Jürgen Uhlich
, Die Morphologie der komponierten Personennamen des Altirischen, Beiträge zu Sprachwissenschaften 1, Witterschlick/Bonn: Verlag M. Wehle
1993, XXXVI, 309 Seiten
Das vorliegende Buch stellt die im Rahmen des Promotionsverfahrens publizierte
Fassung der im Jahre 1991 von J. Uhlich an der Universität Bonn vorgelegten
Doktordissertation dar. Es ist als eine vorläufige Ausgabe anzusehen, da “eine
erweiterte Fassung, die insbesondere ein vollständiges Wörterbuch der komponierten
Personennamen des Altirischen bieten wird, [...] zur Zeit noch in Vorbereitung” ist
(S. IV). Da man bisher nicht absehen kann, wann das angekündigte Werk erscheinen wird, erscheint es gerechtfertigt, die vorliegende Ausgabe kurz für sich zu
besprechen, auch wenn ihre Drucklegung bereits einige Jahre zurückliegt.
Die Arbeit gliedert sich in vier klar voneinander abgegrenzte Teile: Eine Einführung, in der sich der Autor ausführlich mit den definitorischen Problemen auseinandersetzt, die das Thema ‘altirische komponierte Personennamen’ impliziert (zum
Beispiel die Frage, inwieweit neben der eigentlichen altirischen Überlieferung und
ihren früheren Vorstufen, vor allem der sogenannten Ogaminschriften, auch spätere,
das heißt mittelirische Zeugnisse berücksichtigt werden können; S. 1-12), und die
mit allgemeinen Ausführungen “zum sprachlichen Aussagewert von Personennamen” (nämlich “für eine indogermanistische Untersuchung”: S. 13) schließt; ein
umfangreiches Kapitel, das “Philologische und sprachwissenschaftliche Bemerkungen zur Bearbeitung des Materials” übertitelt ist und in dem es im wesentlichen um
das Verhältnis zwischen (präsumptiven) Lautungen und ihrer graphischen Wiedergabe in lateinschriftlicher und Ogam-Schreibung, aber auch um lautliche Veränderungsprozesse geht, die für die (Vor-)Geschichte des Altirischen charakteristisch
sind (für komponierte Personennamen vorrangig relevant ist zum Beispiel die Frage
der “Behandlung des Kompositionsvokals”, S. 73); ein grundlegendes Kapitel über
“Kompositionslehre”, das heißt zur “Einteilung” und zur “Form” von Kompositaltypen des Altirischen im Kontrast mit denjenigen anderer indogermanischer Sprachen; und ein Namenverzeichnis, in dem für mehr als 300 der im Hauptteil behandelten Namen (sowie einige Namensbestandteile, das heißt Vorder- oder Hinterglieder) die verschiedenen Bezeugungsformen (in Ogam-Inschriften, lateinischer und
irisch-handschriftlicher Überlieferung; Sigle
B) sowie etymologische Deutungsversuche (Sigle
E) zusammengestellt
sind
1 (S. 144-309).
Nicht nur durch diesen Index, der das argumentativ verwendete Material bequem
erschließt, erscheint das Buch gut geeignet, die irische Onomastik, die vielfach noch
bis heute auf A. Holders ‘Alt-Celtischem Sprachschatz’ (1-3, Leipzig 1896-1910)
beruht, an den inzwischen erreichten Entwicklungsstand der Keltologie und der
Indogermanistik heranzuführen und sie somit aus ihrem Schattendasein herauszuführen. Als besonders erfreulich sei dabei hervorgehoben, dass Uhlich nicht nur bei
den etymologischen Deutungen, sondern auch hinsichtlich der Interpretation ogaminschriftlicher Belege stets bemüht ist, Aktualität zu wahren, indem er sich im
letzteren Falle nicht einfach auf die in R.A.S. Macalisters ‘Corpus Inscriptionum
Insularum Celticarum’ (Dublin 1945-49) vorgelegten Lesungen verlässt; so wird
zum Beispiel s.v.
Amol(n)gaid die von D. McManus
2 verfochtene Lesung
AMMLLO[ ]ṬT gegenüber Macalisters AMMLLOŊITT vorgezogen, die der
Rezensent aufgrund einer am 3.4.1996 durchgeführten Autopsie weitgehend bestätigen kann (AMML(L)[OG ]T)
3.
Es bleibt jedoch festzuhalten, daß J. Uhlichs Dissertation weder das in den
Ogaminschriften enthaltene einschlägige Namenmaterial noch etwa dasjenige der
handschriftlichen Überlieferung vollständig erfasst. Im Index sind eben nur solche
Lemmata angeführt, die innerhalb des Hauptteils behandelt worden sind, und auch
diese sind nicht vollständig aufgelistet; darüber hinaus würde man sich Informationen über das Fortleben der altirischen Namen im späteren Irischen wünschen, worüber man im vorliegenden Buch nichts erfährt. Ein den reichhaltigen irischen
Namenschatz abdeckendes Onomastikon bleibt somit nach wie vor ein Desiderat;
man kann nur hoffen, dass der Autor die Verpflichtung, die er mit der Ankündigung
einer erweiterten Fassung eingegangen ist, baldmöglichst einlösen wird.
Frankfurt am MainJost Gippert