11, eine
neuartige Analyse nahelegt: Auch dieses Wort könnte mit einer
Verbalwurzel in Verbindung gebracht werden, die "decken" bedeutet,
nämlich das etwa in lat. tegō oder griech. στέγω vorliegende *(s)teg-.
Die sich daraus ergebenden Probleme v.a. hinsichtlich der Verbindung zwischen gr. τέκτων und indo-iran. Äquivalenten wie z.B. aind. tákṣan-
können hier allerdings nicht ausdiskutiert werden12.
Bedenken gegen eine Identifikation der in xur-o- enthaltenen Wurzel mit
dem Verbum -xur-av- und weiter mit arm. xoyr als Bezeichnung von
"Kopfbedeckungen" ruft nun aber die Beleglage hervor, wonach xuro- —
anders als -xur-av- — zum ältesten Wortbestand der georg. Schriftsprache
gehört und keinerlei Affinität zu dem arm. xoyr (mehr) zeigt. Außerdem
erhebt sich das Problem, wie und wo der -o-Stamm zustande gekommen
sein kann; zumindest ist ein georg. -o-Suffix, das zur Bildung von Nomina
agentis gedient hätte, bisher nicht bekannt. Die Bildung müßte deshalb
bereits vor der Entlehnung bestanden haben, ohne daß ein entsprechendes
Wort im Armenischen jedoch nachweisbar wäre. Die endgültige Beurteilung von georg. xuro- setzt eine generelle Überprüfung der georg.
-o-Stämme voraus, die eine Aufgabe für die Zukunft darstellt.
Das in arm. xoyr und georg. xoir- vorliegende iran. Etymon will M.
Androniḳašvili noch in einem weiteren georg. Wort wiederfinden, das
eine "Kopfbedeckung" bezeichnet, nämlich
kud-:
Bei diesem Wort, das die Autorin mit seinem einzigen Beleg aus dem
Vepxisṭq̇aosani illustriert (85b {37.}: -i-ve) und dessen Bedeutung sie mit
Saba als "menschliche Kopfbedeckung" ("კაცის თავსაბურავი") angibt
(o.c., 118f.), sei es jedoch "kategorisch unmöglich zu sagen, ob es aus
dem Persischen oder aber dem Osset. (ins Georgische) gelangt sei"
("გადაწყვეტით არ შეიძლება ითქვას იგი სპარსულიდან არის შემოსული
თუ ოსურიდან": ib). Androniḳašvili benennt auch den kritischen Punkt
der Herleitung, der allerdings unabhängig davon besteht, ob man den durch
npers. xūd (so o.c., 119) oder den durch oss. xud | xod "Mütze, Haube" vertretenen iran. Traditionsstrang bemüht: Die anzunehmende Substitution des
anlautenden x- durch ein georg. k-, die nach Androniḳašvili "vergleichsweise selten in aus dem Iranischen entlehnten Wörtern begegnet"
("შედარებით იშვიათად გვხვდება ირანულიდან ნასესხებ სიტყვებში"; ib.),
tatsächlich jedoch auch unter ihren eigenen Beispielen ein Einzelfall ist,
bleibt bei beiden Entlehnungswegen erklärungsbedürftig.
Eine Überprüfung der Beleglage kann dem Dilemma keine wesentliche neue Erkenntnis hinzufügen. Der älteste verfügbare Beleg des Wortes scheint tatsächlich die genannte Stelle aus
dem Vepxisṭq̇aosani zu sein. Ein zweiter Beleg, der derselben Zeitstufe angehören würde, ist der
Chronik des Ǯuanšer zu entnehmen (K.Cx. 1, 161,18 {39.}: -ni). Anders als im Vepxisṭq̇aosani
ist hier jedoch nicht von menschlichen "Kopfbedeckungen, Mützen" o.ä. die Rede, sondern von
der baulichen Ausgestaltung von Fenstern und Türen mit den Edelsteinen Hyazinth und Smaragd in der mythischen Stadt Nimrods des Jägers; ob mit kud- dabei so etwas wie das "Gesimse" gemeint ist (so Pätsch, Leben 226; ähnlich Q̣auxčišvili, Ed. 455 mit "карниз (?)"), was
einer "Bedeckung" immerhin noch nahe käme, oder vielmehr die Füllungen als die "lichtdurchlässigen" Teile, was die armen. Version des Texts mit akowns lowsatow, wtl. "lichtgebende
Augen (= Edelsteine; Akk.Pl.)", andeutet, muß mangels irgendwelcher Parallelen offenbleiben.
Der Beleg kann deshalb für eine semantische Beurteilung nicht verwendet werden. Ein dritter,
für die Bedeutungsfeststellung aussagekräftigerer Beleg findet sich an der bereits oben behandelten Stelle Ex. 35,11 {19.} in der durch die Hss. A und K vertretenen Redaktion der AT-Übersetzung; der Dativ Sg. kud-sa steht dabei dem Dat.koll. sa-xur-v-el-eb-sa der Mcxeta- und
der Bakar-Bibel gegenüber. Ungeachtet der Diskrepanz im Bereich des Numerus sind beide Termini doch als Wiedergaben von gr. καλύμματα zu erkennen und somit als bedeutungsgleich zu
werten; zugleich erweist sich kud- als zur Bezeichnung einer baulichen Struktur, etwa im Sinne
von "Wohnungsdecke", geeignet, was seine Verwendung in der Chronik Ǯuanšers auf eine neue
Grundlage stellt.
Durch die Äquivalenz mit dem in BM gegenüberstehenden sa-xur-v-el-
gewinnt außerdem die etymologische Verknüpfung mit der Sippe um xoir-
/ -xur-av- argumentativen Boden. Keinen Aufschluß gibt der Beleg in Ex.
35,11 AK jedoch für die Frage nach der Entlehnungsweg des Wortes, für
die vorrangig der chronologische Aspekt zu berücksichtigen ist: Solange die
durch die Hss. AK repräsentierte Redaktion der AT-Übersetzung zeitlich
nicht fixierbar ist13, bleibt der Beleg im Vepxisṭq̇aosani als der frühest
verfügbare bestehen. Für eine Entlehnung, die den neupers. Übergang von
-ō- > -ū- reflektieren müßte, dürfte dies spät genug sein. Ob auch der
osset., und zwar iron. Übergang von -ō- > -ū- zur fraglichen Zeit abgeschlossen gewesen sein kann, bleibt unentscheidbar.
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Copyright Jost Gippert, Frankfurt a/M 7. 1.2003.
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